Anlaufstelle QErster schwul-lesbischen Jugendtreff im Kreis kurz vor Eröffnung

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Vorsichtig geschätzt gibt es 5000 junge Menschen im Kreis, die lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell sind.

Vorsichtig geschätzt gibt es 5000 junge Menschen im Kreis, die lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell sind.

Troisdorf – Der erste schwul-lesbische Jugendtreff im Rhein-Sieg-Kreis steht kurz vor der Eröffnung. Die Gesundheitsberatung und die Aids-Hilfe als Träger der freien Jugendhilfe haben ab 1. Oktober Räume der katholischen Kirche an der Verbindung zwischen Hippolytusstraße und Pfarrer-Kenntemich-Platz, neben der Aids-Hilfe, angemietet. Einen Kicker gibt es schon, gespendet von den Jusos.

Und einen vorläufigen Namen hat Martin Dohmstreich, Sprecher des Trägers, bereits gefunden. „Q“ ist der Arbeitstitel, das steht für queer, ein englischer umgangssprachlicher Begriff für schwul oder lesbisch und andere, die sich nicht als heterosexuell sehen. Ein beleuchtetes „Q“ ist das vorläufige Logo für den 81 Quadratmeter großen Treffpunkt, der derzeit noch recht kahl aussieht.

Förderzusage des LVR

Denn es fehlen noch Tische, Stühle, Sofas, Sessel und andere Einrichtungsgegenstände, um die beiden Gruppenräume gemütlich auszustatten. Der Landschaftsverband Rheinland hat eine Förderzusage für das Pilotprojekt für ein Jahr gegeben, eine Verlängerung um ein weiteres Jahr ist möglich. Mit einem Etat von 3750 Euro für die Erstausstattung ist aber nicht viel zu holen. Deshalb suchen die Macher Sponsoren, die Jusos haben zu Sachspenden aufgerufen.

Vorreiter

Das „anyway“ an der Kamekestraße nahe dem Friesenplatz in Köln ist das erste queere Jugendzentrum Europas. Es richtet sich insbesondere an schwule, lesbische, bisexuelle und Trans- Jugendliche. Eröffnet wurde es 1998.

Das „GAP“ ist ein Jugendtreff an der Oberen Wilhelmstraße in Bonn-Beuel. Seit 2013 ist es ein Ort für alle Menschen, „die sich unter dem Regenbogen zu Hause fühlen“. Wie beim „anyway“ holen Mitarbeiter neue Besucher auch an deren Wunschorten ab. (rvg)

Angefangen hatte es alles mit einer Podiumsdiskussion, die die Jusos Rhein-Sieg in Kooperation mit der SPD-Kreistagsfraktion im Oktober 2015 in der Hennefer Meys Fabrik veranstaltet hatten. Unter anderem waren die Aids-Hilfe, die NRW-Fachberatung „gerne.anders“ und Mitarbeiter des „GAP“, des schwul-lesbischen Jugendzentrums aus Bonn, dabei. Aus dem Kreis der Organisatoren und Gäste, darunter die Grüne Jugend, bildete sich eine Arbeitsgruppe, die gezielt auf einen Jugendtreff hinarbeitete.

Geld wurde nicht ausgezahlt

Am 6. Dezember 2016 wurde ein Förderantrag im Jugendhilfeausschuss des Kreises diskutiert. Zwar kam dabei keine Förderung heraus, aber immerhin ein Sperrvermerk im Kreishaushalt über 11 000 Euro jährlich, um ein Konzept zu entwickeln. Ausgezahlt wurde das Geld aber nicht. „Es gibt im Kreis bisher überhaupt keine Struktur“, sagt Mario Dahm, Kreisvorsitzender der Jusos, einer der Wegbereiter. Dabei ist der Bedarf unbestritten. Dohmstreich nennt Zahlen: „Von den 600 000 Einwohnern im Rhein-Sieg-Kreis sind 65 000 junge Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren. Etwa fünf bis zehn Prozent davon sind homosexuell.“

Dahm schätzt vorsichtig, dass rund 5000 junge Menschen im Kreis schwul oder lesbisch sind oder in anderer Weise von der heteronormativen Form abweichen. Für sie gibt es aber keinen Treffpunkt, gerade für jene, die gerade ihr Coming-out hatten. Dafür wäre ein fester Ort eine wichtige Hilfe. „Im Kontext von Familie, Schule oder anderen Bildungsträgern gibt es Diskriminierung. Wir haben noch keine Gleichberechtigung“, betont Dohmstreich. In anderen Jugendzentren taucht Anderssein nicht auf.

Sicher ist, dass es Jugendliche aus dem Kreis gibt, die einen solchen Treff suchen. Die Mitarbeiter des Bonner „GAP“ berichten, so Dahm, dass immer wieder junge Menschen von der Sieg zu Besuch seien. Ab Mitte Oktober ist am Mittwoch von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Mit dem „Hotti“, Kinder- und Jugendtreff in Sankt Augustin, ist eine Kooperation abgesprochen, Honorarkräfte werden mit Jugendlichen ein Angebot aufbauen. Auch mit dem benachbarten Bauhaus sind Absprachen getroffen worden. Bis 2023 sind die Räume angemietet, jetzt müssen die Macher die richtige Form finden, um die Jugendlichen anzusprechen.

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