Aus dem Jahr 1941Wehrmacht betrieb Sprachenschule im Haus der Steyler Missionare

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Schüler der Übersetzer-Abteilung der Luftwaffe posierten im Park des Steyler-Missionshauses.

Schüler der Übersetzer-Abteilung der Luftwaffe posierten im Park des Steyler-Missionshauses.

Sankt Augustin – Im August 1941 beschlagnahmte die Deutsche Wehrmacht das Missionshaus der Steyler Missionare. Bis zum Kriegsende waren hier mehrere militärische Dienststellen untergebracht. Dazu gehörte die Sprachmittler-Abteilung der Luftwaffe. Im neuesten Band zur Stadtgeschichte von Sankt Augustin berichtet der Autor Hartmut Küpper darüber.

Die Aufgabe dieser Soldaten bestand nach Beendigung ihrer Ausbildung darin, Kriegsgefangene in deren Muttersprache entweder selbst zu befragen oder in Verhören als Dolmetscher zu fungieren. Zudem sollte sie Briefe und andere Dokumente aus dem Besitz der Gefangenen übersetzen, um an weitere Informationen zu kommen.

Akademiker und Abiturienten

1500 Schüler zogen im Januar 1943 in das Gebäude ein. Die Planungen waren langfristig angelegt, die Schule sollte nach Kriegsende weiter bestehen. Auf dem Stundenplan standen Englisch, romanische Sprachen und Slawisch als Schwerpunkt. Versorgt wurden die Soldaten von 17 Frauen, die in der Klosterküche arbeiteten. Als Speisesaal diente die Aula des Klosters. Dort feierten die Bewohner auch zahlreiche Feste.

Auf der Rückseite eines alten Kuverts prangt der Stempel der „Sprachmittler-Abteilung der Luftwaffe“.

Auf der Rückseite eines alten Kuverts prangt der Stempel der „Sprachmittler-Abteilung der Luftwaffe“.

In Küppers Beitrag kommt Helmut Dietrich zu Wort, der im Januar 1943 zu den Sprachmittlern versetzt wurde, um die italienische Sprache zu erlernen. Er berichtet, dass überwiegend Akademiker und Abiturienten in seiner Kompanie waren. „In Parteikreisen war die Schule unbeliebt, da die lasche Einstellung zahlreicher Schüler zum Naziregime bekannt wurde. Mehrere Schüler wurden wegen abfälliger Äußerungen an die Front versetzt“, wird Dietrich zitiert.

Umzug nach Olmütz

1944 wurde die Abteilung verlegt. Die Sprachmittler-Schule zog um nach Olmütz in Mähren, wurde aber schon bald geschlossen. Zeitzeuge Wolfgang Herrmann : „Wir wurden mit Infanteriewaffen ausgerüstet und Mitte September 1944 auf einen Güterzug verladen, der uns an die Westfront brachte.“ Bei den schweren Kämpfen im Hürtgenwald gab es große Verluste bis in den November 1944. „Fast alle Angehörigen des Bataillons waren entweder gefallen, verwundet oder vermisst.“ In Sankt Augustin wurden nach dem Abzug der Sprachmittler die freigewordenen Räume weiter militärisch genutzt.

Bei den Kämpfen im Hürtgenwald wurden fast alle Sprachmittler-Soldaten getötet, verwundet oder als vermisst gemeldet.

Bei den Kämpfen im Hürtgenwald wurden fast alle Sprachmittler-Soldaten getötet, verwundet oder als vermisst gemeldet.

Im April 1945 zogen die Steyler wieder in das Missionshaus ein und begannen, die Kriegsschäden zu beseitigen, die vor allem während der Bombardierung an Heiligabend 1944 entstanden waren.

Drei der Soldaten stellten sich für das Foto auf einem Balkon am Gebäude des Missionshauses auf.

Drei der Soldaten stellten sich für das Foto auf einem Balkon am Gebäude des Missionshauses auf.

In dem von Stadtarchivar Michale Korn vorgelegten Band geht es in weiteren Kapiteln um Aspekte der Stadtgeschichte. Mike Bargel berichtet von der „Munzipalität Menden“ sowie der „Hausnummerierung in der Bürgermeisterei Menden“.

Erich Plötz hat die letzten Jahre des Ersten Weltkrieges im Spiegel der „Stimmen der Heimat an die Mendener Krieger“ thematisiert. Thomas Meyer-Eppler beschäftigt sich mit den Plänen für eine direkte Eisenbahnverbindungen nach Mülheim und in den Westerwald, die nie umgesetzt wurden.

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„Départments, Dolmetscher und Dampfloks“ – der so betitelte Band 56 zur Stadtgeschichte Sankt Augustins ist im Rheinlandia-Verlag erschienen. Das Buch ist erhältlich über das Stadtarchiv Sankt Augustin und im Rathaus, es kann zudem im örtlichen Buchhandel zum Preis von sechs Euro erworben werden.

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