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Nach Flugzeugabsturz in Sankt AugustinFluglehrer und Schüler in Hangelar unter Schock

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Die Maschine war auf einem Feld gut 150 Meter entfernt von Wohnhäusern zerschellt und ausgebrannt.

Die Maschine war auf einem Feld gut 150 Meter entfernt von Wohnhäusern zerschellt und ausgebrannt.

Sankt Augustin – Der Flugzeugabsturz vom Dienstag, bei dem zwei Menschen starben, wirkt in der Fliegergemeinschaft nach. Die Betroffenheit ist groß. „Die Fluglehrer waren alle geschockt“, sagt Michael Mohr, Ausbildungsleiter der ATC-Flugschule im Gespräch mit dieser Zeitung. „Manche mussten sich setzen, denen gingen die Beine weg.“

Mohr kannte den 68 Jahre alten Ausbilder aus Rösrath, der wahrscheinlich gemeinsam mit einem 43-jährigen Flugschüler ums Leben kam. Die Identität der beiden Toten muss ein DNA-Abgleich noch bestätigen. „Er war ein extrem erfahrener, gewissenhafter Fluglehrer, der schon seit Ewigkeiten hier ist.“ Er habe seine Schüler stets für die Fliegerei begeistern wollen und können.

Über die Ursache spekuliert er nicht, das ist unter Fliegern verpönt. Allerdings glaubt er nicht an menschliches Versagen. Die Maschine sei neu gewesen und habe besonderen Wartungsintervallen unterlegen, alle 50 Stunden werden sie überprüft. Dazu komme die Jahreswartung. Sicherheit werde ganz groß geschrieben. In seiner Firma liege der Kostenanteil für die Wartung bei 25 Prozent des Umsatzes.

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„Fliege ich weiter?“

Amelie Wambach ist eine seiner Schülerinnen. Neben ihrem Studium macht sie gerade ihre Privatpiloten-Lizenz. „Mir wurde total übel, ich war schockiert“, erzählte sie. Sie war beim Kochen, als Freunde anriefen und fragten, ob sie noch lebe. „Ich war schockiert“, sagt die junge Frau. „Fliege ich weiter? Mache ich die Ausbildung weiter? Diese Fragen habe ich mir sofort gestellt.“ Alles andere war plötzlich vergessen, die Nudeln brannten an.

Sie entschied sich für die Fortsetzung ihrer Flugstunden. Die „Platzrunde“ (siehe nächste Seite) ist sie schon 60 bis 70 Mal geflogen. In jeder Flugstunde sind sechs Starts und Landungen vorgesehen. Zu der Ausbildung gehören Informationen über Notlandeverfahren. Auch sie lässt sich nicht zu Spekulationen hinreißen. „Wir wissen nicht genau, was schief gelaufen ist. Aus dem Unfallbericht können wir lernen“, hofft sie. Den fertigt unter anderem Uwe Berndt an, einer der Spezialisten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU). „Wir sammeln Fakten“, sagt der aus Braunschweig angereiste Experte.

Bei der Voruntersuchung werden alle Informationen zusammengetragen, über das Flugzeug, die Lage der Trümmerteile, die Insassen, die Angaben der Feuerwehr und der Polizei, die Aussagen von Zeugen. Daraus ergebe sich ein Bild.

Berndt hatte noch am Abend des Absturztages einen ersten Blick auf das Flugzeugwrack geworfen und entschieden, die weiteren Untersuchungen auf den kommenden Tag zu verschieben, um bei Tageslicht arbeiten zu können. Spuren einer Notlandung fanden sich nicht, die Tecnam P 2008JC muss regelrecht vom Himmel gefallen sein.

Geschützt mit einem Mundschutz gingen er und sein Kollege Klaus-Uwe Fuchs an die Überreste heran. Durch den Brand waren giftige Rückstände entstanden, die beim Einatmen in die Lunge gelangen können.

Von der Avionik, der Elektronik und den Geräten im Cockpit war so gut wie nichts übrig geblieben. Die Ursachenforschung wird sich schwierig gestalten.

Ausbildungsrunden auf einer mit Anwohnern abgestimmten Strecke

Der Verkehrslandeplatz Hangelar wird von der Flugplatzgesellschaft betrieben. Die Statistik für 2017 weist 35 887 Starts aus. Im gewerblichen Verkehr fielen in dieser Gesamtzahl 14 148 Starts von Motorflügen an, im nicht-gewerblichen Verkehr 11 700. Das Gros der Flüge entfiel auf Maschinen mit weniger als zwei Tonnen Gewicht. 1239 Motorsegler und 4697 Segelflieger hoben ab, 4890 Helikopterflüge nennt die Statistik.

Der Flugplatz bei Sankt Augustin unterliegt der Landeplatz-Lärmschutz-Verordnung, die die Start- und Landezeiten festlegt. Es gibt einen Lärmschutzbeirat, der regelmäßig tagt. In Abstimmung mit den Anwohnern ist eine so genannte „Platzrunde“ definiert worden. Diese Flugstrecke, die sich vom Autobahnkreuz Bonn-Nordost im Westen bis zum Stadtteil Niederberg im Osten erstreckt, ist insbesondere für den Schulungsbetrieb vorgesehen, um die Nachbarn mit möglichst wenig Emissionen zu behelligen. Auf der Karte links ist diese Strecke dargestellt. Oben ist die Start- und Landebahn, Richtung 11 bedeutet 110 Grad in östliche Richtung, 29 entsprechen 290 Grad in westliche Richtung.

Die am Dienstag verunglückte Maschine, in der ein Fluglehrer und sein Schüler saßen, war nach Osten in Richtung Siebengebirge gestartet. Nach nur etwas mehr als zwei Kilometern und etwa eine Minute nach dem Start ist die kleine Maschine abgestürzt. Der Pilot hatte eine Motorstörung gemeldet. Zeugen sahen sie in steilem Winkel nach unten fallen und hörten auch stockende Motorengeräusche. (rvg)

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