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Zero WasteWie die Lohmarerin Eva Linden ihren Hausmüll um die Hälfte reduziert hat

Lesezeit 4 Minuten
Für den Besuch beim Bäcker nimmt Eva Linden jedes Mal einen Brotbeutel aus Baumwolle mit.

Für den Besuch beim Bäcker nimmt Eva Linden jedes Mal einen Brotbeutel aus Baumwolle mit.

  • Von der Wegwerfgesellschaft hält Eva Linden nichts und geht andere Wege.
  • Mit ihrem Zero-Waste-Ansatz versucht sie, ihren Müll im Alltag zu reduzieren.
  • Für radikal hält sich die Lohmarerin nicht - denn ihre Ansätze sind eigentlich simpel.

Lohmar – Bogart schleicht über den Rasen. Der Maine Coone ist ein kuscheliger Klimakiller, sorgt er durch seinen großen Appetit doch für den Abfall von täglich zwei Blechdosen. Etwas kleiner fällt der ökologische Pfotenabdruck von Mitkatze Lisa aus. „Dafür habe ich noch keine Lösung gefunden“, gibt Eva Linden zu.

Ansonsten versprüht die Lohmarerin eine ansteckende Begeisterung für die Idee, den Müll zu minimieren. Das beginnt beim holländischen Baumwoll-Brotbeutel, den sie mit zum Bäcker nimmt, und endet noch lange nicht bei der Plastikdose, die an der Käse- und Wursttheke im Supermarkt zum Einsatz kommt. „Da habe ich schon komische Blicke geerntet – nicht vom Personal, sondern von anderen Kunden“, erzählt Linden.

Teil der Bewegung „Zero Waste“

Als Exotin muss sich die 44-Jährige dennoch nicht fühlen: Die gelernte Verlagsangestellte ist Teil der Bewegung „Zero Waste“ und besucht regelmäßig den gleichnamigen Stammtisch in Wahlscheid . „Das bietet mir eine gute Basis für Unterstützung, hier kann ich mir Tipps holen. Zum Beispiel, dass man für Spontankäufe von Obst und Gemüse ausrangierte Wäschesäckchen mitnehmen kann.“

Die vierköpfige Familie, die ihr Haus mit Solarenergie heizt, spart im Sommer fast den Einkauf von Grünzeug – das wächst auf den eigenen Hochbeeten. So hat Eva Linden die Stammtisch-Besucherinnen kürzlich mit duftenden Rosmarin-Sträußen bedacht, „dafür habe ich von einer Teilnehmerin einen Schal bekommen“.

Tauschen statt kaufen lautet die Devise, und dafür ist Eva Linden auf Internetportalen wie „Kleiderkreisel“ unterwegs. Denn Textilien sind für die Mutter von zwei Kindern keine Wegwerfware.

Schlüsselerlebnisse hatte sie in Indien und Nepal, als sie Kinderarbeit beobachtete und sah, „wie diese Länder durch billige Textilien und Plastik überflutet werden“. Eva Linden arbeitet ehrenamtlich für die Nepal-Hilfsorganisation „Little Hope“, und so fühlt sie sich der Dritten Welt näher, wenn sie sagt: „Ich finde es skandalös, dass westlicher Müll in arme Länder exportiert wird.“

Putzmittel selbst hergestellt mit Essig und Natron

Seife und Shampoo stellt sie selbst her, im Internet kursieren zahlreiche Rezepte. Die zahlreichen Putzmittel hat Linden aus Bad und Küche verbannt: Natron, Soda, Zitronensäure, Essig – aus diesen Zutaten lassen sich Putzmittel selbst herstellen. Und die werden in recycelbaren Milchflaschen und Einmachgläsern aufbewahrt.

Allerdings: „Ich habe drei Feinde zu Hause. Die möchten es bequem haben“, sagt sie lachend. Die Gegner aber lassen sich umgarnen oder überlisten. Mann, Sohn (18) und Tochter (10) lieben die Cookies vom Discounter, aber die gibt es nun selbst gebacken. Linden hortet den Teig in großen Mengen in der Tiefkühltruhe.

Frischkäse aus Joghurt hergestellt

Nicht im Glas, nur in Plastik verpackt gibt es Frischkäse, den Lindens Familie besonders mag. „Der lässt sich aber unkompliziert aus fettem Joghurt herstellen, den man über Nacht in Geschirrtuch und Sieb abtropfen lässt.“

Anfangs hat Eva Linden ihn in einer alten Original-Plastikverpackung serviert. Die Testpersonen merkten keinen Unterschied zum gekauften Produkt, so konnte sich die Käseproduzentin outen.

Pragmatische Lösungen statt Radikal-Verzicht

„Hardcore-Umstellungen funktionieren nicht“, hat Eva Linden erkannt; „wie bei einer Diät gibt es nach einiger Zeit den Jojo-Effekt.“ Radikaler Verzicht kommt deshalb für sie nicht in Frage, die Lindens gehen das Müllproblem pragmatisch an.

„Unsere elektrischen Zahnbürsten benutzen wir weiter.“ Mit den Zahnputztabletten – „die schmecken merkwürdig minzig-mehlig“ – kommt die Familie nicht klar, aber Eva Linden forscht weiter nach Alternativen.

Jeder kann im Kleinen anfangen

Und nutzt auch den Unverpackt-Laden „Fräulein Jule“ als Quelle. Inhaberin Bettina Roth hat die Lohmarerin in der Grundschulbücherei kennengelernt, wo sie ehrenamtlich arbeitet.

Eva Linden hat ihren Job auf Eis gelegt, bis die Tochter im Herbst auf die weiterführende Schule wechselt. Dass sie als Haufrau ja die Zeit habe, Spülmittel-Rezepte auszutüfteln, muss sie sich immer wieder anhören. „Aber jeder kann bei sich im Kleinen anfangen, etwa mehr im Glas und mehr regional einkaufen.“

Aktivistinnen wie die Bloggerin Shia Su, der es gelingt, den nicht recycel- und kompostierbaren Abfall eines Jahres auf den Inhalt eines Einmachglases zu reduzieren, leben allerdings ein nahezu unerreichbares Ideal vor. So weit wird die Familie nicht kommen. „Aber unsere Mülleimer sind nur noch halb voll.“

Unsere Serie zu „Prima Klima“

Müll vermeiden, regional einkaufen, weniger Fleisch essen, aufs Fliegen verzichten – viele kleine Schritte sind nötig, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu drosseln. In unserer Serie „Prima Klima“ stellen wir Menschen und Initiativen vor, die sich um einen nachhaltigen Lebensstil bemühen.

Der Klimaschutz wird heiß diskutiert. Bürgerinnen und Bürger sind gefragt, ihr Konsumverhalten zu ändern. Dabei helfen auch kleine Schritte. Die Redaktion möchte wissen: Was tun Sie konkret zu Hause und unterwegs, um Luft, Wasser und Erde weniger zu belasten? Haben Sie Ihren Lebensstil geändert? Und bedeutet das für Sie Verzicht, oder entdecken Sie eine eine neue Lebensqualität?

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