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Messerangriff in Sankt AugustinEx-Frau eines Waffenhändlers muss in Psychiatrie

Lesezeit 3 Minuten
Gericht Überfall Tankstelle

Die Angeklagte muss nach einem Messerangriff in Sankt Augustin in eine psychiatrische Klinik.

  • Im Februar 2020 hat eine 48-Jährige an einer Tankstelle in Sankt Augustin zwei Männer mit einem Messer angegriffen.
  • Nun fiel das Urteil: Die Angeklagte muss in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, sie sei „eine unberechenbare Gefahr für andere.“
  • Ausgelöst wurde ihre Psychose wohl durch ein jahrelanges Ehedrama: Ihr Ex-Mann sitzt wegen Waffenhandels bereits in Haft.

Bonn/Sankt Augustin – Die Enttäuschung bei der Angeklagten war groß. Am Ende des Unterbringungsverfahrens vor dem Bonner Landgericht hatte die 48-jährige Mutter von fünf Kindern gehofft, wieder auf freien Fuß zu kommen. Immerhin waren ihr mit Hilfe von Medikamenten die Halluzinationen genommen worden; auch konnte sie im Prozess mit klarem Blick und präzisen Erinnerungen ihre besonders ungewöhnliche Lebensgeschichte erzählen. Aber die 7. Große Strafkammer ordnete jetzt die endgültige Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie noch einmal rückfällig werden könnte, sei zu hoch, hieß es in der Begründung: „Eine unberechenbare Gefahr für andere.“

Immerhin hatte die Ex-Frau eines Rechtsanwaltes aus Pulheim in der Nacht zum 7. Februar 2020 den 24-jährigen Mitarbeiter einer Tankstelle in Sankt Augustin mit einem Messer attackiert. Wenige Meter weiter griff sie einen 60-jährigen Mitarbeiter eines Bettenlagers an, der ihr „nichts Böses angetan“ hatte.

Sankt Augustin: Männer waren Zufallsopfer

Es waren Zufallsopfer. Denn wie sich bei der Festnahme herausstellt hatte, befand sich die Angreiferin im Wahn: Sie sei bereits 2012 gestorben, erzählte sie damals den Ermittlern, auch könne sie den Männern nicht geschadet haben, weil sie ja schon tot seien. Keine Frage, so die Kammer, die 48-Jährige war zur Tatzeit schuldunfähig – und konnte entsprechend nicht wegen räuberischen Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden.

Die studierte Pädagogin war nach jahrelangem Ehedrama offenbar in die Psychose gegangen: „Aus der Summe der erlittenen Verletzungen hat sich die Schizophrenie entwickelt“, so Kammervorsitzende Claudia Gelber im Urteil. Dabei spielte ihr Ehemann, ein Rechtsanwalt, gegen den als Waffenhändler im Darknet ermittelt wurde, eine zentrale Rolle: Es folgten zwei SEK-Einsätze und Untersuchungshaft des Volljuristen.

Frau flüchtet vor Ehemann auf Spielplatz

Schließlich war sie 2015 aus Angst vor ihrem Mann mit den Kindern unbemerkt auf einen Spielplatz geflüchtet. Mit Todesdrohung habe er sie zwingen wollen, bei seinen kriminellen Geschäften mitzumachen, hatte die 48-Jährige im Prozess erzählt. Das Jugendamt brachte sie in ein Frauenhaus, später wurden ihr die Kinder entzogen.

Auch wenn die Angeklagte krankheitseinsichtig sei und sie die Medikamente regelmäßig nehme, so wäre es „eine Überforderung, sie jetzt schon ohne ein ambulantes Hilfesystem in eine Wohnung zu entlassen“, hieß es zur Begründung im Urteil.

Prozess gegen Ex-Mann noch nicht abgeschlossen

Da die Kammer sie nicht für „eine Kandidatin hält, die lange untergebracht werden muss“, wurde auch die Überprüfungsfrist von einem Jahr verkürzt. „Aber so schnell geht es eben nicht“, so Gelber, „dafür waren die lebensgefährlichen Messerangriffe zu heftig gewesen.“

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Schließlich ist auch der Strafprozess gegen ihren Ex-Mann immer noch nicht abgeschlossen – und belastet sie weiterhin. Denn der 33-jährige Rechtsanwalt, der 2017 vom Amtsgericht Bergheim unter anderem wegen Waffenhandels im Darknet und Sprengstoffbesitzes zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, hatte in der Berufung sein Geständnis widerrufen und seine geschiedene Ehefrau belastet. Angeblich soll sie den Waffenhandel betrieben haben. Das Verfahren vor dem Landgericht Köln ist immer noch nicht abgeschlossen.

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