Sieben Jahrzehnte verheiratetTroisdorfer Ehepaar feiert Gnadenhochzeit

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In Sietow am Müritz-See gaben sich Günter und Helga Schierstedt 1950 das Jawort.

In Sietow am Müritz-See gaben sich Günter und Helga Schierstedt 1950 das Jawort.

  • Vor 70 jahren gaben sich Günter und Helga Schierstedt in Sietow am Müritz-See das Jawort.
  • Trotz Pandemie machte das Paar seinen 70. Hochzeitstag zu einem besonderen Tag.
  • Eine Liebesgeschichte.

Troisdorf – „Ich habe den richtigen Griff getan und er auch.“ Helga Schierstedt weiß, wovon sie spricht. Der Bund fürs Leben, den sie mit Günter Schierstedt geschlossen hat, hält nun bereits sieben Jahrzehnte.

Gern hätten die beiden mit vielen Gästen auf ihr Ehejubiläum angestoßen. Wegen der Pandemie ging das freilich nicht. Trotzdem machte das Paar seinen 70. Hochzeitstag am 28. April zu einem besonderen Tag. „Wir machen uns fein auch ohne Feier“, sagte Helga Schierstedt vorab im Telefoninterview. Für sie gehörte, wie schon bei der grünen, silbernen, goldenen, diamantenen und eisernen Hochzeit, ein selbst genähtes Kleid dazu.

Nähkünste hatten große Auswirkungen

Der Umgang mit Nadel und Faden hat im Leben der heute 89-Jährigen viel ausgemacht. „Ich konnte nähen und habe meine Fähigkeit eingesetzt, deshalb musste ich nicht auf dem Feld arbeiten“, erzählt die aus dem Kreis Mohrungen in Ostpreußen stammende Troisdorferin von der „Zeit, in der jeder vernünftig angezogen sein wollte, um die Würde zu wahren“. Die Umsiedlung hatte ihre Familie zunächst in den Thüringer Wald, dann nach Mecklenburg verschlagen, wo Helga Schönsee, wie sie damals hieß, ihren späteren Mann kennen lernte. Man ging tanzen, sah sich bei einer Geburtstagsfeier, dann der erste Kuss . . . In Sietow am Müritz-See ging es zur Trauung aufs Standesamt. Im gleichen Jahr kam Sohn Detlef zur Welt.

Die Eheleute blieben noch fünf Jahre in der DDR. Er hatte Maschinenschlosser gelernt, sie war als Handarbeitslehrerin tätig. Ohne Abitur und Studium hatte sie sich in Kursen qualifiziert und wurde gut bezahlt: „Ich bekam 140 DDR-Mark im Monat für zwei Stunden Arbeit täglich.“ Doch wegen des „so verlogenen“ Systems fasste das Paar 1955 den Entschluss: „Wir hauen ab.“

„Ich war mutig und habe alles probiert“

In Troisdorf, wo Helga Schierstedt Verwandte hatte, wohnte die kleine Familie zunächst möbliert. Mit Nähen konnte sie nur noch wenig verdienen, „Neckermann und Quelle boten billige Kleider an“, ihre Neulehrerinnen-Ausbildung wurde nicht anerkannt. „Ich war mutig und habe alles probiert“, berichtet sie. Als die Klöckner-Mannstaedt-Werke, wo Günter Schierstedt Arbeit gefunden hatte, Kranführerinnen suchte, griff sie zu und sagt in der Rückschau: „So ein toller Job!“

In ihrer Freizeit pflegten die Jubilare die gleichen Hobbys, zu denen Radfahren, der Garten und das Reisen zählten. Mit dem Campingbus wurden Frankreich und der Norden erkundet, später ging es auf insgesamt elf Kreuzfahrten unter anderem nach Spitzbergen und Neuseeland. „Mein Mann war immer meine Lebensversicherung, er konnte gut schwimmen und tauchen“, sagt sie in Erinnerung an Segeltörns, die bis vor sechs Jahren mit dem Boot des Sohnes in Holland unternommen wurden. Im Garten sind die Senioren – er wird Anfang Juni 92 – nach wie vor aktiv, auch wenn die Arbeitspausen mehr und länger werden.

Eine glückliche Familie

Stolz sind die Eheleute auf drei Enkelkinder, Nora (37) und die Zwillinge Isa und Bennet (33). Auch Schwiegertochter Monika Schierstedt (67) ist ihnen ans Herz gewachsen. „Sie ist mir wie eine Tochter“, sagt Helga Schierstedt, die sich zudem glücklich schätzt, dass Enkel Bennet, der ihr alles für das Aufschreiben der Familiengeschichte am Computer beigebracht hat, FC-Fan geworden ist, „so wie wir“.

Freuen kann sich die 89-Jährige auch über das Kompliment, das sie von ihrem Mann in jungen Jahren wie in alten Tagen bekommen hat und bekommt: „Du siehst für mich immer gut aus.“

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