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50 Jahre NiederkasselNamensfindung der Gemeinde war keine einfache Geburt

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Alter Turm Lülsdorf

Der Alte Turm in Lülsdorf ist eins der Wahrzeichen der Stadt Niederkassel.

Niederkassel – Wie soll es heißen? Diese Frage führt nicht nur vor und nach der Geburt von Kindern mitunter zu heftigen Diskussionen im Familienkreis. Auch im Vorfeld der „Geburt“ der Gemeinde Niederkassel im Zuge der Neugliederung des Rhein-Sieg-Kreises im Jahr 1969 führte die Frage nach der Bezeichnung des neuen kommunalen Gebildes zu einem Namensstreit zwischen Vertretern der Ortsteile, die zu Niederkassel fusioniert werden sollten.

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Lülsdorf im Niederkasseler Norden, einst Sitz der namhaften Papier- und Chemiefirma „Feldmühle“ und heute Standort eines Evonik-Werks, wollte sich seinerzeit zum Namensgeber der zu gründenden Großgemeinde aufschwingen. Keinesfalls wollten die stolzen Lülsdorfer mit dem kleineren, benachbarten Niederkassel über einen Namens-Kamm geschoren werden. Das erboste wiederum die Niederkasseler, war doch ihr Ort schon seit dem frühen 19. Jahrhundert Sitz der „Bürgermeisterei“, die umliegende Dörfer mitverwaltete. Wer also, wenn nicht Niederkassel, wäre der rechtmäßige Namenspatron des neuen Gebildes?

Troisdorf entsandte „Lockrufe“

Das ließ den damaligen Lülsdorfer Bürgermeister Helmut Loos (CDU) kalt. Immerhin sei seine Gemeinde großer Unternehmenssteuerzahler und zusammen mit Ranzel der größte Ort des Amtsbereichs. Und noch einen Trumpf glaubte Loos im Ärmel zu haben: Erhalte die fusionierte Gemeinde den Namen Niederkassel, dann bestünde erhebliche Verwechslungsgefahr: Schließlich gebe es einige Kilometer rheinabwärts in der Landeshauptstadt Düsseldorf einen Stadtteil mit dem gleichen Namen.

Doch Streitereien um Bezeichnungen waren nur läppische Scharmützel angesichts strategischer Optionen, die erweiterungswillige Nachbar-Bürgermeister im Jahr 1969 witterten. So sandte die Stadt Troisdorf „Lockrufe“ nach Mondorf, berichtet der Lokalhistoriker Karl Josef Arnold in den „Niederkasseler Heften“. Die stießen dort allerdings auf wenig Gegenliebe: „Troisdorf strebt an den Rhein wie einst das Zarenreich nach einem eisfreien Hafen“, feixte man gen Osten, wie Arnold sich erinnert.

Das Ringen nahm kein Ende

Auch Sieglar – heute ein Teil Troisdorfs, damals unabhängig – versuchte, sich Mondorf einzuverleiben. Großzügig signalisierte der damalige Sieglarer Bürgermeister Johann Lindlau in Richtung der Bezirksregierung: Sollte es nicht möglich sein, dass Mondorf zu Sieglar kommt – etwa, weil die Restgemeinden des Amts Niederkassel dann nicht lebensfähig wären –, kein Problem. Dann sei man auch willig, weitere Gemeinden des Amts zu übernehmen.

Sehr selbstbewusst gab sich dagegen Lülsdorf, als sich die Niederkasseler unwillig zeigten, den Namen des Nord-Nachbarn zu übernehmen. Lülsdorf hatte damals schon zusammen mit Ranzel 6238 Einwohner (Niederkassel nur 2865).

„Niederkassel am Rhein“ war keine beliebte Option

Bürgermeister Loos dachte in einer Ratssitzung 1967 gar offen darüber nach, mit „seinem“ Dorf den Rhein-Sieg-Kreis zu verlassen und sich Köln-Porz anzuschließen. Doch letztlich, so schreibt Arnold, wurde den Lülsdorfern klar, dass sie mit ihrer Randlage im großen Köln bedeutungslos sein würden.

Und so wurde der Namensstreit nicht wieder aufgewärmt, als die Gemeinde Niederkassel zum 1. Januar 1981 zur Stadt erhoben wurde. Nur einmal stellte sich in der jüngeren Vergangenheit dann noch einmal die Frage, wie die Stadt heißen sollte. 2009 waren es zuerst die Sozialdemokraten, die – letztlich vergeblich – anregten, aus Niederkassel künftig „Niederkassel am Rhein“ zu machen, um die attraktive Lage der Stadt am Rhein auch werbewirksam einsetzen zu können.

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