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GastronomieKüchenteams im Kreis kochen hunderte Mahlzeiten für Bedürftige

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Das Team des Troisdorfer Restaurants „Elements auf Taste“ verteilt täglich rund 250 Mahlzeiten an Bedürftige.

Das Team des Troisdorfer Restaurants „Elements auf Taste“ verteilt täglich rund 250 Mahlzeiten an Bedürftige.

Troisdorf/Lohmar – Die Terrasse bleibt leer, obwohl die Sonne so schön scheint. Das Troisdorfer Restaurant „Elements of Taste“ hat auf Weisung der Behörden geschlossen, wie alle anderen auch. In der Küche des Restaurants gegenüber dem Rathaus herrscht dennoch Tag für Tag reger Betrieb. „Wir kochen jeden Tag etwa 250 Essen“, berichtet Restaurantleiter Daniel Braumüller, „für alle, die es brauchen können“. Diese Portionen werden hier und in der Windecker Burg Dattenfeld kostenlos ausgegeben.

Eigentümer Axel Schönfelder gab mit der Aktion selbst die Antwort auf die Frage, was er und sein Team machen sollten, die sich nach der vorläufigen Schließung des Steakhauses stellte. Die sieben Mitarbeiter in der Küche bereiten nun unter anderem für die Kunden der Tafel Essen zu, die derzeit ebenfalls geschlossen ist, und für ältere Menschen aus der Nachbarschaft, die sich nicht in den Supermarkt trauen. „Es sind aber auch Kinder dabei“, berichtet Braumüller.

Warteschlange vor dem Lokal

Auf eine ganz ähnliche Idee kam auch Gastronom Ralf Günther, der die Wahlscheider Traditionsgaststätte „Aueler Hof“ betreibt. Sein Team hat seit Beginn der Corona-Krise schon rund 3300 Essen ausgegeben gegen Spende. Vor dem Lokal bilden sich in der Mittagszeit inzwischen lange Schlangen. Waren es anfangs 200, sind es nun 300, täglich von 12 bis 13.30 Uhr. Jeder Wartende hat einen Behälter mitgebracht, Roswitha Zimmermann sogar zwei. Sie holt für sich und ihren 76-jährigen Mann Herbert Schaschlik und wirft einen Schein ins Sparschwein auf dem rechten Tisch.

„Diesen Einsatz muss man belohnen“, sagt die Seniorin und blinzelt in die Sonne, während Christin Riese die Schüssel annimmt, füllen lässt und auf dem linken Tisch abstellt. „Wir waren sonst oft hier zu Gast und vermissen Günni.“ So nennen alle im Dorf den Küchenchef.

„Wer mehr gibt, gleicht die Mini-Spenden aus“, sagt Jessica Becker, die mit ihrem dreijährigen Sohn gekommen ist. Für die Angestellte im Jobcenter, die derzeit zu Hause bleiben muss, ist der Mittagsausflug eine schöne Abwechslung.

Suppe frei Haus

Mit einem Zuschuss in Höhe von 800 Euro unterstützt die Bürgerstiftung Niederkassel die Initiative #EsIstNochSuppeDa. Diese versorgt seit einigen Tagen ältere und bedürftige Niederkasseler, die wegen der Corona-Pandemie das Haus nicht verlassen dürfen, mit Gemüsesuppe. Diakon Norbert Klein vom Pfarrverband Niederkassel-Nord hatte die Aktion ins Leben gerufen, weil die Niederkasseler Tafel „Tischlein deck dich“ bis auf weiteres ihren Betrieb einstellen musste. Freiwillige Helfer schneiden montags bis freitags im Matthäushaus Gemüse und kochen daraus eine Suppe unter der Anleitung von Sascha Erdbories, Koch im Bornheimer Pin-up Bowling-Center. Diese wird vakuumverpackt und ist dadurch bis zu drei Wochen haltbar. Helfer verteilen die Portionen im Stadtgebiet. Niederkasseler, die mit Suppe versorgt werden möchten, können sich unter 02208/500 09 54 im Pastoralbüro Nord melden. (pf) www.wir-fuer-niederkassel.de

Bedürftigen helfen „Günni und Friends“, wie sich das Team nennt, aus der Klemme, denn sie erbitten lediglich einen Euro pro warmer Mahlzeit. Das sind pro Tag etwa 50 Menschen, meist Tafelkunden, aber auch Pflegebedürftige, wie die 92-Jährige, für die Daniela Haas heute Bohnensuppe holt. Haas kochte vor der Krise selbst für die Kunden eines Pflegedienstes, „doch zur Zeit wollen viele Angehörige das nicht“, aus Angst vor dem Virus, berichtet die 46-Jährige. Bei Schließung der Traditionsgaststätte waren so viele Lebensmittel vorrätig, dass die Betreiberfamilie die Aktion startete. Inzwischen könne sich die Aktion durch Lebensmittelspenden des örtlichen Groß- und Einzelhandels und vieler Landwirte und durch Geldspenden von Firmen und Privatleuten tragen, sagt Ralf Günther.

Aueler Hof organisiert sich im Netwerk „Lohmar hilft“

Der Aueler Hof ist nun auch mit dem Netzwerk „Lohmar hilft“ verknüpft. Den Kontakt zur rührigen Initiatorin Manu Gardeweg hatte ihre grüne Parteikollegin, die Ratsfrau Claudia Wieja, hergestellt. Die kommt aus Wahlscheid und ist Stammgast bei „Günni“.

So kann allen geholfen werden: den Älteren und Vorerkrankten, die möglichst zu Hause bleiben sollen und von Helfern versorgt werden; den Nutzern der geschlossenen Tafeln, die auf preiswerte Lebensmittel angewiesen sind, und allen anderen, denen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt.

„Ich muss raus, und meine Jule muss auch raus“, sagt Doris Wehrheit, die zu Fuß eine halbe Stunde bis zum Aueler Hof braucht mit ihrer 15 Jahre alten Hündin und mit Rollator. Die 80-Jährige hat sich extra schick gemacht. Die Krise nimmt sie recht gelassen hin: „Ich habe schon so viel erlebt.“

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Seit Mitte der Woche kann man im „Elements of Taste“ nun auch Gerichte von der Speisekarte ordern und gegen normale Bezahlung abholen. Zur kostenlosen Verteilung bereitet das Küchenteam täglich zwei verschiedene Gerichte zu: Eintöpfe aus Gemüse oder mit Fleisch, auch Geschnetzeltes mit Huhn oder Wurstgulasch. Auch diese Initiative kann auf Lebensmittel- und Geldspenden zählen. „Ein Drittel der Leute gibt uns Geld für das Essen“, berichtet Koch Braumüller. „Mal ist es ein Euro, mal sind es drei.“ Vor allem die älteren Leute aus der Nachbarschaft ließen auch mal mehr da. Mit Nudeln und Reis beteiligt sich die Tafel an der Aktion.

Auch Jürgen Rosbach bekommt immer wieder Geldspenden. Nachdem er seinen Friseursalon an der Kölner Straße vorerst schließen musste, meldete er sich zum ehrenamtlichen Einsatz bei Axel Schönfelder. Er fährt nun das Essen aus zu den Menschen, die es nicht selbst holen können. „Herzlich und dankbar“ seien die Reaktionen, die er erlebt. „Die eine oder andere Spende liegt vor der Tür, manchmal auch Süßigkeiten als Nervennahrung“, erzählt der Helfer.

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