Stadt verweigert Schadenersatz80-Jährige stürzt in Troisdorf über Stolperfalle

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Schwere Verletzungen zog sich Renate Wiemer zu, als sie wegen eines Lochs in einem Baumschutzrost stürzte (im Foto durch die linke Warnbake verdeckt). 

Troisdorf – Mit nichts Bösem rechnet Renate Wiemer, als sie am 9. Juni in der Fußgängerzone mit einer Freundin einen Kaffee trinken will. Doch es kommt anders. Die 80-Jährige parkt den Wagen auf einem Behindertenparkplatz an der Schloßstraße, ihr Ehemann Horst (82), seit einem Schlaganfall stark gehbehindert, steigt schon einmal aus und geht langsam vor.

Doch als sie über das gusseiserne Rost einer Baumscheibe zu ihm aufschließen will, stürzt sie der Länge nach. Schmerzhaft prellt sie sich Gesicht sowie Knie und Oberkörper, die teure Brille mit den Gleitsichtgläsern ist hin. Zeugen helfen ihr auf den Sitz ihres Autos, dann bringt ein Krankenwagen sie zur Untersuchung ins Hospital. Gebrochen ist zum Glück nichts, unter Schmerzen leidet sie bis heute.

Seniorin fordert Schadenersatz für ihre Brille

Was war geschehen? Die Seniorin geriet mit dem Fuß in ein Loch im Gusseisen des Rosts und stürzte, an insgesamt drei Stellen waren die Metallrippen der Konstruktion gebrochen und nach unten gedrückt. Noch heute ärgert sie sich nicht nur über die Stolperfalle, sondern vor allem über das Verhalten der Stadt Troisdorf und deren Kommunalversicherung, über die sie Schadenersatz für die zerstörte Brille im Wert von rund 1000 Euro geltend machen wollte: „Nach vielem Hin und Her wurde mir gesagt, ich hätte dort nicht herzugehen brauchen, es sei mein eigenes Versagen.“

Die Pressestelle der Stadt folgt dieser Argumentation. „Ja, das Baumschutzrost gehört nicht zum Gehbereich – somit besteht auch keine Verkehrssicherungspflicht“, teilt die Leiterin der Pressestelle, Bettina Plugge, auf Anfrage mit. Noch bei der letzten Kontrolle der Baumscheibe am 7. Juni sei der Schaden nicht aufgefallen. „Es tut uns natürlich sehr leid, dass Frau Wiemer unglücklich gestürzt ist und sich verletzt hat. Nach Prüfung ist aber nicht davon auszugehen, dass die Stadt eine Entschädigung leisten wird.“ Einen Ortstermin mit der Versicherung habe es nicht gegeben, das sei als nicht notwendig angesehen worden.

Warnbaken an dem Baumrost an der Schloßstraße aufgestellt

Renate Wiemer lässt das nicht gelten. Überall in der Stadt gebe es vergleichbare Roste, oft würden Fahrräder darauf gestellt oder Stühle und Tische von Cafés. Seit ihrem Unfall achte sie darauf: „Da laufen ständig Leute drüber.“ Wenn das nicht erlaubt sei, müsse es auch eine Warnbeschilderung geben.

An der Schloßstraße sorgte die Stadt nach dem Vorfall für mehr Sicherheit und stellte Warnbaken auf. „Im Wissen, dass gerade durch dieses Baumrost ein Unfall hervorgerufen worden ist, wurde zwangsläufig die Absperrung der Unfallstelle vorgenommen“, sagt Bettina Plugge. Eine Instandsetzung sei in die Wege geleitet. Warum das Rost nicht zum Betreten geeignet sein soll, erschließt sich vor Ort nicht: Es liegt in einer Flucht mit dem Gehweg und einem großen Hinweisschild für die Fußgängerzone. Zudem schließt es bündig mit dem Gehwegpflaster ab.

Hersteller der Baumscheiben weist Darstellung der Stadt zurück

Der Hersteller, die Aco-Gruppe im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf, weist die Darstellung von Versicherung und Stadt zurück. „Das ist sachlich nicht korrekt“, sagt der zuständige Geschäftsfeldleiter Wolfgang Huschenhöfer, „die Roste sind natürlich begeh- und befahrbar“. Stolpern könne allenfalls eine Frau, die Schuhe mit Pfennigabsätzen trage und in einem der Durchlassschlitze stecken bleibe.

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„Die Roste gehen auch nicht einfach kaputt, dazu ist eine massive Gewalteinwirkung nötig.“ Immerhin sei die Konstruktion für eine Krafteinwirkung von 50 Kilonewton ausgelegt, das entspreche bei einem Nutzfahrzeug einer einzelnen Radlast von fünf Tonnen. Vorstellen könne er sich allenfalls, dass das Rost durch den Stützstempel eines Krans oder eines Feuerwehrfahrzeugs eingedrückt worden sei, ohne den nötigen Unterbau aus Holzbalken. Auch Materialermüdung schließt Huschenhöfer aus.

Renate Wiemers Fazit jedenfalls fällt enttäuscht und verbittert aus. Jahrelang habe sie sich für ihre Heimatstadt Troisdorf engagiert, als Wahlhelferin und als aktives Mitglied des Städtepartnerschaftsvereins. „Aber die Stadt tut für mich nichts.“ 

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