Sechs Kilometer zu Fuß nach LohmarZu viel Kleingeld – Busfahrer lässt Mädchen stehen

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Passendes Geld dabei, aber überwiegend Centstücke: Nach einem Spruch des Busfahrers stiegen zwei Mädchen verunsichert wieder aus. (Symbolbild)

Siegburg/Lohmar – Die Busfahrt war zu Ende, noch ehe sie begonnen hatte: Als ein Mädchen ihr Ticket zum Teil mit Kupfermünzen bezahlen wollte, schüttelte der Fahrer nur den Kopf. Die 13-Jährige und ihre 15-jährige Schwester, die eine Zeitfahrkarte hat, stiegen daraufhin wieder aus und liefen die knapp sechs Kilometer aus der Siegburger City zu Fuß nach Hause. Mutter Verena Rohrmoser versteht die Welt nicht mehr: „Sie können doch nicht zwei Mädchen dort stehen lassen!“

Kinder sollten Kleingeld vor Busfahrt vorher wechseln

Die Schülerinnen schildern den Vorfall vom Mittwochnachmittag detailliert. Der ältere Fahrer habe sie herauskomplimentiert mit den Worten, sie sollten die Centmünzen doch am Kiosk wechseln oder bei Passanten.

Doch niemand habe sich dazu bereit gefunden. Und sie selbst hatten wohl nicht den Mut, es bei dem Fahrer des folgenden Linienbusses erneut mit dem Klimpergeld zu versuchen. Sie riefen stattdessen ihre Mutter an, die anbot, mit Silbermünzen an der Zielhaltestelle Lohmar Stadthaus zu warten.

Deeskalationstraining für Mitarbeiter

„Allgemeine Beförderungsbedingungen im Straßenbahn- und Omnibusverkehr“, so heißt die  Busfahrer-„Bibel“. In ihr steht geschrieben, dass der Passagier das Zahlungsmittel „abgezählt“ bereithalten sollte. Doch das sei nach Lesart der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft nicht verpflichtend, sagt Betriebsleiter Frank Wiedemann. Jede Münze und jeder Schein sei auch im Bus ein reguläres Zahlungsmittel.

Die neuen Mitarbeiter erhalten eine spezielle Tarifschulung, in der es um Fahrpreise, Tarifbestimmungen und Zahlungsmittel gehe. Auf dem Stundenplan steht unter anderem Deeskalationstraining, werden Konflikte und Lösungen thematisiert. Beschäftigte durchlaufen seit 2007 alle fünf Jahre die Schulungsmodule, das Straßenverkehrsamt verlange den Nachweis für die Verlängerung des Busführerscheins.

Kundenbeschwerden gehe die Verkehrsgesellschaft nach, bitte die Fahrer zum Gespräch. Bei besonders gravierenden Verstößen drohten Disziplinarmaßnahmen. (coh)

Doch auch das habe nicht funktioniert, sagt Verena Rohrmoser. In einem E-Mail-Wechsel mit der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft schildert die Alleinerziehende die Panne aus ihrer Sicht. Und ihre Angst um ihre halbwüchsigen, hübschen Töchter, die wohl häufig auf der Straße angesprochen würden.

Kein Zweifel an Darstellung der Kinder

„Wir haben keinen Grund, an dieser Darstellung zu zweifeln“, sagt Frank Wiedemann, Betriebsleiter der Busgesellschaft. Die RSVG hat  zwischenzeitlich den Busfahrer ausfindig gemacht und ihn zur Konfliktsituation an der Haltestelle Heinrichstraße befragt. Dieser, ein erfahrener Mann, „seit über 40 Jahren im Geschäft“, so Wiedemann,   bedauere den Vorfall. Er habe lediglich ganz perplex angesichts des Münzhäufchens geäußert: „Das ist doch wohl nicht dein Ernst!“ Die  Mädchen seien dann ausgestiegen, er habe sie nicht zurückgerufen.

„So ein Spruch darf ihm nicht herausrutschen“, sagt sein Vorgesetzter Frank Wiedemann. Der Fahrer, der im übrigen selbst Kinder habe, dürfe ja alles denken, aber nicht alles sagen. Er verstehe den Ärger der Mutter. „Sie erhält auf jeden Fall noch eine abschließende Antwort von uns.“ Und eine Bitte um Entschuldigung.

Kupfer-Geld ist Zahlungsmittel 

Auch Kupfer-Münzen seien reguläre Zahlungsmittel, „selbst 50 Cent in 1-Cent-Stücken“. Der Wechselautomat im Buscockpit habe zwar keine Röhre für die Centmünzen, der Busfahrer stecke sich diese dann halt in die Tasche und lässt es in der Zentrale maschinell zählen. „Das ist kaum Mehrarbeit. Anders als früher müssen die Fahrer das Kleingeld ja nicht mehr rollen.“

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Eine solche Beschwerde sei indes sehr selten, eher gebe es Probleme mit großen Geldscheinen, so Wiedemanns Erfahrung. Die RSVG habe für die Fälle, dass ein Busfahrer 100er oder 50er nicht wechseln könne, eine Lösung gefunden. Die Fahrgäste erhalten über den Fehlbetrag eine Quittung, die sie später beim Verkehrsbetrieb einlösen können. Das nehme aber kaum jemand wahr, „die meisten steigen wieder aus und gehen wechseln“.

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