Einblick in die GefühlsweltUngewöhnlicher Vortrag informierte Schüler über Aids

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„Warum ich?“, fragt sich in dem Stück Martin Rehbein, den der Schauspieler Michael Wanker eindrücklich und realistisch spielte.

„Warum ich?“, fragt sich in dem Stück Martin Rehbein, den der Schauspieler Michael Wanker eindrücklich und realistisch spielte.

Siegburg – „Jetzt schließt bitte alle die Augen“, forderte Michael Wanker seine Zuhörer auf. Der Hamburger Schauspieler brachte ein ungewöhnliches Stück auf die Bühne der Aula des Berufskollegs Siegburg, und rund 200 Schüler vor der Bühne folgten ihm. Sie legten sogar ihre Handys weg.

In dem Stück ging es um das Thema Aids. Zu leiser sphärischer Musik folgten die Schüler mit geschlossenen Augen dem Schauspieler, der in zärtlichen Worten einen Liebesakt beschrieb und in die Köpfe der 17- bis 19-Jährigen projizierte. „Jetzt macht die Augen wieder auf“, endete er und fragte: „Wer hat bei dem, was ihr euch vorgestellt habt, ein Kondom benutzt?“ Stille in der Aula.

Einblick in die Gefühlswelt

Der Schauspieler zeigte in seinem Spiel realistische Einblicke in die Gefühls- und Lebenswelt eines Menschen, der die Diagnose HIV verkraften muss. Das spielte er so überzeugend, dass nach den drei Aufführungen an drei Tagen immer wieder Schüler fragten, ob er selbst etwa Aids habe. Hat er nicht, aber bei der Vorbereitung zu dem Ein-Personen-Stück hat sich Michael Wanker in das Thema vertieft.

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Er habe mit HIV-Infizierten gesprochen, berichtete er, und er habe sogar einen HIV-Test gemacht. „Ich wollte wissen, wie man sich fühlt“, sagte er.

Bio-Lehrerin wollte Wissen der Schüler auffrischen

Silke Möllmann, Biologielehrerin am Berufskolleg, hatte im Unterricht festgestellt, wie wenig die Schüler über die Gefahren einer HIV-Ansteckung wussten. „Ich sprach im Unterricht über das Immunsystem und dabei wurde erkennbar, dass die Schüler kaum etwas zum Thema Aids wussten“, berichtete sie. Dabei seien in Deutschland Ende 2018 etwa 87 900 Menschen und weltweit 37 Millionen Menschen infiziert gewesen. „Aids hat nur dann eine Chance, wenn man nicht darüber spricht“, betonte sie.

Das wollte sie am Berufskolleg Siegburg ändern, zumal die Schüler dort in einem Alter sind, in dem sie schon die ersten Erfahrungen haben und die Liebe entdecken. „Ich finde die Vorträge und das Stück sehr interessant, weil sich bei uns derzeit viel auf die Liebe konzentriert“, bestätigte Schüler Christian Haupt. Auch seine Mitschülerin Anna Funkner hält das Thema für sehr wichtig: „In unserem Alter bleibt man ja noch nicht so lange zusammen.“

Schüler wurden sensibilisiert

Vor den Aufführungen hielt Rainer Ganschow, Direktor der Allgemeinen Pädiatrie am Universitätsklinikum Bonn, Fachvorträge zum Thema. „Wir haben bei dem Vortrag viel gelernt“, sagte Schüler Raphael Palenga, „und wir konnten dem Arzt auch viele Fragen stellen“.

Wie an den Reaktionen der Schüler festzustellen war, ging das Konzept auf, Theaterstück und Fachvortrag zu kombinieren. Gemeinsam mit der Michael-Stich-Stiftung wurde die Veranstaltung durchgeführt, die genau auf diese beiden Bausteine Theater und Vortrag in den Schulen setzt.

Die Schüler wurden für die Gefahren der Ansteckung sensibilisiert. Zugleich baute die Veranstaltung unbegründete Ängste bei den Schülern ab. Für die Organisatorin Silke Möllmann sind drei Dinge bei dem Thema wichtig: „Benutzt ein Kondom, lasst euch testen und sprecht darüber!“ Nur dann habe Aids keine Chance.

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