LandwirtschaftKampagne der Regionalwert AG soll Biohöfe in Rhein-Sieg retten

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Präsentierten den Regionalwert für die Landwirtschaft (v.l.): Bernd Schmitz, Dorle Gothe, Peter Schmidt und Stefan Gothe. 

Hennef – Die Krisen machen auch den Bio-Bauern zu schaffen. Sie spüren die Kaufzurückhaltung in Bio-Geschäften, Reformhäusern und Unverpackt-Läden, wo sich die Kundschaft rar macht. Bernd Schmitz, der den Hanfer Hof bewirtschaftet, spricht von drastischen Umsatzeinbußen etwa bei der Biomilch. „Dabei sind Bioprodukte preisstabiler, wir sind nicht mehr viel teurer als die Normalen“, sagt Peter Schmidt, der in Gummersbach ökologischen Landbau betreibt.

Die Höfe von Schmitz und Schmidt zählen zu den 45 Partnerbetrieben der 2016 gegründeten Regionalwert Aktiengesellschaft Rheinland. Die hat jetzt die Kampagne „Was ist es dir wert?“ gestartet, um die Existenzgrundlage jener Bauernhöfe zu sichern, die für eine nachhaltige Land- und Ernährungswirtschaft ackern.

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Bei extensiver Haltung auf der Weide sind Kühe keine Klimakiller.

Auf dem Hanfer Hof erläuterten Dorle Gothe aus dem AG-Vorstand und Stefan Gothe, Geschäftsführer der Regionalwert Impuls GmbH, die akuten Probleme und mögliche Lösungen. „Dein Einkauf hat mehr Einfluss als du denkst“ – das den Menschen zu vermitteln, sei die Mission, sagte Dorle Gothe. „Bestehende Strukturen der regionalen Erzeugung und Vermarktung von Lebensmitteln, die wegen der Krisen jetzt stürben, ließe sich später nicht einfach wieder aufbauen. Das liege auch an unfairen Preisen und einer Politik, die Subventionen nur an Großunternehmen lenke.

Bürgeraktiengesellschaft

18 Millionen Euro Grundkapital

Regionalwert Aktiengesellschaften, die nicht börsennotiert sind,  existieren in fast allen Bundesländern  sowie in Luxemburg und Österreich oder sind  dort am Start. Regelmäßig geben sie neue Bürgeraktien aus. Auf diese Weise haben rund 5000 Aktionäre bereits ein Grundkapital von mehr als 18 Millionen Euro zusammengetragen. Die Regionalwert AG Rheinland hat  knapp 1000 Aktionäre, die 3,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben.

Ökologische Rendite

Das Geld wird als Eigenkapital in Bauernhöfe, Lebensmittelmanufakturen, Handels- und Gastronomiebetriebe investiert, die sich auf soziale und ökologische Standards verpflichten. Die Aktionäre sorgen laut AG-Flyer für „eine enkeltaugliche Landwirtschaft“ und erzielen „eine gesellschaftliche Rendite: ökologisch, sozial und regional“.  Langfristig strebe man auch finanzielle Überschüsse an.

www.regionalwert-rheinland.de

www.wasistesdirwert.bio

„Die kleinen, nachhaltig wirtschaftenden Höfe brauchen Kundinnen und Kunden“, wirbt Gothe um Unterstützung für die Partnerhöfe der Regionalwert AG, die in ihrem Netzwerk Kooperationen einspinnt, wie zum Beispiel mit dem Online-Bioladen „Himmel un Ääd“, der in Bonn und Köln Lebensmittel mit dem Lastenfahrrad ausliefert.

Minusgeschäft ist nicht lange zu überbrücken

„Allein die hohen Energiepreise führen zu doppelten Problemen, sagt Stefan Gothe: „Einerseits steigen die Produktionskosten, andererseits greifen Verbraucherinnen und Verbraucher vermehrt zu billigeren Bio-Produkten, beispielsweise aus dem Discounter. Dadurch kommt bei den Erzeugern häufig nicht einmal das an, was sie zur Kostendeckung brauchen – von Investitionen ganz zu schweigen.“ Dieses Minusgeschäft sei nicht mehr lange zu überbrücken und werde Betriebe zwingen aufzugeben.

Zur Kampagne gehören Plakate, kurze Videobotschaften und eine Aufgabe, die Passantinnen und Passanten auf Plätzen und Märkten gestellt wird: Sie sollen Kugeln, die für die 125 Euro Agrarsubventionen stehen, die pro Kopf in EU-Staaten vergeben werden, in Milchflaschen werfen, die mit den Zielen eines nachhaltigen Landbaus gekennzeichnet sind. Das Problem: Man hat nur fünf Kugeln à 25 Euro zur Verfügung, aber es gibt zehn Zielkategorien, darunter Artenvielfalt, Bodenfruchtbarkeit, Arbeitsplätze, Ernährungssouveränität, regionale Wirtschaftskreisläufe, gesundes Klima/Wasser und das Tierwohl.

Kuh auf der Weide ist kein Klimakiller

Um diese Nachhaltigkeitsleistungen der Bio-Bauern einmal zu beziffern, hat die Regionalwert AG die Regionalwert-Leistungsrechnung entwickelt. Beim Hanfer Hof ergaben sich für ein Jahr 81.413 Euro. Schmitz’ Kühe, die dank extensiver Haltung auf der Weide keine Klimakiller seien, wie Dorle Gothe betonte, tragen zum Beispiel durch ihre Fladen auf der Wiese zur Insekten- und Vogelvielfalt bei. Dass die Kälber bei ihren Müttern aufwachsen, füllt die Tierwohl -Waagschale.

Bernd Schmitz denkt trotz aller Probleme und Krisen nicht ans Aufgeben. Im Gegenteil: „Für uns ist die Zukunft regional, wir wollen noch mehr Bio machen“, sagt der Landwirt, der den Hanfer Hof mit 120 Hektar Flächen, davon 75 Prozent Grünland, in fünfter Generation führt. „Die sechste Generation ist in der Ausbildung, zwei Töchter wollen hier weitermachen.“

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