Statistik zu KrankmeldungenPsychische Probleme nehmen in der Region Rhein-Sieg zu

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Psychische Erkrankungen nehmen zu (Symbolbild). 

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn – Die meisten Arbeitnehmer, die im Jahr 2020 im Rhein-Sieg-Kreis und in Bonn krankgeschrieben wurden, „hatten Rücken“ oder ähnliche Beschwerden. 30,7 Prozent der Beschäftigten fielen wegen „Muskel- und Skeletterkrankungen“ aus. Das geht aus einer Statistik zur Arbeitsunfähigkeit (AU) hervor, die die Krankenkasse AOK erhoben hat. Die genannte Diagnose zieht sich als Hauptgrund für die Ausstellung des gelben Krankenscheins durch alle Branchen.

Das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) der AOK Rheinland-Hamburg hat sich die Krankmeldungen von 70 500 Beschäftigten im Wirtschaftsraum Bonn/Rhein-Sieg aus dem Jahr 2020 angeschaut, die bei der AOK versichert sind. 

Längere Ausfallzeiten

Erstaunlicherweise kommt Corona in der Statistik nur einmal vor: Covid 19 war bei 4,3 Prozent der im Sozialwesen Beschäftigten der Grund, nicht zur Arbeit zu gehen. Ansonsten kann man Corona im ersten Jahr der Pandemie allenfalls unten den „akuten Infektionen der oberen Atemwege“ einordnen. BGF-Teamleiterin Merit Kirch hat bei Durchsicht der Daten herausgefiltert, dass es 2019 zwar mehr Krankschreibungen gab als im Jahr danach, dafür war aber 2020 die Ausfallzeit länger. Ihre Folgerung: Aus Angst vor Corona-Ansteckungen suchten 2020 weniger Patienten eine Arztpraxis auf, wenn sie es aber doch taten, verordnete ihnen der Doktor eine längere Auszeit, nämlich durchschnittlich 13,2 Tage (2019: 11,4 Tage).

Auch das könnte ein Hinweis auf die Folgen der Pandemie sein: 2020 gab es weniger Verkehrs- und Sportunfälle und damit weniger Ausfalltage, weil viele Arbeitnehmende im Homeoffice ihr Geld verdienten und gesperrte Turnhallen ohnehin nicht nutzen konnten.

Burn-Out auf Platz 5

Ein Blick in ausgewählte Diagnosegruppen zeigt, dass 10,4 Prozent der Beschäftigten wegen psychischer Störungen nicht bei der Arbeit antreten konnten. Legt man hier den Fokus auf den Dienstleistungssektor, in dem im Rhein-Sieg-Kreis 68,6 Prozent und in Bonn 82,5 Prozent der AOK-Mitglieder tätig sind, scheint er besonders anfällig für psychische Erkrankungen zu sein. Burn-out-Symptome stehen mit 4,3 Fällen auf 100 Versicherte auf Platz 5 unter den zehn häufigsten Diagnosen, noch vor Kopf- oder Bauchschmerzen. Bei den Krankheitstagen rangieren die Ursachen Depressionen, sogenannte „Reaktionen auf schwere Belastungen“ und Angststörungen ganz oben.

Dienstleister und Mitarbeiter im produzierenden Gewerbe lagen bei der Zahl der Krankmeldungen fast gleichauf, aber mit unterschiedliche Diagnosen. Im Dienstleistungssektor klagten viele über Bauch- und Beckenschmerzen, in der Industrie taten häufiger der Rücken und der Magen weh. Wegen Problemen an Bandscheiben und Knien suchten viele Angestellte aus der Gastronomie den Arzt auf. Bei Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft vermerkte die Kasse die wenigsten Fehlzeiten.

Firmen zur Gesundheitsfürsorge geraten

Hubertus Hille, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, riet den Firmen in der Pressekonferenz nachdrücklich zur Gesundheitsfürsorge; sie trage dazu bei, dringend benötigte Fachkräfte leistungsfähig zu halten. AOK-Regionaldirektor Helmut Schneider empfahl Unternehmern zur Vorbeugung von Krankheiten ein betriebliches Gesundheitsmanagement und bot dafür die Hilfe der Kasse an. Sie hat etwa eine „digitale Energietankstelle“ im Programm, das ist ein Online-Yogakurs.

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