SEK-Einsatz und RazziaPolizei beschlagnahmt Beweise nach Hochzeitskorso auf A3

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20190325 Autos blockieren A3 AK Ratingen Ost

Mehrere Personen haben am Freitagnachmittag bei Ratingen mit Luxusautos die Fahrbahn in Richtung Köln der A3 blockiert.

Düsseldorf – Als Polizisten am 22. März auf der A3 eine Hochzeitsgesellschaft kontrollieren, die für ein Fotoshooting die Fahrbahn blockiert, geben sich die Beteiligten gelassen. Die Beamten müssten sich keine Sorgen machen, geben sie laut Polizeibericht zu Protokoll, man „kenne einen guten Anwalt“.

Genützt hat es offenbar wenig: Am Freitagmorgen stürmt die Polizei mit einem Spezialeinsatzkommando sieben Wohnungen von acht Verdächtigen im Raum Wesel. Die Ermittler beschlagnahmen Handys, Speichermedien und Computer. Die Fotos und Filme, die bei dem Vorfall auf der A3 bei Ratingen gemacht wurden, dürften damit nun im Besitz der Ermittlungskommission (EK) „Donut“ sein.

Waffen bei Verdächtigen vermutet

Nach Angaben der Ermittler wurden Wohnungen in Kamp-Lintfort, Moers, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg durchsucht. In einem Fall hatte die Polizei Hinweise, dass der Bewohner im Besitz einer Waffe sein könnte - daher rückte dort das SEK mit an.

Praktisch alle Verdächtigen sollen polizeibekannt sein, unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffengesetz, Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie wegen Gewaltdelikten. Bei den Durchsuchungen seien auch Marihuana und „illegale Medikamente“ gefunden worden. Laut Polizei handelt es sich um Präparate mit Testosteron.

Man könnte meinen, davon hätten die Beteiligten am 22. März genug im Blut gehabt, als sie gegen 17 Uhr mit drei geliehenen Luxuswagen alle drei Spuren der Autobahn 3 Richtung Köln blockierten. Eine Zivilstreife wurde zufällig Zeuge, wie ein Mercedes-Benz E 350, ein Audi R8 und ein Porsche 911 zunächst mit Warnblinkanlage den Verkehr ausbremsten.

Polizisten glaubten erst an Unfall statt Blockade

Die Polizisten glaubten erst an einen Unfall. Doch dann sahen die Beamten, wie ein Ford Mustang vor der Sperre kreisrunde Beschleunigungsspuren („Donuts“) zog und der Beifahrer alles filmte. „Auf dem Pkw Audi R8 war auffälliger Blumenschmuck angebracht.

Die Blumendekorationen auf und an den Fahrzeugen, die Äußerungen und Kleidung der Beteiligten sprachen dafür, dass es sich um eine Hochzeitsgesellschaft handelte“, notierte das NRW-Innenministerium später in einem Bericht. Die Nationalitäten der Verdächtigen laut Ministerium: Türkisch, deutsch-marokkanisch, marokkanisch, deutsch-polnisch, deutsch-kosovarisch und tunesisch.

Aufkommendes Phänomen in NRW

Ob Zufall oder verstärkte Wahrnehmung des Phänomens - plötzlich tauchten in ganz NRW vor allem türkische Hochzeitsgesellschaften auf, die Straßen blockierten, in die Luft schossen oder - wie in Köln - mit 50 Autos in zweiter Reihe parkten. Innenminister Herbert Reul (CDU) machte die Unsitte zur Chefsache und ließ ein Lagebild erstellen.

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Ergebnis: Zwischen dem 1. April und Mitte Mai rückte die Polizei 122 Mal wegen eskalierter Hochzeitsfeiern aus. „Autobahnen und Innenstädte sind keine privaten Festsäle“, warnte Reul im April. Nach den Razzien am Freitag legte er nach: „Jeder, der meint, er könne auf Autobahnen und in Innenstädten machen, was er will, muss damit rechnen, dass er unter Umständen auch von Polizeibeamten aus dem Bett geholt wird.“

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, Michael Mertens, sagte am Freitag: „Wir begrüßen, dass der Rechtsstaat alle Mittel ausschöpft, um in diesem Fall Beweismittel zu sichern. Dass ein SEK beteiligt war, spricht für das Gefährdungspotenzial der Verdächtigen und sagtauch einiges über sie aus.“

Die EK „Donut“ wertet nun die gefundenen Beweismittel aus. Die Ermittler hoffen, aus den Fotos und Videos zu erkennen, wer was auf der Autobahn gemacht hat. So könnte sich die Zahl der Verdächtigen auch noch erhöhen. Viel Arbeit für die Anwälte. (dpa)

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