Skandal um Terrakotta-Krieger in Hamburg

Lesezeit 3 Minuten
Echt oder unecht, das ist jetzt die Frage.

Echt oder unecht, das ist jetzt die Frage.

Peking/Hamburg - Hamburg hat einen Museumsskandal: Die Terrakotta-Soldaten der weltberühmten Armee des ersten chinesischen Kaisers (259 bis 210 v. Chr.), die seit Ende November im Völkerkundemuseum zu sehen sind, sind wahrscheinlich gefälscht. Die zuständigen Behörden in Peking und Xi'an berichteten, weder eine Ausstellung in Hamburg noch eine Ausfuhr der 2200 Jahre alten Tonkrieger nach Deutschland genehmigt zu haben, obwohl dies vorgeschrieben wäre. Das staatliche Amt für die Verwaltung von Kulturgütern in Peking schloss daraus, dass es sich bei den Exponaten um illegale Kopien handeln müsse: «Hier scheint es ein Problem mit dem Schutz von Urheberrechten zu geben.»

«Wir haben gegenwärtig keine Ausstellung mit Terrakotta-Soldaten in Deutschland», sagte der Sprecher. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Provinzamtes für Kulturgüter in der alten Kaiserstadt Xi'an, wo die lebensgroßen Figuren herkommen. In Europa sei einzig eine Ausstellung in London genehmigt. «Wir haben keine Ausstellung in Deutschland. Wenn es eine gäbe, müssten wir davon wissen, weil sie von uns hätte genehmigt werden müssen.» Die Behörde wisse immer genau, wo die Tonsoldaten in der Welt seien.

Genau das hatte vor einer Woche der Kulturmanager Roland Freyer, der 2005 in Markkleeberg bei Leipzig eine Ausstellung mit den Tonkriegern organisiert hatte, behauptet und damit den Stein ins Rollen gebracht. Freyer liegt allerdings seit Jahren mit dem Leipziger Center of Chinese Arts and Culture (CCAC) im Streit, das die Schau in Hamburg konzipiert hat. Wechselseitige Strafanzeigen führten zu Ermittlungsverfahren, die nach Angaben der Leipziger Staatsanwaltschaft jedoch alle eingestellt wurden. Das Völkerkundemuseum wollte Freyer zunächst nicht glauben, weil er eine Ersatzausstellung mit antiken Uhren anbot.

Die Frage stellt sich jedoch, warum sich das Museum überhaupt auf die dubiosen Ausstellungsmacher aus Leipzig eingelassen hat. Waren die Vorgänge dem Museum unbekannt? Und warum hat man sich nicht direkt mit den Chinesen in Verbindung gesetzt? So hat es nämlich das Britische Museum in London gemacht, wo seit dem 13. September 20 original Terrakotta-Krieger zu bewundern sind. Zumindest hätten sich die Hamburger Museumsleute bei den Chinesen rückversichern und sich gültige Zollpapiere vorlegen lassen müssen. Aber selbst das war nicht der Fall. Erst nach Bekanntwerden der Vorwürfe beurteilte Museums-Direktor Wulf Köpke die Unterlagen als «unübersichtlich».

Dabei hatte die Ausstellung schon im Vorfeld zu diplomatischen Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und China geführt. Weil die Exponate nicht rechtzeitig zum Eröffnungstermin eintrafen, musste die Schau um sechs Wochen verschoben werden. Gerüchte, die Chinesen seien gekränkt wegen des Empfangs des Dalai Lama durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), machten die Runde. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust und der chinesische Generalkonsul Ma Jinsheng wurden eingeschaltet.

Seit der verspäteten Eröffnung am 26. November haben immerhin 10 000 Besucher die Ausstellung gesehen. Jetzt ermittelt das Landeskriminalamt. «Sollten sich Besucher getäuscht fühlen, bekommen sie ihr Geld zurück», sagte Geschäftsführer Thorsten Pück. «Ab morgen werden wir ein Hinweisschild aufstellen, dass es sich eventuell um Kopien handelt. Dann kann jeder Besucher selbst entscheiden, ob er die Schau sehen möchte oder nicht.» (dpa)

Rundschau abonnieren