E-Scooter in LohmarNutzer werfen Elektroroller mitunter einfach in den Graben

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E-Roller_Lohmar_Baum

Gefahr gebannt: Ein Klettermaxe und ein Freund holten den Roller vom Baum herunter.

Lohmar – Aufs Dach stiegen Witzbolde einem Discounter in der Raiffeisenstraße – und hinterließen einen Elektroroller. Einen in der Krone hatte ein Kastanienbaum in der Bachstraße – direkt über einer Sitzbank –, mehrere Scooter hingen im Geäst von Bäumchen vor einem Fitnesscenter im Zentrum. Die orangefarbenen Fahrzeuge landeten im Straßengraben, im Wasser und im Dixie-Klo auf einer Baustelle – alles Irrläufer aus den ersten 100 Tagen.

Vermutlich wurden nicht alle bei der Vermieterfirma Spin gemeldet, denn die zählte seit Mitte Januar nur rund ein Dutzend Beschwerden. Befinden sich Fahrzeuge nicht an Ort und Stelle, könnten diese auch dank GPS-Tracker und Batterie-Sensorik wiedergefunden werden, Beschädigungen und Bewegungen „ohne Mietvorgang“ würden so registriert, sagte Hendrik Büchner, Country Manager Germany, auf Anfrage.

Lohmarer greifen zur Selbsthilfe

In einigen Fällen schufen ehrenamtliche Roller-Retter rasch Ordnung. Zwei Beispiele: Daniel Steven, Inhaber einer Versicherungsagentur und Aktiver im Stadtmarketingverein, machte sich kürzlich auf die Socken, zog die Gummistiefel an und einen Stromer aus dem Auelsbach: „Ich hatte einen Post auf Facebook gesehen und mich geärgert, wenn jemand nur meckert und fotografiert und sonst nichts tut.“ Pascale Spieß, Friseur im „Head Club“, bewies seine Kletterkünste und holte ein filigranes Gefährt vom Baum.

Kommunalpolitiker waren einhellig gegen die E-Scooter

100 Scooter stehen seit 14 Wochen in der Stadt verteilt – auf ein Jahr ist das Pilotprojekt angelegt. Die Kommunalpolitik war einhellig dagegen, konnte es aber nicht verhindern. Die Elektroroller sind vom Gesetz her gleichgestellt mit Fahrrädern. Leserbriefschreiber fürchteten Stolperfallen und fragten: „Hat die Stadt keine anderen Sorgen?“

Die Stadtverwaltung schloss eine Kooperationsvereinbarung mit Spin, um ein Chaos wie in benachbarten Großstädten zu verhindern. Der städtische Mobilitätsmanager lobt die Scooter als einen Mosaikstein für die umweltfreundliche Fortbewegung. (coh)

Wie viele Menschen nutzen die Möglichkeit, elektrisch angetrieben von A nach B zu kommen? Massen seien es definitiv nicht, berichten Beobachter aus der Innenstadt. Es ist auch kein ganz billiges Vergnügen: Pro Minute werden 30 Cent fällig, ein Zehn-Minuten-Weg durch die Innenstadt kostet drei Euro – mehr als ein Ticket für den Linienbus.

Aus Unternehmenssicht ist das Projekt in Lohmar indes erfolgreich, so Büchner: „Mehr als 6000 Kilometer“ seien im Stadtgebiet mit den Rollern zurückgelegt worden, die Scooter werden nach Unternehmensangaben mit Ökostrom geladen.

Roller_auf_Lidl_Dach

Auf dem Glasdach eines Discounters wurde ein Roller entdeckt.

Die Stadt bewertet das Pilotprojekt „aktuell als neutral“, man wolle die Entwicklungen der kommenden Wochen abwarten, teilte Pressesprecherin Elke Lammerich-Schnackertz mit. Nach einem Ansturm am ersten Verleihwochenende seien die Zahlen zurückgegangen, könnten jetzt aber durch das bessere Wetter wieder steigen.

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