Nach KartellklageNeue Regeln in Rhein-Sieg – Waldbesitzer fühlen sich allein gelassen

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Forstarbeiten in Windecker Wäldern: Um die Vermarktung ihres Holzes müssen sich die Privatbesitzer demnächst selbst kümmern.

Forstarbeiten in Windecker Wäldern: Um die Vermarktung ihres Holzes müssen sich die Privatbesitzer demnächst selbst kümmern.

Rhein-Sieg-Kreis – Zwischen 40 und 50 Jahre haben die Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) an Rhein und Sieg erfolgreich gewirtschaftet. Kleinstwaldbesitzer konnten mit der Unterstützung des Landesbetriebs Wald und Holz ihre Bäume ebenso vermarkten wie die Besitzer größerer Parzellen. Damit ist bald Schluss. Vom 1. Januar 2019 an darf Wald und Holz die privaten Stämme nicht mehr gemeinsam mit denen aus dem Staatswald auf dem Markt anbieten. So hat es die neue Landesregierung entschieden. Diese neue Regelung könnte erst der Anfang sein, fürchten die Ehrenamtler in den Betriebsgemeinschaften.

„Ich traue denen nicht“, spricht Ulrich Klein von der FBG Kohlberg offen aus, was seine Kollegen denken: Nach der Vermarktung könnte als Nächstes die Betreuung der Wälder durch die staatlichen Förster gestrichen werden. Die gibt es, seit der Wald per Gesetz von allen Bürgern betreten werden darf. Als eine Art Ausgleich übernahmen in den 60er Jahren die Forstbehörden, später Wald und Holz, die Betreuung der privaten Wälder. Die Kosten teilen sich seither die Waldbesitzer zu 25 Prozent und das Land zu 75 Prozent, die als indirekte Förderung fließen.

Kartellklage in Süddeutschland

Die Förster begutachten die Bestände und organisieren, wenn nötig, die Pflege. Stehen Arbeiten in den Wäldern an, kontaktieren die Mitarbeiter von Wald und Holz die Besitzer, zeichnen Bäume aus und treffen die Absprachen mit Unternehmern. Diese holen dann über Parzellengrenzen hinweg die Bäume aus den Wäldern. Die Mitarbeiter des Eitorfer Forstamts vermarkten die Stämme. Abgerechnet wird über die jeweilige Forstbetriebsgemeinschaft oder bei Nichtmitgliedern direkt zwischen Waldbesitzer und Forstamt.

Dass dieses System jetzt in Frage gestellt ist, geht auf eine Kartellklage in Süddeutschland zurück. Eine Sägewerksgemeinschaft reichte Klage gegen die Vermarktung ein und bekam Recht. Bei der EU-Beihilfekommission liegt zudem eine Beschwerde vor, dass die indirekte Landesförderung nur fließe, wenn Mitarbeiter des Landesbetriebs Wald und Holz im Einsatz sind. Eine Verhandlung ist für Anfang April terminiert. Was daraus wird, ist völlig offen.

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„So angenehm, wie es war, wird es nicht mehr sein“, fasst Ulrich Klein zusammen. Wenn statt der indirekten in Zukunft die direkte Förderung auf Antrag anstehe, bedeute das für die FBG-Ehrenamtler gewaltigen Papierkram. Das kenne er aus der Landwirtschaft. Für die drei Windecker Forstbetriebsgemeinschaften Kohlberg, Leuscheid und Herchen-Dattenfeld gelte es jetzt vor allem, zusammenzustehen, zu allererst bei der Vermarktung.

Pflege der Wälder noch offen

Hartmut Gerhards von der FBG Kohlberg erläutert, dass die Vermarktung des Holzes künftig über die Forstwirtschaftliche Vereinigung Oberberg Süd organisiert werden soll, die sich gerade formiert. Das ist ein Zusammenschluss mehrerer Forstbetriebsgemeinschaften. Aber auch die Raiffeisenwarengenossenschaft, die schon jetzt im Holzgeschäft aktiv ist, könnte ein Partner in diesem Geschäft sein.

Wie die Kleinstwaldbesitzer aber gemeinsam die Pflege ihrer Waldstücke organisieren könnten, ist völlig offen. Den geschätzten Revierförster Markus Wehner selbst einzustellen, wird ein Wunschtraum bleiben. Ulrich Klein fürchtet schon jetzt „Heuschrecken“, die den Profit an erster und die langfristige Pflege und den Erhalt des Waldes an letzter Stelle auf der Liste haben. Negativbeispiele gebe es genug, Kahlschläge ohne nachhaltige Waldpflege zum Beispiel. Aus Sicht des Forstdirektors Jörg Fillmann, im Eitorfer Forstamt für den Privatwald zuständig, steht bisher nur eines fest: das Ende der Holzvermarktung durch die staatlichen Förster. „Alles andere ist Kaffeesatzleserei“, sagt er. Wenn die Waldbesitzer in Zukunft ihr Holz über andere Wege auf den Markt bringen müssten, sei das für Wald und Holz zu verkraften.

Ein Wegfall der Beförsterung der Privatwälder allerdings werde das Berufsbild der Mitarbeiter vor Ort völlig verändern. Statt ihrer Ausbildung gemäß Wälder zu hegen und zu pflegen, würden sie dann womöglich wesentlich mehr hoheitlichen forstbehördlichen Aufgaben nachgehen, und zum Beispiel kontrollieren, ob Hunde angeleint sind und Wälder nach Vorschrift bewirtschaftet werden. All diese Überlegungen seien aber derzeit noch „Lesen in der Kristallkugel“, betont Fillmann.

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