Prozess am LandgerichtBrüderpaar wollte in Troisdorf einen Millionär entführen

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Die Angeklagten vor dem  Landgericht.

Bonn/Troisdorf – Mit einem Schlag wollten die Brüder aus ihrem finanziellen Schlamassel raus - und planten „das ganz große Ding“: Den millionenschweren Unternehmer eines Spielhallen- und Sportwetten-Imperiums aus Troisdorf wollten sie kidnappen und dessen Familie erpressen.

Für ihren kriminellen Plan kauften sie einen VW Passat, klebten mit Panzertape schwarze Müllbeutel vor die Fenster, klauten Autokennzeichen und besorgten sich Kabelbinder, Handschuhe und eine Schreckschusspistole. Am Abend des 3. Februar 2021 gegen 18 Uhr fuhren sie schließlich vor die Villa des Millionärs und warteten.

Prozessauftakt gegen zwei Brüder am Landgericht Bonn: Der taffe Millionär wehrte sich

Als der 55-Jährige gegen 20 Uhr erschien, starteten sie den Motor, sprangen vermummt aus dem Auto und versuchten ihn in den Passat zu zerren. Die Sache jedoch ging gründlich schief: Der taffe Millionär wehrte sich erfolgreich, auch kamen Nachbarn zu Hilfe und die beiden Täter flüchteten zu Fuß in ein angrenzendes Waldstück.

Das Fluchtauto ließen sie mit laufendem Motor am Tatort stehen. Vor dem Bonner Landgericht müssen sich seit gestern die beiden Brüder – 30 und 29 Jahre alt – aus Troisdorf wegen versuchten erpresserischen Menschenraubes verantworten.

Die beiden Angeklagten hatten bei dem Opfer extrem hohe Spielschulden 

Die beiden Angeklagten mit türkischen Wurzeln gestanden gleich zum Prozessauftakt die geplante Entführung eines „sehr vermögenden reichen Mannes“, da sie beide extrem hohe Spielschulden hatten.

Der ältere Angeklagte jedoch erklärte, dass er bei der eigentlichen Tat nicht dabei war: Wenige Stunden vor der Entführung habe er „ein extrem mulmiges Gefühl und extrem kalte Füße bekommen“ und habe seine Beteiligung abgesagt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Nicht zuletzt wohl auch, weil die Entführung dilettantisch vorbereitet gewesen sei: Unter anderem hatte die Anmietung eines Containers in Köln, in dem das Opfer versteckt und festgehalten werden sollte, nicht geklappt, wie der 30-Jährige einräumte.

Das Verfahren gegen einen möglichen dritten Täter wurde mangels Beweisen eingestellt

Seinen Part in der kriminellen Nummer sollte nunmehr ein Arbeitskollege der Brüder übernehmen. Wie der jüngere Angeklagte berichtete, hätten sie diesen einen Tag vor der geplanten Entführung gefragt, ob er mitmache, und der sei einverstanden gewesen.

Gegen den angeblich dritten Mittäter hatte die Staatsanwaltschaft nach dem misslungenen Coup ebenfalls ermittelt, aber, so Alexander Klingberg, Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage, das Verfahren gegen den 34-Jährigen wurde „bei Anklageerhebung gegen das Brüderduo mangels Beweise eingestellt.

Im Prozess gegen das Brüderpaar soll er als Zeuge gehört werden. Bei ihren schlecht vorbereiteten Aussagen wirkten beide Angeklagten – offenbar nicht die hellsten Straftäter – fahrig und fast hilflos. Immer wieder verstrickten sie sich – zum Unwillen der Kammer – in Widersprüche.

Die Angeklagten müssen mit einer Strafe von zwei bis elf Jahren Haft rechnen

Unter anderem verplapperte sich der Jüngere, dass das erhoffte Lösegeld – 100 000 Euro hatten sie sich vorgestellt – durch drei geteilt werden sollte. „Ein Drittel auch an den ausgestiegenen Bruder?“, so die Rückfrage der verwunderten Richter. Darauf gab es keine Antwort mehr.

Zurück blieb der Eindruck, dass der ältere Bruder, bereits wegen Diebstahls vorbestraft, aus der strafrechtlichen Schusslinie genommen werden sollte. Denn die Angeklagten müssen – trotz des misslungenen Versuchs – mit einer Strafe von zwei bis elf Jahren Haft rechnen.

Rundschau abonnieren