Hundertausende Euro vorgestrecktTestanbieter in Rhein-Sieg warten vergeblich auf Geld

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Allein in Siegburg gibt es mehrere Schnelltestzentren, eine Karte weist die Standorte aus. 

Rhein-Sieg-Kreis – Wie Pilze sind sie nach und nach aus dem Boden geschossen, die Corona-Testzentren. Ende März gab es in den Kommunen im Kreis lediglich eine Handvoll, vergangene Woche wurden in nunmehr 282 Einrichtungen mehr als 106.000 Schnelltests durchgeführt. Indes: Kein Betreiber hat bislang einen Cent für seine Arbeit erhalten. Droht eine Pleitewelle?

„Wir haben rund 500.000 Euro vorgestreckt für Anlagen und Materialeinkauf“, sagt der Niederkasseler Hardy Kreutz, der sieben Testzentren betreibt. „Und wir müssen, weil das Geld von der KV Nordrhein immer noch nicht kommt, in die Zwischenfinanzierung gehen.“

Noch keine Kontrollen

Nicht jeder darf in einem Corona-Testzentrum Abstriche vornehmen: Alle Mitarbeiter müssen von Ärzten geschult sein. Ein Hygienekonzept beinhaltet unter anderem Schutzausrüstung, regelmäßige gründliche Desinfektion und die Lagerung von Testkits bei Zimmertemperatur. Es muss Pausenräume geben und die Möglichkeit zu essen und zu trinken, streng getrennt von Abstrich und Auswertung.

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Hygiene-Kontrollen habe es bislang noch nicht gegeben, räumte die Kreis-Pressestelle ein. In Kürze würden stichprobenartig Begehungen erfolgen. „Sofern Bürger Eingaben hierzu an das Gesundheitsamt herantragen, wird der Betreiber auf Einhaltung hingewiesen.“ (coh) 

78 Beschäftigte stehen auf der Lohnliste von Kreutz’ Firma Medprodukt, Minijobber, Teilzeit- und Vollzeitkräfte. Schnell seien etliche Unternehmer wie er in die Bresche gesprungen, um mitzuhelfen, die Pandemie in den Griff zu bekommen, schildert der 40-Jährige, der sich ehrenamtlich im Deutschen Roten Kreuz engagiert. Medprodukt arbeitet mit örtlichen Firmen wie Jolarent (Lohmar) zusammen und mit gemeinnützigen Institutionen wie Lohmar hilft und dem DRK, die das Projekt mit Ehrenamtlern stützen.

Schnelltestzentren: Eine goldene Nase verdiene sich niemand

Eine goldene Nase verdiene sich niemand, sagt Kreutz. Zwölf Euro pro Abstrich sollen die Zentren bekommen, dazu den Einkaufspreis der Schnelltest-Kits, etwa 3,60 bis maximal sechs Euro. Arztpraxen erhielten mehr.

Nicht nur die fehlenden Zahlungen bedrücken die Tester der ersten Stunde, die die Öffnung des Einzelhandels ja erst ermöglichten und den Besuch beim Friseur. Auch die wachsende Konkurrenz bereitet Hardy Kreutz Sorgen: Der Rhein-Sieg-Kreis habe offenbar über den Bedarf hinaus Genehmigungen erteilt, es bestehe die Gefahr, dass Mitarbeiter entlassen werden müssten, kritisiert er. Das sieht die Kreis-Pressestelle anders. Mehr als die derzeit 282 Schnelltestzentren sollen es indes nicht werden, „der Bedarf ist gesättigt“. Dass auch Abstrich-Anlaufstellen fernab von Wohngebieten entstanden, sei gewollt: An der Burg Sülz zum Beispiel zwischen Lohmar und Rösrath kämen viele Pendler vorbei.

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Der Rhein-Sieg-Kreis könne die Betreiber, die auf ihr Geld von der Kassenärztlichen Vereinigung warteten, nicht unterstützen, heißt es bedauernd. Die versprochene Finanzspritze vom Kreis werde aber in diesen Tagen ausgezahlt: Je nach Öffnungszeiten sind es 1000 Euro Startguthaben und 1000 Euro Materialzuschuss. In den kommenden Monaten werde der Bedarf an Schnelltests stark zurückgehen mit der steigenden Zahl der Impfungen, das sieht Hardy Kreutz realistisch. Er hofft dass sein Betrieb diese Phase übersteht.

Ende Mai, so hat die KV Nordrhein ihm mitgeteilt, sollen seine Abrechnungen von März und April beglichen werden.

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