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Krise im Rhein-Sieg-KreisTaxis warten stundenlang auf Gäste wegen Corona

Lesezeit 4 Minuten
Schon seit drei Stunden steht Taxifahrer Atamer Sahin am Siegburger Bahnhof an der ersten Stelle der Reihe und wartet auf Kundschaft.

Schon seit drei Stunden steht Taxifahrer Atamer Sahin am Siegburger Bahnhof an der ersten Stelle der Reihe und wartet auf Kundschaft.

Rhein-Sieg-Kreis – Markantes Beige, oft mit Werbung an den Fahrertüren beklebt, und vier große Buchstaben auf einem markanten Schild auf dem Dach – Taxis sind ein gewohnter Anblick auf den Straßen. Doch die Branche ist von den Folgen der Corona-Pandemie besonders betroffen. Zahlreiche der 115 im gesamten Rhein-Sieg-Kreis registrierten Taxi-Firmen kämpfen um das nackte Überleben. Einige haben bereits aufgegeben. Viele haben ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit, und nicht selten sitzen die Besitzer selbst hinter dem Steuer.

Atamer Sahin steht in Siegburg am Taxistand am Europaplatz an erster Stelle und wartet seit gut drei Stunden auf eine Fahrt. Hinter ihm reihen sich in einer beigefarbenen Metallschlange weitere sieben Fahrzeugen aneinander. „Wir sind so gut wie pleite; zweimal haben wir bereits Corona-Hilfe bekommen und ich schaffe das nur dank der Arge-Unterstützung“, beklagt der Selbstständige. Schon seit 15 Jahren fährt er Taxi. 2014 hat sich Sahin mit drei Kollegen selbstständig gemacht und das Taxi-Unternehmen Galaxy gegründet.

„Von 30 Euro kannst du nicht überleben“

Alle paar Stunden gebe es mal eine kurze Fahrt, mit der man vielleicht nur zehn Euro verdiene, und das seien dann zweimal am Tag manchmal die einzigen Fahrten. „Von 30 Euro kannst du nicht überleben.“ Im Sommer sei das Geschäft etwas besser gelaufen, doch der zweite Lockdown habe die Branche knallhart getroffen, sagt Sahin.

Am Taxistand hinter dem Siegburger Bahnhof an der Konrad-Adenauer-Allee fällt schon seit Wochen auf, dass dort gerade zu Stoßzeiten nicht mehr so viele Taxis stehen. Wenn früher ein ICE einfuhr, stand da auch schon mal ein Dutzend Wagen. Heutzutage sind es vielleicht drei. „Es gibt auch durch Homeoffice nicht mehr so viele Geschäftsleute in den Zügen. Außerdem lassen sich viele frühere Kunden lieber von einem Bekannten abholen“, berichtet Umadevi Daniel, die am Taxistand Europaplatz an achter und letzter Stelle in der Reihe der Kollegen steht.

Der Taxi-Verband

In der Genossenschaft Taxi-Ruf Rhein-Sieg-Agger sind meist kleine Unternehmen aus Siegburg, Sankt Augustin und Troisdorf organisiert. Von 40 Unternehmen haben zwölf zum Jahresende ihre Mitgliedschaft gekündigt. Nach Angaben der Vorsitzenden Makbule Turhan sind die Aufträge drastisch eingebrochen von früher 400 bis 500 auf heute gerade 100 Fahrten am Tag. Sie habe einen Fahrer entlassen müssen. (que)

Mit ihrem Mann Selvanayagam Daniel Manoharan leitet sie das kleine Taxiunternehmen Daniel mit zwei Fahrzeugen. Die beiden sitzen seit Corona selbst in den Autos, die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit geschickt worden. Die aus Sri Lanka stammende Taxifahrerin, die seit 20 Jahren in der Branche tätig und seit 14 Jahren selbstständig ist, sagt, sie habe in all den Jahren so eine Krise noch nicht erlebt. „In den Städten ist ja auch kein Mensch unterwegs. Zwischen 16 und 17 Uhr fahren wir meist schon nach Hause. Dann lohnt es sich gar nicht mehr“, fügt sie an. In einem Taxi der Troisdorfer Firma Muno sitzt Angie Jäger und spielt mit ihrem Smartphone. „Ich habe gehört, dass schon zwei Taxi-Unternehmen in Troisdorf pleite gemacht haben“, sagt die Angestellte, die seit vier Jahren Taxi fährt, weil es ihr Spaß macht. Doch auch sie berichtet von ungewöhnlichen Zeiten.

Karnevalsabsage führt zu großen Umsatzeinbußen

„Die Stimmung ist im Keller. Alle Gespräche mit den Kunden drehen sich nur noch um Corona“, sagt sie. Die Taxi-Unternehmen erführen normalerweise ja viel aus dem Leben der Kunden. Jetzt nicht mehr. „Es gibt keine Nachtschichten, weil alle Kneipen zu sind. Es geht keiner mehr shoppen und benötigt danach ein Taxi. Die Innenstädte sind leer.“ Und auch der Karneval, der viel Umsatz bringe, falle dieses Jahr ins Wasser.

Immerhin mache die Tatsache, dass alle Kunden hinten einsteigen müssten und hinter einer Plexiglasscheibe sitzen, kaum Probleme. „Wir lüften viel und besonders nach jeder Fahrt“, betont sie.

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Bei Krankenfahrten wie bei einem Dialysepatienten trage sie selbst auch eine Maske. Aber das funktioniere nur für eine begrenzte Zeit: „Nach 20 Minuten kann ich nicht mehr, weil ich durch meinen eigenen Atem müde werde.“

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