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Drei-Länder-AusstellungsprojektIm Pumpwerk Siegburg begegnen sich die Pole

Lesezeit 3 Minuten
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Einen Schockzustand beschreibt Volker Tenner in diesem Werk. 

Siegburg – Wie kommen Pinguine zu den Massai? Diese Frage wirft ein Gemälde von Ludmilla Ternano auf, das derzeit im Pumpwerk zu sehen ist. In flirrender Hitze scheinen sich die gefiederten Südpol-Bewohner und das großgewachsene Steppenvolk ratlos gegenüber zu stehen. Der französische Titel des Werks „Inversion des Poles“ – Pol-Umkehr – gibt einen Anhaltspunkt. So kann es also aussehen, wenn die Folgen des Klimawandels zu Ende gedacht werden.

Diese Arbeit steht exemplarisch für das deutsch-französisch-polnische Ausstellungsprojekt „Amplitude“, das Georg Schnitzler für das Kulturwerk des BBK Bonn, Rhein-Sieg mit der Société du Salon d’Automne, Paris, und dem polnischen Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (ZPAP) zusammengestellt hat.

Gezeigt werden insgesamt 39 Arbeiten von jeweils 13 Kunstschaffenden aus den drei beteiligten Ländern. Die titelgebende „Amplitude“ steht dabei für die heftigen Erregungsausschläge einer sich rasant wandelnden Welt und deren künstlerische Verarbeitung.

Künstler kommen zu düsterem Befund

Dabei kommt die Schau zu einem insgesamt eher düsteren Befund. Ewa Sychas „Niepamiec“ (Vergessenheit) manifestiert sich als dunkle, aggressive Fläche, auch bei Natalie Ports „Exogenese Pt. 3“ greifen schwarze Wellen selbstzerstörerisch ineinander.

Mit Melanie Mertins und Serge Krewiss machen gleich zwei Aussteller die umweltschädlichen PET-Flaschen zum Thema absurder Stillleben. Ironische Momente, wie Maria Kontzs „Call me – Gespräche, die im Sande verlaufen“ mit ihrem herrlich plüschigen rosa Telefon bleiben in dieser spannenden und hochkarätigen Schau die Ausnahme. Immer wieder gelingt es den Künstlern, die anspruchsvolle Architektur des Pumpwerks optimal zu bespielen.

Antrag für europäische Fördermittel scheiterte

So verteilt Helmut Hergarten seine Foto-Installation „FCK Corona“ gekonnt über drei Ebenen, und Georg Schnitzler hat hier für seine großformatige Arbeit ein optimales Umfeld gefunden. Bei der Vernissage erinnerte Schnitzler an die letztlich erfolglosen Bemühungen, für das Projekt europäische Fördermittel auf den Weg zu bringen, was schließlich zu geradezu kafkaesken bürokratischen Kapriolen geführt hatte.

Davon habe man sich aber nicht beirren lassen: „Europa geht durch schwierige Zeiten: In den letzten Jahren drohten wir auseinanderzudriften, nun herrscht Krieg.“

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Unter diesen Umständen stehe das Projekt in der Tradition des politischen „Weimarer Dreiecks“ für eine innige künstlerische Verbindung zwischen Deutschland, Frankreich und Polen. Ein Gedanke, den Damien Pietrek mit seiner Installation „Weimar Triangle“ aufgriff. Und es passt zur gegenwärtigen Lage Europas, dass unaufmerksame Vernissage-Besucher dieses raffinierte Arrangement aus Spielzeug-Autos ungewollt neu sortierten.

„Amplitude“ wird bis zum 2. Juli im Pumpwerk Siegburg, Bonner Straße 65 gezeigt, erster und dritter Sonntag im Monat 13 bis 16 Uhr, mittwochs 11 bis 16 Uhr, donnerstags 13 bis 18 Uhr und freitags 11 bis 15 Uhr. Weitere Stationen sind der Bunker K101, Köln, 4. bis 21. August, Salon d’Automne Paris, Champs Élysées, 26. bis 30. Oktober, sowie im kommenden Jahr die Galerie der Zeitgenössischen Kunst Oppeln.

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