„Zahlungsbefehl“ der LotterieSiegburger Ehepaar wehrt sich gegen Betrüger

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Reinhold Lüttke ist nicht auf die Betrugsmasche eines angeblichen Inkasso-Unternehmens hereingefallen.

  • Rückblick 2021: Bei diesem Bericht handelt es sich um einen Text aus dem Archiv, der unsere Leserinnen und Leser besonders interessiert hat. Er wurde zum ersten Mal am 3. Mai 2021 veröffentlicht.

Siegburg – „Zahlungsbefehl“ steht fett gedruckt und unterstrichen über dem Schreiben, das Anfang April an Ilse Lüttke ging. 269,90 Euro habe sie zu entrichten, inklusive 49,04 Euro für Zwangsvollstreckung. Und all das ausgerechnet an einen angeblichen Lotterie-Ausrichter. Absender war eine „Plus-E Inkasso AG“ mit Sitz in Berlin, die im Auftrag der „Deutsche Gewinner Zentrale Lotto 6-49 handele“; zu überweisen sei die Summe auf ein Konto der Piräus-Bank in Athen.

Erst einmal habe er schon einen Schreck bekommen, schildert Ehemann Reinhold Lüttke, doch dann ging er der Sache auf den Grund: Den Allerweltsnamen des Rechtsanwalts, der die Forderung unterschrieben hatte, gebe es zwar in Berlin, doch nicht unter der angegebenen Adresse. Dazu fand er im Internet lediglich das Bild eines nichtssagenden, tristen Wohnsilos.

Polizei unterstützt die Senioren nicht

Bei der Polizei wollte der 83-Jährige Anzeige erstatten, doch man habe ihm gesagt, das habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Summe rechtfertige zudem nicht den Aufwand. „Das hat mich geärgert“, sagt Lüttke, es müsse doch möglich sein, den Kontoinhaber zu ermitteln. Er selbst schaffte das bei der Piräus-Bank in Frankfurt am Main nicht: Eine Privatanfrage könne man nicht beantworten, wurde er beschieden.

Für Lüttkes war das Schreiben nur die Spitze eines Eisbergs. Täglich hat es das Ehepaar mit Anrufen zu angeblichen Abonnementskosten zu tun, die Vorwahlen weisen auf Zypern, die Türkei, Ungarn oder die Ukraine hin. Offensichtlich ist die Telefonnummer des Ehepaars in falsche Hände geraten.

Experten ist die Betrugsmasche bekannt

Für Martin Wieler, Leiter der Verbraucherzentrale NRW in Siegburg, ist die Sache klar: „Das ist einfach Betrug.“ Leider komme es wieder vor, dass sich Opfer anders als das Ehepaar Lüttke unter Druck setzen ließen und brav zahlten. Vor kurzem habe er in der Beratung einen noch dreisteren Fall gehabt, bei dem ein mit vielen Siegeln versehenes Drohschreiben persönlich durch den Briefträger übergeben worden sei. „Das ist noch perfider.“ Auch in diesem Fall sollte Geld an eine griechische Bank überwiesen werden. Geschickt werde meist ein Betrag gewählt, dem das Opfer dann die Kosten für eine Rechtsvertretung entgegenstellen müsse. Wieler: „Zu hohe Beträge werden nicht ohne weiteres bezahlt.“

Er warnt auch davor, sich am Telefon auf Werbegespräche zu Lottogemeinschaften einzulassen, für die es rechtlich vorab eine Einverständniserklärung brauche. Auf keinen Fall solle man Daten preisgeben und niemals Fragen mit Ja beantworten: Aus einer Tonaufzeichnung könne sonst ein Beweisstück für einen Vertragsabschluss zusammengeschnitten werden.

„Ältere Menschen sind oft zu höflich“, beobachtet er. Dabei sei es das Beste, bei solchen Betrugsversuchen einfach aufzulegen. Große Summen könnten zusammenkommen, wenn es einem Betrüger gelinge, monatliche Abbuchungen zu veranlassen.

Wieler hat den Eindruck, dass solche Maschen in der Corona-Pandemie eine besondere Konjunktur erleben. So kam ihm unlängst der „Vertreter einer Umweltbehörde“ unter, der einem Hausbesitzer überteuerte Handwerksaufträge aufdrängen wollte. Die Dunkelziffer bei solchen Delikten sei hoch, schildert Wieler, und besonders traurig seien Fälle, in denen es Schwindler auf Demenzkranke abgesehen hätten.

Sei eine Unterschrift unter einen schlechten Vertrag einmal geleistet, sei es wichtig zu wissen, dass es ein 14-tägiges Widerrufsrecht gebe. Eine bereits überwiesene Summe zurückzufordern sei meist schwer – nicht aber, eine Lastschrift einzustellen.

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Ähnliche Beobachtungen macht Karsten Strätz, Umweltberater in der Verbraucherzentrale. Er warnt davor, am Telefon den Strom- oder Gaslieferanten zu wechseln. Schon gar nicht solle man seinen Energieversorger und die Zählernummer preisgeben: Denn mit diesen Daten könne der Anrufer schon einen Wechsel in die Wege leiten.

Wichtig sei, nachzufragen, in wessen Auftrag der Anruf erfolge, und darauf zu bestehen, zunächst einmal alles schriftlich zu bekommen. Wer dennoch einen zweifelhaften Vertrag geschlossen habe, solle ebenfalls die Widerrufsfrist nutzen und dem alten Energieversorger sowie dem Netzbetreiber mitteilen, dass man mit einem Wechsel nicht einverstanden sei.

Aber so weit muss es erst gar nicht kommen. Auch Strätz rät: „Den Hörer aufzulegen ist nicht unhöflich. Es dient dem eigenen Schutz.“

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