Mädchen in Sankt Augustin getötetAngeklagter soll bei der Tat erst 17 gewesen sein

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Der Angeklagte vor dem Gericht

Bonn – Mit zwei Überraschungen begann am Dienstag vor dem Bonner Landgericht der Prozess um den Tod einer 17-Jährigen in einer Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin.

Die erste: Der Angeklagte, nach den Gerichtsakten geboren am 17. Juni 1999 in Mombasa/Kenia, sagte auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters, das Datum stimme nicht, „ich bin am 19. Juni 2001 geboren worden.“

Diese Aussage hätte schwerwiegende Auswirkungen auf das gesamte Verfahren. Hat der junge Mann recht, war er zur Tatzeit, am 1. Dezember 2018, erst 17 Jahre alt und damit Jugendlicher. Er könnte, sollte ihm der Vorwurf des Mordes zur Verdeckung einer Straftat, nämlich einer Vergewaltigung, nachgewiesen werden, nur zu einer Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt werden. Zudem würde der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt.

Die Kammer will bis zum nächsten Verhandlungstermin am 4. Juni prüfen, ob die Angaben des Angeklagten zutreffend sind. Dazu werden möglicherweise Gutachten eingeholt. Ist er aber tatsächlich 19 Jahre alt, muss er bei einem Urteil wegen Mordes mit einer Höchststrafe von 15 Jahren rechnen.

Vater wird in Fesseln vorgeführt

Die zweite Überraschung zum Prozessauftakt: Der Vater des Opfers, eine 17-Jährige aus Unkel (Kreis Neuwied), wurde in Handfesseln in den Gerichtssaal geführt. Der Mann sitzt eine achtjährige Strafhaft ab; er ist als Nebenkläger zugelassen. Weitere Nebenklägerin ist die Mutter des Mädchens; die Eltern sollen getrennt sein, sie sah ihn nicht an. Sein Anwalt machte keine Angaben, warum sein Mandant verurteilt worden ist.

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Die Berufsschülerin war am 30. November von ihrem Wohnort nach Bonn gefahren, um sich dort mit einem Bekannten zu treffen. Beide lernten am Rheinufer den Angeklagten, einen Deutsch-Kenianer, kennen, der dort mit einem Kumpel saß. Gemeinsam zogen sie zu einem Imbiss und dann zu einer Shisha-Bar in der Bonner City weiter, bis man sich trennte.

Da das Mädchen seinen letzten Zug nach Unkel verpasst hatte, bot ihr der Deutsch-Kenianer eine Übernachtung in seinem Zimmer, einer Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose in Sankt Augustin-Menden, an, wo er seit März 2018 lebte, nachdem er Zuhause rausgeflogen war. In dem Zimmer soll er die Bekannte laut Anklage gedemütigt, vergewaltigt und verletzt haben.

Als sie ihm gedroht habe, ihn anzuzeigen, soll er sie erstickt haben. Während Mutter und Schwester sowie Bekannte der Toten verzweifelt nach ihr suchten, soll der Angeklagte versucht haben, die Leiche verschwinden zu lassen. Die Ermittler kamen ihm über Einträge in sozialen Medien auf die Spur. Am Abend des 3. Dezember wurde er von der Polizei an der Unterkunft erwartet. Der Mann räumte sofort ein, dass die Vermisste tot in seinem Zimmer liege.

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