Haie-Geschäftsführer im Interview„In der Vergangenheit war nicht alles toll“

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Ehemaliger Haie-Geschäftsführer Oliver Müller.

Köln – München ist zum dritten Mal deutscher Eishockeymeister, der bei den Kölner Haien 2014 vom Hof gejagte Uwe Krupp als Trainer zum dritten Mal in einem Finale gescheitert. Die Haie sortieren sich derweil nach ihrem Playoff–Aus gegen Nürnberg für kommende Saison mit dem NHL-Spiel gegen Edmonton und dem Winter Game 2019. Martin Sauerborn sprach mit Geschäftsführer Oliver Müller (40), der vor einem Jahr Peter Schönberger ablöste.

Herr Müller, Sie sind seit dem 18. April 2017 Geschäftsführer der Kölner Haie. Wie fällt Ihr Fazit nach dem ersten Jahr aus?

Persönlich fühle ich mich mit meiner Frau sehr wohl hier. Ich bin weiter heiß auf diese Aufgabe, die sehr viel Spaß macht, aber auch anstrengend für mein direktes Umfeld ist. 

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Sind ihre Erwartungen eingetroffen?

Ich habe mir das ein oder andere schon anders vorgestellt. Vom Gefühl her habe ich gedacht, dass ich auf der Geschäftsstelle mehr vorfinde. Es war schwierig, die richtigen Segel zu setzen. An einigen Stellen hat es sich schon gelohnt. Ich hoffe, dass sich das bald auf dem Eis widerspiegelt.

Was hat denn auf der Geschäftsstelle gefehlt?

In erster Linie Aktenführung und Dokumentationen. Es ist wichtig, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, dass nicht das ganze Know-how mit geht. In diesem Bereich musste viel aufgebaut werden. Wenn man jetzt die Stimmung sieht und die Identifikation der Mitarbeiter mit der neuen Organisationsstruktur tut das den Haien gut.

Sie sind demnach auf eine Reihe von Schwierigkeiten gestoßen?

Man muss bereit sein, unbequeme Fragen zu stellen und zu lernen. Wer aufhört besser werden zu wollen, hat aufgehört gut zu sein. Ich habe auch nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen, aber eine klare Meinung, was das Beste für die Haie sein kann.

Nicht nur einmal war zu hören, das die Stimmung auf der Geschäftsstelle nicht gut sei, seit Sie Geschäftsführer sind. Stimmt das aus Ihrer Sicht?

Indikativ Präsens stimmt das nicht. Das können Sie auch gerne die Mitarbeiter fragen. Ich empfinde es hier als Team.

Sie haben vieles auf den Kopf gestellt. Warum?

Weil hier in der Vergangenheit nicht alles so toll war, wie manche es glauben wollten. Wir hatten zum 30. April 2017 das schlechteste Jahresergebnis seit der drohenden Insolvenz 2010.

Was haben Sie als erstes unternommen?

Lizenzierung für die neue Saison und Budget für das neue Geschäftsjahr. Und dann habe ich mit jedem Mitarbeiter mehrere persönliche Gespräche geführt und versucht sie kennenzulernen, abzuholen, mitzunehmen und Sensibilität für das Jahresergebnis zu wecken.

Wie haben die Mitarbeiter die von Ihnen anvisierten Veränderungen aufgenommen?

Jeder muss dreimal Ja sagen. 1. Ja, ich verstehe die Notwendigkeit. 2. Ja, es passt zu meiner Agenda. 3. Ja, ich bin bereit es mitzumachen. Nicht jeder kann oder will das.

Wie viele von den 22 Mitarbeitern haben nicht dreimal Ja gesagt?

In diesem Prozess ist ein Schwund von 30 Prozent Personal normal. Wir haben keine 20 Prozent verloren. Von der Direktorin Finanzen und Organisation haben wir uns getrennt, die Leiterin Ticketing ist von sich aus gegangen.

Für die Finanzen ist nun Torsten Pfenning zuständig, für das Ticketing Thomas Schröder, der von Hansa Rostock kam. Haben sich die Veränderungen ausgezahlt?

In beiden Fällen ja. Wir haben schon mehr als 50 Prozent der Tickets für das Winter Game 2019 verkauft und im Dauerkartenverkauf liegen wir jetzt schon bei 92 Prozent des Vorjahreswertes, trotz der neuen Pakete mit und ohne Playoffs ab Viertelfinale.

Die neuen Pakete sind nicht bei allen gut angekommen.

Wir haben bei den Neuerungen nicht alles ausführlich genug kommuniziert. Das war zum großen Teil mein Fehler. Wir machen alle Fehler. Es gibt aber kaum welche, die man nicht wieder ausbügeln kann.

Es gab Kritik an Ihrer Arbeit, auch weil Sie sich lange in der Öffentlichkeit rar gemacht haben. Wie sind Sie persönlich damit umgegangen?

Ich musste mich rarmachen, weil intern so viel zu tun war. Ich hätte keine Fragen seriös beantworten können. Ansonsten halte ich viel aus.

Auch den öffentlichen Ärger um die Kündigung von 50 Sponsoren-Verträgen?

Das einzige, was an dieser Geschichte stimmt, ist, dass wir Unternehmen gekündigt haben. Es gibt aber weder horrenden Preissteigerungen noch einen Aufstand der Partner. Nur 0,2 Prozent unseres Sponsoring Cash-Volumens haben sich beschwert.

Was hat es mit der Kündigung auf sich?

Ein formaler Vorgang, um letztlich den Wünschen der Kunden Rechnung zu tragen. Die überwiegende Zahl unserer kleinen und mittelständischen Partner hat es positiv aufgenommen, weil es Verbesserungen geben wird.

Welche Verbesserungen?

Zum Beispiel im Hospitality-Bereich. Die Kunden haben immer wieder an uns die Beschwerde adressiert, dass das Essen nach der zweiten Drittepausel abgeräumt wurde. Nächste Saison gibt es bis eine Stunde nach dem Spiel Essen und Trinken. Das kostet mehr und muss umgelegt werden.

Als Hauptgesellschafter Frank Gotthardt Sie eingestellt hat, war das mit dem Anspruch verbunden, die Einnahmeseite der GmbH zu verbessern?

Es gibt großes Potenzial bei den nationalen Unternehmen. Wir haben neue Sponsoren hinzu gewonnen und werden bestehende Partnerschaften wie mit der ETL weiter entwickeln. Trotz Trainerwechsels und Trennung von Shawn Lalonde haben wir die Kostenseite im Griff und werden zum 30. April ein um 30 Prozent verbessertes Jahresergebnis vorlegen. Kostendeckend sind wir aber noch nicht. Im kommenden Geschäftsjahr werden wir aber durch das Winter Game und das NHL-Spiel im Oktober Geld verdienen können.

Apropos Winter Game. Es heißt es gibt Möglichkeiten den Zuschauerrekord der Düsseldorfer EG aus dem Jahr 2015 zu brechen?

Entweder die Kölner Sportstätten schaffen es so viele Plätze im RheinEnergieStadion umzuwidmen, dass wir die 52000 schaffen. Oder wir erhöhen die Kapazität. Wie, das werden wir rausfinden, wenn der Lieferant für die Eisfläche feststeht. Den Rekord wollen wir unbedingt knacken.

Wie fällt Ihr Fazit im sportlichen Bereich aus?

Wir haben uns mehr erhofft, Das Ziel Platz eins bis vier in der Hauptrunde haben wir nicht erreicht. In den Playoffs kann man gegen Nürnberg ausscheiden, aber wir haben es nicht geschafft eine Mannschaft zu sein.

Ein Grund, dass die Haie in der Deutschen Eishockey Liga Tabellenführer im Zuschauerschwund sind?

Neben Fehlern im Marketing zu Saisonbeginn und dem ungünstigen Spielplan war unsere Performance auf dem Eis, sicher ein Grund. Die ersten beiden Gründe wird es nächstes Jahr nicht geben, den dritten müssen wir in den Griff bekommen. Deshalb haben wir uns ja auch von einigen Spielern getrennt.

Wie Haie Rekordtorschütze Philip Gogulla, der nach 14 Jahren gehen musste. Ein besonderer Fall?

Für den Mensch Philip Gogulla tut es uns leid, weil er so viel für die Haie getan hat. Aber es als Sachentscheidung auf die Frage, was der Mannschaft gut tut, war es umso notwendiger. Bei den Haien wird so oft zurück geschaut. Wir müssen Kraft aus der Tradition schöpfen, aber nach vorne schauen. Und für die Saison 2018/19 hatte die sportliche Leitung das Gefühl, das Philip uns nicht mehr helfen kann, dass es nicht mehr geht.

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