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Analyse FC KölnVeh und Wehrle stoppen vorzeitige Entlassung von Beierlorzer

Lesezeit 4 Minuten
Beierlorzer dpa

Achim Beierlorzer, Trainer des 1. FC Köln.

Nur zwei Jahre nach den Zerwürfnissen mit dem Rücktritt von Geschäftsführer Jörg Schmadtke und der Entlassung von Trainer Peter Stöger sowie dem späteren Bundesligaabstieg droht dem 1. FC Köln personell schon wieder ein ähnliches Szenario.

Mehrheit soll für sofortige Entlassung gestimmt haben

Mit Trainer Achim Beierlorzer und dem spätestens nach Ablauf seines Vertrages zum Saisonende den Verein verlassenden Sportchef Armin Veh sind die gleichen Ämter betroffen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Weggang von Alexander Wehrle, dem zweiten Geschäftsführer, wie ein Damoklesschwert über allem hängt.

Diese Konstellation führte dazu, dass die am Montag vom Vorstand geplante Entlassung des Trainers nicht vollzogen wurde. Innerhalb des aus Präsident Dr. Werner Wolf sowie seinen Kollegen Eckhard Sauren und Dr. Jürgen Sieger bestehenden Gremiums soll es eine 2:1-Mehrheit für die sofortige Trainerentlassung gegeben haben.

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Veh sprach sich gegen Ultimatum für Beierlorzer aus

Nach intensiven Diskussionen der drei Vorstandsherren in einer Loge des Rheinenergie-Stadions wurden die übrigen Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses, der ein Trainerverhältnis beenden kann, informiert. Dabei handelt es sich um den Vorsitzenden des Mitgliederrates, Stefan Müller-Römer, seinen Stellvertreter, Carsten Wettich, sowie die Vorsitzendes des Aufsichtsrates, Jörn Stobbe, und des Beirates, Lionel Souque. Auch hier soll es eine Mehrheit für die sofortige Trennung von Achim Beierlorzer gegeben haben.

Als daraufhin Armin Veh als Geschäftsführer Sport beauftragt wurde, die Entlassung des zu seiner Familie nach Nürnberg verreisten Trainers durchzuführen, habe der sich dagegen ausgesprochen. Zuvor hatte der frühere Meistertrainer des VfB Stuttgart bereits erklärt, dass er Achim Beierlorzer kein Ultimatum stellen werde und ihn nicht aktionistisch rauswerfe.

Er werde dies erst tun, wenn ein schlechtes Auftreten der Mannschaft dies verlange. Nun hätte die Möglichkeit bestanden, dass der Gemeinsame Ausschuss mit einem Mehrheitsbeschluss sowohl Achim Beierlorzer als auch Armin Veh ihrer Ämter enthoben hätte. Doch dann soll sich dem Vernehmen nach auch Alexander Wehrle in die sich zuspitzende Debatte eingeschaltet haben.

Geschäftsführer Alexander Wehrle drohte mit Rücktritt

Der wegen seiner sehr erfolgreichen Arbeit rund um die sportlichen Aspekte und der guten wirtschaftlichen Situation des Clubs in der Bundesliga-Branche hoch angesehene Geschäftsführer soll sich auf die Seite von Armin Veh gestellt haben. Für den Fall, dass man sich mit sofortiger Wirkung vom Sportchef getrennt hätte, habe auch er gehen wollen, hieß es.

Diesen Kahlschlag konnte sich der Vorstand nicht leisten. Zudem hatte Dr. Werner Wolf schon einmal miterlebt, welche Auswirkungen die Entlassung eines Geschäftsführers haben kann. Nach dem Rücktritt des FC-Präsidiums um Wolfgang Overath hatte er als Verwaltungsrats-Chef im März 2012 die Trennung von Volker Finke als Sportchef mit herbeigeführt.

Frage der Nachfolge von Armin Veh drängt

Wenige Wochen später musste er auch Trainer Stale Solbakken in die Wüste schicken – der FC stieg dennoch ab. Nach diesem Tiefpunkt ging es in den folgenden Jahren Schritt für Schritt sportlich und wirtschaftlich bergauf. Der Gipfel war im Mai 2017 erklommen. Unter Peter Stöger qualifizierte sich die Mannschaft nach einem Vierteljahrhundert erstmals wieder für den Europapokal.

Was folgte, war ein nie für möglich gehaltener sportlicher Absturz in die Zweitklassigkeit. Nach dem sofortigen Wiederaufstieg war nun eine Regeneration in ruhiger Atmosphäre erhofft worden. Das Gegenteil ist der Fall. Neben der Trainerfrage drängt vor allem die Findung eines Nachfolgers für Armin Veh.

Horst Heldt, Dietmar Beiersdorfer und Christian Heidel im Gespräch

Der verlängerte seinen nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit auslaufenden Vertrag nicht, weil er sich zu sehr von Vereins-Gremien gegängelt fühlte. Eine Personalberatung übernahm die schwierige Suche nach dem neuen Mann. Das Problem: Nur wenige Bundesliga-erfahrene Manager sind derzeit ohne Arbeit.

Horst Heldt (49) ist einer von ihnen. Schon im November 2017, bevor Armin Veh installiert wurde, hatte man ihn verpflichten wollen. Doch stand er damals bei Hannover 96 unter Vertrag und erhielt keine Freigabe. Gehandelt wird auch Christian Heidel (56). Er war 24 Jahre lang für Mainz 05, dann knapp drei Jahre für Schalke 04 tätig. Im August erlitt er im Türkei-Urlaub einen Herzinfarkt.

Aus der Reha auf Mallorca meldete er sich vor zwei Wochen. Er fühle sich topfit, die Ärzte rieten ihm aber von einem Flug zu einer Ehrung in Mainz ab. Ebenfalls derzeit ohne Arbeit sind Dietmar Beiersdorfer (55), Ende 2016 beim Hamburger SV entlassen, und Jan Schindelmeiser, vor zwei Jahren vom VfB Stuttgart freigestellt.

Auch wenn das vorgenannte Quartett derzeit beschäftigungslos ist, wird man beim 1. FC Köln auf einen erfahrenen Sportchef setzen. Ein Experiment mit einem Branchen-Neuling darf man sich kaum erlauben. Und natürlich wäre es von Vorteil, sich schnell für den neuen Mann zu entscheiden, damit er bei der aufgeschobenen Trainerfrage mitentscheiden kann.

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