Kinderklinik-Aus„Standort für Kinderherzmedizin wird gezielt kaputt gemacht“

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Die Existenz des Deutschen Kinderherzzentrums ist akut gefährdet.

Die Existenz des Deutschen Kinderherzzentrums ist akut gefährdet.

  • Die Wellen schlagen hoch nach der Ankündigung von Asklepios, Staatshilfe für die Schließung der gesamten Klinik oder zumindest des Kinderherzzentrums zu fordern.
  • Nun reagiert die Politik. Wie geht es weiter?

Rhein-Sieg-Kreis – „70 Prozent der Chef- und Oberärzte sowie 40 Prozent des Intensivpflegepersonals haben bei uns gekündigt und sind mehrheitlich auf dem Weg zur Uni Bonn“, teilt Asklepios-Pressesprecher Rune Hoffmann mit.

Die Bonner hätten sogar „extra eine neue Professur für unseren ärztlichen Direktor geschaffen, um ihm den Übergang schmackhaft zu machen“. Das habe nichts mehr mit Chancengleichheit zwischen zwei Arbeitgebern zu tun.

„Standort wird gezielt kaputt gemacht“

„Die Uniklinik Bonn finanziert sich aus Steuermitteln. Diese werden jetzt dazu verwendet, um attraktive Stellen für unsere Spitzenkräfte zu schaffen“, betont Hoffmann. „Wenn eigens Professuren geschaffen werden, die es bislang in ganz Deutschland nicht gegeben hat, dann darf man das schon als Anreizmodell verstehen.“

Völlig unverständlich sei zudem, dass in Bonn überhaupt ein neuer Standort für die Kinderherzchirurgie aufgebaut wird. „Unsere Patienten sind mit unser Versorgung vollauf zufrieden, und auch unsere Mitarbeiter hängen an dem Haus“, so Hoffmann.

„Aber nun wird ein weltweit anerkannter Standort für Kinderherzmedizin gezielt kaputt gemacht.“ Dass in Sankt Augustin gute Arbeit geleistet werde, sei allein schon dadurch bewiesen, „dass die Uniklinik jeden unserer Mitarbeiter mit offenen Armen empfängt“.

Kündigungen schon verschickt

Die Kündigungen der Mitarbeiter an Asklepios seien schon verschickt, der größte Teil der Ärzte arbeitet zurzeit noch in Sankt Augustin. Deswegen sei dort nichts im Alltagsgeschäft zu merken. „Ab Oktober geht es mit den Wechseln nach Bonn los“, berichtet Hoffmann. „Das Land muss sich jetzt mal entscheiden, ob es die Klinik überhaupt noch will, nachdem es mit Wucht die wichtigsten medizinischen Strukturen des Haus zerlegt hat.“

Denn das Kinderherzzentrum „kann sich so aus eigener Kraft nicht mehr halten“. Deshalb sei der Antrag auf Unterstützung gestellt worden. Landrat Sebastian Schusterist ist über diese Entwicklung ebenfalls nicht erfreut. „Die Förderung eines anderen Standortes empfinde ich als äußerst unglücklich, da dadurch ein über die Grenzen der Region – man kann fast sagen weltweit – bekanntes und anerkanntes Kinderherzzentrum zerschlagen wird. Das ist nur schwer nachvollziehbar“, sagte Schuster.

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Er habe sowohl mit dem Gesundheitsminister als auch mit Vertretern der Asklepios-Klinik in Hamburg ausführliche Gespräche geführt, derzeit suche man auf allen Ebenen intensiv nach einer Lösung. Schuster: „Mein vorrangiges Ziel ist es natürlich, die ärztliche Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen sicherzustellen.“

„Schlimmste Befürchtungen“ bestätigt

SPD-Landratskandidat Denis Waldästl sieht „seine schlimmsten Befürchtungen der vergangenen Wochen“ zur Realität geworden. Asklepios mache deutlich, dass es allein um wirtschaftliche Interessen und nicht um die der Patienten und Beschäftigten gehe. Wie ihm mehrere Beschäftigte gesagt hätten, sei nicht nur die Bezahlung ein Grund für den Wechsel, sondern auch der fehlende Wille von Konzern- und Klinikleitung, Ideen der Mitarbeiter für eine Weiterentwicklung einzelner Klinikabteilungen umzusetzen.

Die Grünen im Kreis fordern das Land auf, „alles zu tun, damit die Kinderklinik erhalten werden kann“. Es müssten alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, wie zum Beispiel eine Neuausrichtung der Klinik oder eine andere Trägerschaft.

Der Sankt Augustiner Bürgermeister Klaus Schumacher zeigt sich enttäuscht: „Die Kinderklinik und das Kinderherzzentrum haben einen sehr guten Ruf. Bereits mit der für mich sehr überraschenden Schließung der Geburtenstation wurde jedoch, für mich völlig unverständlich, ein wichtiger Aspekt der Versorgung von Neugeborenen aufgegeben. Ich hoffe, dass zumindest die Kinderklinik am Standort erhalten werden kann.“

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