Geschichte von HennefAls Blankenbergs Ortsvorsteher als „Nazifresser“ bekannt war

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In den 50er Jahren entstand diese Aufnahme der Park-Lichtspiele in der Warth. 1984 wurde dort der letzte Film vorgeführt.

Hennef – „Garantiert flimmerfrei“, verhieß die Annonce in der Volks-Zeitung, kämen „wissenschaftliche, belehrende und erheiternde Scenen in höchster Vollendung“ zur Vorführung. Mindestens 30 Pfennig – für einen der schlechteren Plätze – musste man hinlegen, um am 26. Juli 1908 in der Gastwirtschaft Dresen, dem späteren Sieg-Rheinischen Hof, oder am nächsten Tag im Saal Laa, dem späteren Kaiserhof, dabei zu sein. Es war der Beginn des Kinozeitalters in Hennef.

Ralph Dietl-Hühnermann hat 110 Jahre Filmgeschichte in Hennef ausführlich aufgerollt. Angefangen bei Schaustellern, die in Gaststätten, Zelten und Schaubuden Kinematografen aufstellten, über die Entstehung und den Niedergang mehrerer Lichtspielhäuser bis hin zur Rettung des letzten Kinos durch einen Förderverein. Das Ergebnis füllt nebst vieler Abbildungen das erste Drittel des neuesten Bands der „Beiträge zu Geschichte der Stadt Hennef“.

In der Regel werde heute das Kur-Theater (Königstraße) als einzig erhaltenes von ehemals drei Kinos – neben Park-Lichtspielen (Warth) und Central-Lichtspielen (Frankfurter Straße 75) – genannt, schreibt der Autor. „Dabei bleiben nicht nur die Kammer-Lichtspiele in Uckerath, sondern auch die beiden Saalkinos Deutsches Lichtspielhaus im Festsaal der Gaststätte Bellinghausen, vormals Schmitz, und die noch älteren Kaiserhof-Lichtspiele unberücksichtigt.“

Ein verhängnisvolles Gespräch

Zwei Männern, denen die Nationalsozialisten zusetzten, hat Professor Helmut Fischer jeweils ein Kapitel gewidmet. Heinrich Peters, der von 1926 bis 1934 Gemeindevorsteher in Blankenberg war, habe Standfestigkeit und Mut bewiesen. Unter anderem wurde er im „Westdeutschen Beobachter“, der nationalsozialistischen Parteizeitung, verunglimpft, in der Propaganda als „Nazifeind“ und „Nazifresser“ bezeichnet.

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Als „Nazifresser“ wurde der Blankenberger Ortsvorsteher Heinrich Peters angeprangert.

Während Peters 1934 im Alter von 66 Jahren starb, überlebte der Blankenberger Pfarrer und Dechant Heinrich Falkenstein die Zeit des Nationalsozialismus, was fast wie ein Wunder anmutet.

Fischer rekonstruiert ein Gespräch, in dem auch ein Tünnes-und-Schäl-Witz eine Rolle spielt und das dazu führte, dass der Geistliche denunziert wurde. Wegen angeblich zersetzender Äußerungen wurde Falkenstein im Oktober 1943 zum ersten Mal verhaftet.

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Als „Nazifresser“ wurde der Blankenberger Ortsvorsteher Heinrich Peters angeprangert.

Es folgten Angst und Schrecken in sieben Gefängnissen und nach dem Freispruch im Dezember 1944 die Verbannung aus seiner Gemeinde, in die er erst im Frühjahr 1945 zurückkehrte. „Der Dechant war ein Original“, schreibt Fischer und gibt ein paar Anekdoten wieder, wie etwa die Eigenheit Falkensteins, erst in letzter Minute auf dem Bahnsteig zu erscheinen, wenn er den Zug nach Köln nahm. Erst, nachdem er dem Zugführer, dem Lokführer und dem Aufsichtsbeamten eine Zigarre überreicht hatte, wurde die Kelle zur Abfahrt gehoben.

Herchenbach beleuchtet Zwangsarbeit in Hennef

„Ein Unrecht, das lange Zeit verschwiegen wurde“, hat Jochen Herchenbach aufgearbeitet. Er beleuchtet die Zwangsarbeit in Hennef in den Jahren 1939 bis 1945. Nach seinen Recherchen gab es mehr als 1000 Menschen, die als Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Unfreiheit gehalten wurden. Herchenbach listet 19 Lager auf, darunter Gutshöfe, Fabrikgebäude, eine Gaststätte und ein Tanzsaal. Zur Arbeitszeit heißt es meistens: „Wecken um 6 Uhr, täglich zwölf Stunden außer sonntags.“ Das Tagesentgelt in Form von Einkaufsgutscheinen über 0,20 Reichsmark hatte keinen Wert, „da in den Lagern nichts angeboten wurde“.

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Ein weiterer Beitrag von Helmut Fischer hat den Katholischen Gesellenverein Hennef in den 1930er Jahren zum Thema. Und auch Ralph Dietl-Hühnermann ist noch einmal im Buch vertreten: mit der Geschichte der Familie Stein und des Steinschen Guts in Geistingen, dessen Haus als Beamtensitz diente, ehe es zur Gastwirtschaft mit Hotel und Museum und 1889 für fast 90 Jahre zum St.-Josef-Krankenhaus wurde. Heute befindet sich dort das Altenzentrum Helenenstift.

Band 14 der Schriftenreihe „Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef“, 297 Seiten, herausgegeben im Auftrag des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Hennef, kostet 16 Euro und ist in der Hennefer Buchhandlung am Markt, in der Buchhandlung Crombach in Uckerath und bei der Tourist-Info im Rathaus erhältlich.

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