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Snacks oder FrikandelTroisdorfer Firma modifiziert Verkaufsautomaten auf Kundenwunsch

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LED-Beleuchtung zählt zu den Extras, mit denen Hakim Bellas Mitarbeiter die Verkaufsautomaten ausstatten. 

  • Die ist ein Archiv-Artikel vom 25.03.2022.

Troisdorf – Aus dem Urlaub im Ausland kennt man sie: Automaten, die Hungrigen rund um die Uhr eine frisch gebackene Pizza kredenzen, auf Knopfdruck Pommes frittieren oder in den Niederlanden die berühmte Frikandel auswerfen. „Solche Automaten können wir auch liefern“, sagt Hakim Bella. Der Niederkasseler ist Chef der Firma Vendcom, die von diversen Herstellern Warenverkaufsautomaten bezieht, um diese nach den Bedürfnissen der Aufsteller auszustatten.

Metzgereien und Hofläden, Industriebetriebe, die Hotellerie und Fitnessstudios zählen zu den Abnehmern, aber auch Betreiber von Autowaschanlagen. Während die einen ihre Automaten mit Fleisch, Wurst, Eiern, Obst und Gemüse, Snacks und Getränken bestücken, fallen bei den Waschanlagen zum Beispiel Cockpitspray und Felgenreiniger ins Entnahmefach.

Im Selbstversuch kauften Reporter dieser Zeitung unlängst an einem Sonntag Lebensmittel an Automaten ein und mussten etliche Kilometer fahren, um etwa Eier und Dosenkost zu ziehen. „Deutschland ist ein absolutes Entwicklungsland“, erklärt Bella. Andere Länder wie Italien, Frankreich, Spanien oder die USA und sowieso die Japaner seien den Deutschen in Sachen Vending – dem Verkauf von Lebensmitteln via Automat – weit voraus.

Ersatz für Tante-Emma-Läden auf dem Land

Aber es gehe stetig aufwärts. Potenzial sieht Bella unter anderem im ländlichen Raum. In Dörfern, wo es kaum noch ein Geschäft gebe, könne der Automat die Nahversorgung übernehmen. So geschehen im Eifelort Leisel, wo die Gemeinde ein von Vendcom eingerichtetes Gerät auf dem Marktplatz aufgestellt habe.

Zuletzt bescherte die Corona-Pandemie – Stichwort: kontaktloses Einkaufen – der Branche einen Boom. „2021 hatten wir doppelt so viel Umsatz gemacht wie im Jahr davor“, berichtet Hakim Bella.

Und im Dezember habe ein Sattelschlepper wieder mehr als 20 Automaten gebracht. Am Vendcom-Standort an der Troisdorfer Steinackerstraße bekommen die Geräte von der Größe eines schmalen Kleiderschranks in zwei Hallen ihren speziellen Schliff. Spiralen, Schieber oder Bänder werden installiert, die die Waren nach vorn befördern, wenn der Kunde mit Münzen, Geldscheinen oder Karte bezahlt hat.

Zur „Veredelung“ der Grundmodelle gehört etwa eine schicke LED-Beleuchtung. Automaten mit Outdoor-Zertifikat erhalten ein von Vendcom selbst entwickeltes Regenschutzdach und UV-Schutzfolien. Aufgerüstet wird vor allem auch in puncto Sicherheit.

Christian Lüppen (40), Technischer Leiter der Firma, verweist auf drei Millimeter dicke Edelstahlrahmen aus einem Guss, bruchsichere Scheiben und Schlossabdeckungen, die es Dieben schwer machten, an Geld oder Ware zu kommen. „Bei unseren Automaten beißen die sich meistens die Zähne aus“, sagt Hakim Bella.

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Automaten in Deutschland

In Deutschland sind nach Schätzungen rund 580.000 Getränke- und Verpflegungsautomaten im Betrieb. Laut Internetseite des Bundesverbandes der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft machen Heißgetränke-Automaten 62 Prozent des Bestandes aus. 22 Prozent seien mit Kaltgetränken befüllt, 15 Prozent mit „Snacks und Food“. Der Gesamtumsatz aus dem Verkauf von Getränken und Snacks aus Vending-Automaten in Deutschland belaufe sich auf 2,97 Milliarden Euro.

Wurzeln in Köln

Die Geschichte deutscher Verkaufsautomaten hat ihre Wurzeln in Köln. Vorreiter war dort der Schokoladenfabrikant Ludwig Stollwerck, der schon 1887 Automaten für den Vertrieb seiner Produkte einsetzte. Eine neue Entwicklung sind „Micro-Markets“ etwa in großen Bürogebäuden: vollautomatische Mini-Supermärkte, in denen sich die Beschäftigten mit Lebensmitteln für den Verzehr im Büro oder zu Hause eindecken können. (kh)

Der Firmengründer, der zunächst als Restaurantfachmann und Hotelbetriebswirt und danach 20 Jahre lang als Brauereivertreter gearbeitet hat, ist seit 2009 in den Automatenbranche unterwegs. Nach sechs Jahren als Regionalverkaufsleiter eines Automatenbauers machte er sich im März 2015 selbstständig und beschäftigt heute zehn Mitarbeiter. Darunter sind die Söhne Adrian (23) und Gordon (19); der Ältere hat eine Ausbildung zum Automatenfachmann absolviert, der Jüngere ist dabei.

Eine Motivation, selbst Automaten zu modifizieren, sei für ihn gewesen, auf spezielle Kundenwünsche nicht mehr mit „nein, das geht nicht“ reagieren zu müssen, sagt Bella.

Stolz ist der 60-Jährige zum Beispiel darauf, dass er Kühlautomaten anbieten könne, die Frischware nicht nur auf die übliche Temperatur von vier Grad, sondern auch auf die insbesondere von Metzgern verlangten zwei Grad herunterkühlten – ohne die Gefahr des Einfrierens.

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Zur Unternehmensphilosophie gehört außerdem, störungsarme Geräte mit langer Lebensdauer und hoher Praktikabilität zu liefern. So seien keine Wartungsverträge nötig, sagt Bella. Und wenn sich ein Kunde mit Problemen melde, könne man den Support in mehr als 90 Prozent der Fälle in wenigen Minuten am Telefon leisten. Ein Automat von hoher Qualität hat freilich seinen Preis. „Es geht bei uns so ab 6000 Euro los“, erklärt Bella. Modelle mit allem drum und dran könnten bis zu 17.000 Euro kosten.

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