„Mr. Music“ ist zurückNeues Plattengeschäft in Bonner Münsterstraße eröffnet

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Bernd Gelhausen in seinem neu eröffneten Laden „Mr. Music“ in Bonn an der Münsterstraße.

Bernd Gelhausen in seinem neu eröffneten Laden „Mr. Music“ in Bonn an der Münsterstraße.

Niederkassel – Bernd Gelhausen hat den Blues. Täglich. „Die Musik läuft eigentlich immer“, erklärt der „ältere Mann mit den langen weißen Haar-Resten“ (so beschreibt er sich selbst) beim Empfang im Einfamilienhaus in Mondorf.

Aus dem Lautsprechern schallt Musik des Blues-Duos Lauri Bono und Kal David, das am Vortag im Bonner Plattenladen aufgetreten ist. „Manchmal beschwert sich meine Familie: Kannst du die Musik nicht leiser drehen?“ lacht der 59-Jährige. „Dann denke ich: Das kommt mir doch von früher bekannt vor.“

Erst Fußball, dann Gitarre

Das war, bevor „Bernie“ – wie ihn Freunde und Kunden nennen – zu „Mr. Music“ und damit zu einer Institution in Bonn wurde. Damals hat er im Keller des Elternhauses mit einem Kumpel Tischtennis gespielt: „wie im Rausch“, befeuert vom Beat der Gruppe Status Quo. „1976 habe ich die Band erstmals in der Kölner Sporthalle gehört“, berichtet Gelhausen, während er dem Gast Tee serviert – in einem Becher mit dem Bild Rory Gallaghers. Den britischen Bluesrock-Gitarristen hat er dann bei der ersten Rockpalast-Nacht in der Essener Gruga-Halle erlebt. 

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Nach diesen musikalischen Initiationen trat der Sport in den Hintergrund, wie der frühere Fußballer berichtet. Als talentierter Jugendlicher hatte er Angebote, beim 1. FC Köln oder Bonner SC zu trainieren. Die angestrebte Profi-Karriere allerdings verfolgte er nicht weiter, griff statt dessen – wie so viele Heranwachsende – zur Gitarre. „Doch nach einem BAP-Konzert mit Klaus ,Major’ Heuser war mir klar. So wie der würde ich nie spielen können“, erinnert sich Gelhausen, der allerdings bekennt: „Ich bin nicht sehr geduldig.“ Heute trifft er Heuser manchmal beim Holland-Urlaub in Domburg. Der Junge aus der Bonner Südstadt wollte einfach Teil des Rock’n’Roll sein; wenn schon nicht auf der Bühne, dann Backstage in prominenter Funktion.

Fünf Jahre Rock'n'Roll – was kommt danach?

„Eine kleine Erbschaft“ gab das Startkapitel für den angehenden Musikmanager. Gelhausen organisierte Konzerte und eine Plattenaufnahme für die Band Cutty Sark. Danach managte er die Band Trans Am, die er aus mehreren Bonner Formationen zusammengestellt hatte. „Die Band tourte durch halb Europa und stand kurz vor einem Plattendeal bei Sony und vor einem Riesen-Auftritt mit den Musikern von Toto“, erzählt Gelhausen. Eine Mädchenzeitschrift aus der Schweiz durchkreuzte den großen Plan: „Beim entscheidenden Contest gaben die Mädels einer anderen Band den Vorzug. Die Jungs sahen besser aus.“

„Der Traum war vorbei. Aber es waren fünf tolle Jahre Rock’n’Roll. Danach habe ich mich gefragt, was ich sonst noch kann. Und die Antwort lautete: Musik verkaufen.“ Schon als Jugendlicher hatte er im Bonner Plattenladen Elpi gejobbt. „Aus dem Bauch heraus, so mache ich eigentlich alles“, habe er dann 1992 Mr. Music in Bonn eröffnet. „Es war eine harte Nummer, ich hatte ja von Buchhaltung keine Ahnung und musste mir Leute suchen, die das gut konnten.“ Inzwischen hilft ab und zu die ältere seiner beiden Töchter aus, die BWL studiert. 

Gelhausen erzählt von den zahlreichen Plattenläden, die es damals noch in der Bundesstadt gab. Er werde sie alle überleben, prophezeite Gelhausen einem Kollegen. So kam es, doch der digitale Wandel machte auch „Mr. Music“ zu schaffen. Im vergangenen Sommer stand der Laden – auch wegen der Riesen-Baustelle am Bonner Loch – vor dem Aus, das Geschäft an der Maximilianstraße schloss. Doch neun Monate später eröffnete Gelhausen wieder, an der Münsterstraße und in etwas kleinerem Format.

Herzinfarkt vor fünf Jahren

„Ich will nicht mehr 70, 80 Stunden in der Woche arbeiten“, sagt der Chef, der vor fünf Jahren einen Herzinfarkt erlitten hat. Nach der Reha kaufte er sich eine Wurlitzer-Jukebox, die nun im Wohnzimmer leuchtet, blinkt und Singles abspielt: Led Zeppelin, Golden Earring, Otis Redding oder Aretha Franklin. „Die alten Helden sind die größten.“ Dazu zählt der Fan von Vinylplatten auch Heroen aus dem Jazz wie John Coltrane und Miles Davis: „Ich habe mich viele Jahre lang gefragt, was die Leute an seiner Platte ,Kind of Blue’ so toll finden. Jetzt weiß ich es“. Diese Ehrlichkeit und die Lust an Entdeckungen, die den Musikfan permanent umtreibt, schätzen auch seine Kunden: „Ich sage denen auch mal, wovon sie die Finger lassen sollen und was zu ihnen passen könnte.“ 

Das Haus in Mondorf bewohnen Gelhausen und seine aus Thailand stammende Frau Veena seit 23 Jahren. „Ich musste das kaufen: Hier lebten drei Katzen, die wären sonst ins Tierheim gekommen“, sagt der Hausherr. Aktuell räkelt sich der sandfarbene Kater Ozzy (Osbourne) im Körbchen. Über ihm thront eine Herde Plüschgeißböcke, die von der Passion Gelhausens für den 1. FC Köln künden. Im Laden werden die Devotionalien verkauft. Und zu Hause testet die Familie, ob der Toaster mit dem Ziegen-Konterfei auch funktioniert. Da erübrigt sich die Frage nach der Dauerkarte, denn selbstverständlich verpasst „Mr. Music“ kein Spiel seines nun in die 2. Liga verbannten Klubs.  

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