Mutter berichtet18 Corona-Fälle in Siegburger Kita trotz negativer Lolli-Antigentests

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Lollitests werden hauptsächlich bei kleineren Kindern eingesetzt.  

Siegburg – „Wir kommen uns vor wie in einem schlechten Film“, sagt die dreifache Mutter, die nicht namentlich genannt werden möchte. Ihr Lebensgefährte und ihre Kinder sind seit Tagen in Quarantäne, allesamt positiv. Bekannte und Verwandte helfen bei der Versorgung mit Lebensmitteln, doch einfach ist die Situation nicht für die Mutter, die trotz zweifacher Impfung Covid-19-Symptome hat. So weit hätte es nicht kommen müssen, da ist sich die 41-Jährige sicher. Das gelte auch für die vielen anderen Fälle in der Kita, die sie von einem Massenausbruch sprechen lassen.

Alles begann, als sie am 20. November eine E-Mail der Kinderburg Veronika Keller bekam, die ihr drei Jahre alter Sohn und die fünf Jahre alte Tochter besuchen: In der Kita habe es einen Positivfall gegeben. Eher durch Zufall erfuhr die Siegburgerin, dass es da schon weitere Infizierte gab, mindestens eine Mutter und ein Sohn hatten sich darüber hinaus angesteckt. „Ich hätte erwartet, dass dann alle Gruppen in Quarantäne müssen, aber stattdessen sind alle Eltern weiter arbeiten gegangen.“

Lolli-Antigentest negativ – Nasenabstrich positiv

Am Mittwochmorgen ergab ein Lolli-Antigentest ihres Sohns ein Negativ-Ergebnis. Doch kurz darauf bekam der Dreijährige am Abend ein positives Ergebnis mit einem Nasenabstrich, das beim Kinderarzt durch einen PCR-Test bestätigt wurde. Sie selbst hatte am Freitag ebenfalls ein positives PCR-Ergebnis und machte die Probe aufs Exempel mit einem Lolli-Test. Doch der zeigte negativ an, wie alle anderen Lolli-Tests, unter anderem bei ihrem mit PCR positiv getesteten acht Jahre alten Sohn.

„Der war vor einigen Monaten schon einmal als Kontaktperson in Quarantäne und kommt jetzt auf insgesamt fünf Wochen Unterrichtsausfall.“

Das sagt der Rhein-Sieg-Kreis

Aktuelle Corona-Lage

120 Schulen und 40 Kitas sind derzeit durch Corona-Fälle betroffen und liegen damit an der Spitze der Gemeinschaftseinrichtungen, das teilt auf Anfrage die Pressestelle der Kreisverwaltung mit. Von dem Positivfall in der Kinderburg Veronika Keller erfuhr das Gesundheitsamt am 20. November, anschließend hätten „lediglich einzelne und nicht erkennbar zusammenhängende Positivbefunde vorgelegen, die aufgrund der Erlasslage keine umfassenden Maßnahmen gebieten“.

Quarantäne für potenzielle Kontaktpersonen

Nachdem zum Monatswechsel gehäuft weitere Beschäftigte und Kinder positiv getestet wurden und es zuvor Positivfälle im privaten Umfeld gegeben habe, seien mit der Kita Folgendes vereinbart worden: Kinder, die potenziell Kontakt zu Infizierten hatten, und ungeimpftes Personal mussten in Quarantäne. Diese dauert bis zum 11. Dezember. Am 6. Dezember wurde für alle Kinder und Beschäftigten ein Sammelabstrich durch das mobile Team des Kreises organisiert. Dem Träger wurde nahegelegt, die Kita am 6. und 7. Dezember geschlossen zu halten, um die Ergebnisse abzuwarten. Der Träger habe sich dagegen entschieden.

Lolli-PCR-Tests haben hohe Sensitivität

Lolli-PCR-Pooltests haben laut Kreisverwaltung „eine wesentlich höhere Sensitivität und zeigen dementsprechend eine noch nicht durch Symptome belegbare Infektion frühzeitiger an als Antigentests“. Daher begrüße das Amt ihren Einsatz. Problematisch für den Betrieb einer Kita sei, dass ein positiver Pooltest zunächst durch Vereinzelungstests „aufgelöst“ werden müsse und es erst am übernächsten Tag Gewissheit gebe, wer infiziert sei. Zudem sei außerhalb eines Ausbruchs die Teilnahme an der seriellen Testung oder ein Selbsttest nicht verpflichtend. (ah) 

Von mindestens sieben positiv getesteten Kindern aus der Kinderburg und sechs betroffenen Familien wusste sie am Montag. Sie verstehe nicht, wie man sich auf die noch dazu freiwilligen Lollitests verlassen könne. Immerhin seien diese auch die Voraussetzung, wenn ein Kinderarzt anschließend eine PCR-Test veranlassen solle.

Zudem wünscht sie sich bei Häufungen konkretere Informationen durch das Kreisgesundheitsamt. Das wahre Ausmaß der Infektion sei ihr erst in einer Whatsapp-Gruppe der Kita-Eltern klar geworden. Noch am Wochenende nach der ersten E-Mail habe sie mit den Kindern die Großeltern besucht, was sie sonst auf keinen Fall getan hätte. „Was muss denn bei der hohen Inzidenz noch passieren?“ Es könne doch nicht sein, dass sich die Eltern gegenseitig selbst informieren müssten.

Mutter aus Siegburg wünscht sich PCR-Pool-Tests in Kitas

Der Kitaleitung mache sie keinen Vorwurf, die könne aus Datenschutzgründen nicht anders handeln. Aber: „Ich halte das für sehr gefährlich, gerade mit Blick auf den zweiten Corona-Winter.“

Helfen könnten ihrer Ansicht nach PCR-Pool-Tests, bei denen viele Proben zusammen untersucht werden. Erst wenn dieser positiv ausfällt, werden Einzeluntersuchungen angeordnet, was Geld und Zeit spart. Mit dem Vorschlag wandte sie sich an die Siegburger Stadtverwaltung. Bürgermeister Stefan Rosemann sagte zu, mit allen Trägern zu sprechen: Wenn alle für die Pooltests sind, können Mittel bereitgestellt und Tests angeschafft werden.

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Jürgen Peter, 1. Geschäftsführer der Jugendbehindertenhilfe Siegburg Rhein-Sieg, Trägerin der Kinderburg, mochte zwar auf Anfrage nicht von einem Massenausbruch sprechen, wohl aber von einer „ernsten Situation“: Elf Kinder und sieben Mitarbeiter waren am Montag positiv getestet. Dabei sei die Impfquote unter den Beschäftigten sehr hoch. 50 Kinder waren in Quarantäne.

Seit dem 24. November gebe es ein Betretungsverbot, auch für Eltern. „Wir halten die Betreuung mit aller Macht aufrecht“, betont Peter, „das sind wir Kindern und Eltern schuldig.“ Derzeit kämen indes nur wenige Kinder. Pool-Tests befürwortet Peter, dafür gebe es einen Beschluss von Vorstand, Elternbeiräten und Kitaleitungen der Kinderburg und der Kleinen Strolche. „Wichtig ist, dass alle Träger mitmachen.“ 

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