Der sterbende SehnsuchtsortWie schlecht es um Wälder in Hennef steht

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In einem Projekt mit Schulkindern hat Friedhelm Hürten den sogenannten Klimasteinzeitwald angelegt.

In einem Projekt mit Schulkindern hat Friedhelm Hürten den sogenannten Klimasteinzeitwald angelegt.

Hennef – Friedhelm Hürten empfindet es nicht brüskierend, wenn er als Waldmensch bezeichnet wird. „Ich war als Kind ständig im Wald und bin es heute noch immer“, sagt der 70-Jährige, der beim Umweltamt Hennef arbeitet, als Baumkontrolleur unterwegs ist, am großen Biotop-Vernetzungskonzept mitwirkte und „viele Tausend Bäume gepflanzt“ hat.

Am Sonntag führte der Wermelskirchener eine 20-köpfige Gruppe auf einem Stück des Bergischen Weges durch den Wald zwischen Uckerath und Süchterscheid. Eingeladen hatte der Neunkirchen-Seelscheider Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen zum Spaziergang „Wald in Not“.

Waldsterben und Borkenkäfer

Wer auf eine zügige Wanderung gesetzt hatte, war fehl am Platz. Der Gruppe gehörten ausschließlich Natur- und besonders Waldverbundene an, die am Austausch mit dem ambitionierten Experten Hürten interessiert waren. So gab es in kurzen Abständen Stopps mit regen Gesprächen über Waldsterben, Borkenkäfer, Erosion und Klimawandel.

Wie schlecht es um unser liebstes Naturrefugium steht, das als „Deutscher Wald“ zur gängigen Metapher für ein Sehnsuchtsidyll wurde, stellte Hürten an vielen Beispielen heraus, plakatierte Ursachen und Wirkungen. Dabei gehe es ihm nicht „ums Runterputzen“ etwaiger Schuldiger, sagte er, sondern darum, „Dinge mit Achtung und Respekt beim Namen nennen“. Was nach Meinung des gelernten Schriftsetzers seine Grenzen hat: „Wo schöngeredet und gelogen wird, muss man dagegenhalten.“

Dauerwald ist die Lösung

Ein Problem sah er im massenhaften Verkauf der wegen Schädlingsbefall abgeholzten Bäume nach Fernost. „Sie werden in Container verladen und nach China verschifft, das ist für mich eine ökonomische Katastrophe.“ Seine Frage, wie man aus dem Dilemma herauskommt, beantwortet er selbst: „Wir müssen zu einem Dauerwald kommen.“

Hierfür sei abgestimmtes Vorgehen von Politik, Forst, Wissenschaft und Bürgern sowie der Natur als Hauptakteur notwendig. „Eichen werden auch vom Eichelhäher gepflanzt oder wachsen aus Früchten, die zu Boden fallen.“ Das verdeutlichte er der Gruppe unterhalb eines „ideal gewachsenen“ Eichen-Buchen-Mischwaldes, wo Hunderte von Eichentrieben dicht an dicht einen Teppich bilden.

„Klimasteinzeitwald“ mit Schülern gepflanzt

Ein Stück weiter hat der Waldliebhaber auf einer abgeholzten Fläche in einer Nachhaltigkeitswoche mit Hilfe von Schulkindern einen „Klimasteinzeitwald“ angepflanzt.

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Dabei orientierte er sich an Pflanzen, von denen Forscher herausgefunden haben, dass diese in der Steinzeit zu einem von Eiche und Hasel dominierten Waldtyp geführt haben, der auch mit dem heutigen Klimawandel zurechtkommen könnte. Auf dem eingezäunten Stück gedeihen neben jungen Eichen und Haselnussbäumen mehrere Formen wilder und gezüchteter Esskastanien.

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