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Siegburger KleingartenSchmerzlicher Ausverkauf – Pächter müssen Anlage räumen

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Siegburg – 15 Jahre war der Garten zwischen Umspannwerk und Bahnlinie eine Freude für Eva Blumenstein.

„Wir hatten eine schöne Zeit“, erinnert sie sich an die Jahre mit der Familie, mit den Enkelkindern. Doch als sie sich am Samstag auf den Weg von Niederpleis nach Siegburg machte, „da war das wie zu einer Beerdigung.“ Denn zum Flohmarkt fuhr die 70-Jährige, wie alle anderen Pächter der Parzellen muss auch sie den Garten bis zum 31. März des kommenden Jahres geräumt haben.

„Mein Herz tut weh“, gab Eva Blumenstein zu; die gelernte Feinmechanikerin hatte viel Arbeit auch in das Haus gesteckt. „Die Fenster haben wir erst vor drei Jahren neu eingesetzt“, nun trennt sie sich nicht nur von Gartengerät, sondern auch von Ruhesesseln, Geschirr und Küchenutensilien. Für zehn Euro wechselt der Spindelmäher den Besitzer. Johannisbeersträucher haben Besucher des Flohmarkts ausgegraben, Himbeerruten günstig erstanden. Eva Blumenstein hat dafür keine Verwendung mehr. „Mit 70 ist Schluss“, einen neuen Garten werde sie nicht mehr suchen.

„Es war die Idee der Gärtner selbst“, berichtet der Vereinsvorsitzende Andreas Gosemann über das Zustandekommen des Flohmarkts; „so wie ich das übersehen kann, sind fast alle dabei“. Eine neue Parzelle haben bislang fünf der Vereinsfreunde: Vier davon in der zweiten Vereinsanlage Rossbonnen unweit des Obi-Marktes. Seit der Ankündigung, dass die Anlage weichen muss, hatte die Vereinsspitze Parzellen für „Vertriebene“ zurückgehalten.

Otto Bayer hat sich nicht beworben. 36 Jahre war er als Mitglied des Kleingärtner-Vereins Siegburg hier auf der Anlage, „ich bin mittlerweile 68 Jahre und habe jetzt kein großes Interesse mehr“. „Soll ich weinen?“ antwortet er auf die Frage nach seinen Gefühlen an diesem Vormittag.

„Für mich ist es der zweite Umzug“, vor vier Jahren schon musste er innerhalb der Anlage wechseln, 250 Quadratmeter hat er zuletzt bewirtschaftet. „Dafür möchte ich gar nix haben“, zeigt er auf Hacken, Schaufeln und Spaten. „Und ansonsten habe ich den 30-Euro-Tag“: Ob Stromaggregat oder Bierzeltgarnitur – der Einheitspreis gilt. Immerhin wird er sein Gartenhaus noch ab und an besuchen können. Gartenfreund Wido Schneider wird es abbauen und im Rossbonnen an der Isaac-Bürger-Straße wieder aufstellen. „Dann kommt es in gute Hände“.

Bei Monika Kluge schraubt derweil ein Kunde die kleine Solaranlage vom Dach, mit 77 Jahren wird auch sie nicht anderswo weitergärtnern. „Immer ohne Gift“ hat die Mendenerin hier gewirtschaftet, auch als vor acht Jahren ihr Mann starb. „Jetzt bin ich zu alt für einen neuen Garten.“

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