Lebensraum für seltene ArtenNaturschutzgebiet „Arche Lütz“ vor 30 Jahren gegründet

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Evelyn Steppacher und Til Macke am Ufer des zwei Hektar großen Sees.

Evelyn Steppacher und Til Macke am Ufer des zwei Hektar großen Sees.

Rhein-Sieg-Kreis – Gluck-Gluck-Gluck.“ Wie ein keckes Lachen klingt es aus dem Grün der Uferböschung. „Hören Sie?“ Dr. Til Macke deutet in die Richtung des Vogelrufs. „Das ist ein Grünspecht. Und da! Das war der Eisvogel!“ Dann klatscht er in die Hände, und ein vielstimmiges Quaken ertönt über dem See.

Zwischen der Hauptverkehrsstraße und einem kleinem Bach, hinter dem dicht an dicht stehende Wohnhäuser an schnurgeraden Obstanbau stoßen, liegt das private Naturschutzgebiet „Arche Lütz“. Alte Bäume säumen das Seeufer, auf der einen Seite weitet sich das Gelände zur Streuobst- und Wildblumenwiese. Auf Bruchsteinen sonnen sich Zauneidechsen; Frösche, Molche, Blindschleichen und Ringelnattern genießen die feuchte Erde. Ein Turmfalke bringt eine Maus nach Hause ins „Appartement“, wie Macke den Brutkasten unter dem Dachgiebel nennt. Auch Schleiereulen haben hier schon Junge aufgezogen.

Gelände war für Sondermülldeponie im Gespräch

Vor über 30 Jahren entdeckte Til Macke, Enkel der rheinischen Expressionisten August Macke und Hans Thuar, das verwilderte 4,2 Hektar große Gelände in Königswinter-Oberpleis, das als Standort für eine Sondermülldeponie im Gespräch war. Macke hatte ganz andere Pläne: Der promovierte Biologe und leidenschaftliche Ornithologe wollte aus der ehemaligen Tongrube „Lütz“ ein privates Naturschutzgebiet machen. Dafür verkaufte er ein Gemälde seines Großvaters August Macke. „Das hätte er mir verziehen.“

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Mit Unterstützung der Bezirksregierung legte der damalige Vorsitzende der Bonner Nabu-Kreisgruppe eine Flachwasserzone mit fünf Inseln und einer Landzunge an. Die „Arche Lütz“, wie Gebietsbetreuerin Evelyn Steppacher das Gelände taufte, war geboren.

„Mein Ziel war es, dem Eisvogel Lebensraum zu bieten“, berichtet der Unternehmer aus Sankt Augustin. Der seltene Vogel mit dem schillernd-blauen Gefieder kam, und mit ihm viele andere. Über 100 Vogelarten siedelten sich hier an, darunter Mönchsgrasmücke, Rohrammer und Sumpfmeise. Auch ein Fischadler hat am knapp zwei Hektar großen See schon Zwischenstation gemacht. 1996 wurde das Gelände zum Vogelschutzgebiet erklärt.

Lebensraum für seltene Arten

Mit Kamera und Fernglas gehen Macke und Steppacher auf die Pirsch und dokumentieren, wer in ihrer Arche Zuflucht gefunden hat. Wer genau hinschaut, erlebt ein Spiel der Farben: Knallrot ist die Feuerlibelle, schillernd-grün die Glänzende Smaragdlibelle, dunkelblau sind die Flügel der Prachtlibelle. „Alleine 37 Libellenarten leben hier“, sagt Macke. Dazu kommen seltene Schmetterlinge und Käfer. Lebensraum für seltene Arten hat der vierfache Vater hier geschaffen, ein Refugium, in dem Tiere und Pflanzen so leben können, „wie es sein sollte“.

Die Gründung der Macke-Stiftung „Arche Lütz“ unter dem Dach der Nabu-Stiftung „ Naturerbe NRW“ im Oktober 2017 war ein weiterer Baustein im Artenschutz: Jede Spende dient der Unterhaltung des Schutzgebietes, dessen Pflege zwischen 6000 und 10 000 Euro im Jahr kostet. Hauptsponsor ist die Laborgerätefirma C. Gerhardt in Oberdollendorf, die im Besitz der Familie Macke ist.

Vielfalt nimmt ab

Jüngst haben Macke und einer seiner Söhne angrenzende 1,3 Hektar an Fläche dazugekauft und dem Naturschutzprojekt „Chance 7“ als Lebensraum für die Gelbbauchunke verpachtet. Weitere Flächen möchte Macke gerne erwerben, um Trittsteine zu schaffen, die die Biotope verbinden.

Denn die Vielfalt, das bestätigt Steppacher, nimmt ab: „Für Libellen und Schmetterlinge sieht es in der aufgeräumten Landschaft nicht so günstig aus. Durch den großflächigen Einsatz von Herbiziden ist ein starker Rückgang der Ackerkräuter zu beobachten.“ Der Insektenschwund, sagt auch Macke, „ist sehr bedrohlich. Da müsste von der Politik dringend eine Änderung herbeigeführt werden.“

Umso wichtiger seien Lebensräume wie die „Arche Lütz“ mit ihrem dichten Bewuchs, wo Totholz liegen bleibt und Lebensraum für Insekten bietet. Maßnahmen, die jeder in seinem Privatgarten ergreifen könne. „Ein Vorgarten muss nicht aus Steinen bestehen“, findet Macke, „eine Wildblumenwiese ist doch auch schön!“

Jagdfreie Zone

Das Paradies, das sich heute hier entfaltet, musste er allerdings lange verteidigen, sogar mit Hilfe des Kölner Verwaltungsgerichts. Er wollte sein Naturschutzgebiet als jagdfreie Zone, wo Rehe und Füchse einen Rückzugsort haben, und Enten in Ruhe überwintern können. Doch gerade die Enten seien von den Jägern immer wieder aufgescheucht und geschossen worden.

„Wir haben hier viele tote oder durch Steckschüsse verwundete Tiere gehabt.“ Dabei bestehe überhaupt keine Notwendigkeit für die Jagd. Er klagte und bekam recht; zwei Jahre später – im April 2017 – beugte sich dann auch die Untere Jagdbehörde dem Richterspruch. Seitdem herrscht Frieden im Paradies. Es sei denn, die Krähe will dem Turmfalken die soeben erbeutete Maus streitig machen. „Oho!“ Macke lacht. „Das gibt gleich Zoff!“

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Die Stiftung

Das private Naturschutzgebiet „Arche Lütz“ liegt in Königswinter-Oberpleis. Auf den 4,2 Hektar wurde früher Ton gewonnen, der vom Pleistalwerk im benachbarten Sankt Augustin für Kanalrohre verwendet wurde. Mit der Einführung der Kunststoffrohre in den 70er Jahren kam das Aus für die Tongrube.

1989 erwarb Dr. Til Macke das Gelände und machte daraus ein privates Naturschutzgebiet. Neben seltenen Vogel- und Insektenarten gibt es hier auch das größte Vorkommen des seltenen Zwergholunders im gesamten Rhein-Sieg-Kreis, eine Pflanzengesellschaft mit Herbstzeitlosen. (seb)

Weiter Informationen finden Sie unter www.macke-stiftung.de.

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