FC-Legende feiert 75.Wolfgang Weber – In der Rolle des tragischen Helden

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Wolfgang Weber

  • Wembley, Beinbruch, Münzwurf: FC-Legende Wolfgang Weber feiert 75. Geburtstag.
  • Wir wünschen von Herzen alles Gute und blicken zurück auf die Karriere.

Köln – Der Weg von Wolfgang Weber führt bei jedem Heimspiel in den Block 6 auf der Westtribüne. Dort hat die FC-Legende neben der Pressetribüne und mit Bernd Cullmann als Sitznachbarn seinen Stammplatz. 365 Mal hat der "Bulle" für die Geißböcke als Vorstopper in der Bundesliga die Knochen hingehalten. Sein filigraner Teamkollege Wolfgang Overath hat Weber diesen Spitznamen verpasst. Während der Ex-Präsident nur noch selten Gast im Rheinenergiestadion ist, verpasst Weber kein Spiel.

Der 1. FC Köln ist eine Herzensangelegenheit für den Mann, der am 26. Juni 1944 in Schlawe/Pommern geboren wurde und am Mittwoch seinen 75. Geburtstag feiert. "Mit einigen wenigen Leuten direkt am Rhein, in meiner Heimat Porz", berichtet der Jubilar.

Wer den Namen Wolfgang Weber hört, denkt sicher nicht an all die gegnerischen Stürmer, die er mit seiner durchaus rustikalen Spielweise entnervt hat. Weber ist vielmehr schicksalhaft mit dem WM-Finale von 1966 verbunden. Und er ist der Fußballer, der am 24. März 1965 beim legendären Münzwurf-Spiel im Rotterdamer De-Kuip-Stadion im Europapokal der Landesmeister 75 Minuten lang mit gebrochenem Wadenbein spielte.

Weber im Spiel

Im Zweikampf der Braunschweiger Schmidt (l) gegen Wolfgang Weber vom 1. FC Köln

„no goal, no goal“

Der in Porz lebende Weber ist ein bescheidener, aufrichtiger Mensch. Deshalb nimmt man ihm auch sofort ab, dass er schon im ersten Moment gesehen hat, dass das umstrittenste Tor der Fußballgeschichte von Geoff Hurst am 30. Juli 1966 in Wembley keines war. "Ich bin zum jubelnden Bobby Charlton gelaufen, habe ihm die Hände runtergerissen und gerufen: no goal, no goal", erinnert sich Weber. Der deutsche Verteidiger war erster und bester Augenzeuge, schließlich hatte er den Ball, nachdem er von der Unterkante der Latte ins Feld zurückgesprungen war, über die Latte des eigenen Tores geköpft. Webers Sicht zählte aber nicht. Deutschland verlor das Finale gegen England mit 2:4 nach Verlängerung, in die der Kölner sein Team mit dem Ausgleich zum 2:2 Sekunden vor Schluss gebracht hatte.

wembley

Unvergessene Momente: Im WM-Finale 1966 gegen England im Wembley-Stadion erzielte Wolfgang Weber (links liegend) Sekunden vor Schluss das 2:2 für das DFB-Team.

"Das emotionalste und wichtigste Spiel" seiner Karriere wirkt bis heute nach. Die Chance, Weltmeister zu werden, bekommt ein Fußballer nicht alle Tage. Er tröstet sich mit der Einstellung, die ihn zu einem großen Fußballer und Menschen hat werden lassen. "Wir sind erhobenen Hauptes rausgegangen. Wir haben die Entscheidung akzeptiert, waren fair und anständig. Ich glaube, das hat die Deutschen rund 20 Jahre nach dem Krieg in ein besseres Licht gerückt. Das hat einen Wert für mich."

Weber war 1950 mit seinen Eltern nach Porz übergesiedelt und verfiel dem Fußball, als Deutschland 1954 erstmals Weltmeister wurde. Er trat in die Sportvereinigung Porz ein und wurde dort 1961 von FC-Trainer "Tschik" Cajkovski entdeckt. 14 Jahre lang spielte er für den FC. Unvergessen bleibt sein Auftritt in Rotterdam. Nach zwei torlosen Remis brach sich Weber im Viertelfinal-Entscheidungsspiel gegen den FC Liverpool (2:2) in der 20. Minute nach einem Zusammenprall mit Gordon Milne das Wadenbein. In der Kabine gab es eine schmerzstillende Spritze, bevor FC-Mannschaftsarzt Dr. Peter Bohne Weber aufforderte, von der Massagebank zu springen. Er bestand den Test und hielt bis zum Wiederholungsmünzwurf durch. Wieder stand Weber nach großem Kampf gegen eine englische Mannschaft als Verlierer da, wieder war er der tragische Held: "Das sind schöne Geschichten, aber leider habe ich die Dinger ja alle verloren. Da muss man erst einmal drüber hinwegkommen", sagt er.

Womöglich geht heute auch deshalb sein erster, fragender Blick nach umstrittenen Szenen bei FC-Heimspielen aus Block W6 rüber zu den Journalisten. "Tor oder kein Tor?", will Wolfgang Weber dann wissen. Eine Frage, die ihn wohl sein Leben lang verfolgen wird.

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