Interview der Woche mit Fabian Mielke„Die Rückkehr zum VfL war eine Erlösung“

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Fabian Mielke beim Training mit der D-Jugend des VfL Gummersbach. Das ist nur eine Aufgabe des 19-Jährigen.

Fabian Mielke beim Training mit der D-Jugend des VfL Gummersbach. Das ist nur eine Aufgabe des 19-Jährigen.

Für Fabian Mielke (19) war die Handball-Karriere nach anhaltenden Schulterproblemen früh beendet. Statt auf dem Feld hat der Student seine Aufgaben als  Trainer  und Projektleiter des „Starke Kids“-Projekt des VfL Gummersbach und der AOK gefunden. Andrea Knitter sprach mit ihm über seine Aufgaben und Ziele.

Sie studieren in Wuppertal, trainieren viermal die Woche die D-Jugend, leiten das Grundschulprojekt des VfL Gummersbach und sind montags ins Individualtraining an der Handballakademie des VfL eingebunden. Wie bekommen Sie alles unter einen Hut?

Durch perfektes Zeitmanagement. Ich studiere in Wuppertal Sozialwissenschaft und Pädagogik auf Lehramt und aktuell passt es vom Stundenplan perfekt mit meinen sportlichen Aktivitäten. Ich hoffe, das wird sich auch nicht ändern, denn ich möchte ab Sommer an der Sporthochschule in Köln Sport studieren. Die Kölner Spoho hat eine Partnerschaft mit der Universität Siegen, sodass ich dort weiter Sozialwissenschaften studieren kann. Beides weiter auf Lehramt.

Sie sind schon einige Male an der Schulter operiert worden, mussten daher auch mit dem Handball aufhören. Können Sie damit überhaupt die Aufnahmeprüfung an der Sporthochschule bestehen?

Ich habe im Internet recherchiert. Durch die Einschränkung der Bewegungsfähigkeit meiner Schulter habe ich einen Grad an Behinderung, mit dem ich nicht alle Sportarten machen kann. Es fehlt mit Kraft im Arm und die Rotation ist sehr eingeschränkt. Ich kann trotz der Einschränkung eine Eignungsprüfung in Köln absolvieren. Anfang Juli wird festgestellt, ob ich sporttauglich bin. Das ist für mich schon ein großer Schritt.

Wieso?

Ich habe jetzt seit zwei Jahren keinen Sport mehr gemacht und muss meinen Körper erst wieder ans Training gewöhnen.

Wie sind Sie zum Handball und dann an die Akademie des VfL gekommen?

Ich habe in meinem Heimatort Marienheide-Müllenbach in der D-Jugend gespielt. Der damalige Akademietrainer Jörn Lützelberger hat mich angerufen und abgeworben. Das war schon was Besonderes, wenn Du plötzlich Jörg Lützelberger auf dem Anrufbeantworter hast. Ich habe bei der C-Jugend des VfL mittrainiert und hatte auch einige Vorteile, weil ich Linkshänder bin. Ich war in der Auswahlmannschaft, habe als 1999er Jahrgang bei den 98ern mitgespielt.

Es begann aber schon früh Ihr Leidensweg.

Ja, es passierte immer öfter, dass ich mir die rechte Schulter ausgekugelt habe, am Ende waren es fünfmal, dazu kamen Operationen, die nach dem Schweregrad gestaffelt waren. Heute denke ich manchmal, dass, wenn ich vielleicht gleich zu Anfang die schwerste Operation bekommen hätte, ich doch noch noch Handball spielen könnte.

Gab es einen Punkt, an dem Sie einsehen mussten, dass es mit dem Handball nicht mehr weitergeht?

Es war eher ein schleichender Prozess. Ich bin sehr ehrgeizig und habe mich nach jeder verletzungsbedingten Pause wieder zurückgekämpft, was sehr viel Kraft gekostet hat. Im zweiten Jahr mit der B-Jugend habe ich eingesehen, dass es nicht mehr geht. Mit 17 Jahren habe ich einen Schlussstrich gezogen.

Sind Sie nicht in ein Loch gefallen?

Es war schon komisch, plötzlich nicht mehr jeden Tag zu trainieren. Ich habe das normale Leben kennengelernt und hatte Zeit, mich mit Freunden treffen.

Die Phase war schnell vorbei. Wie kamen Sie zurück zum VfL?

Ich bin noch mal mit meiner Mannschaft ins Trainingslager gefahren, musste aber schnell einsehen, dass ich mich nicht mehr zurückkämpfen kann. Auf Anregung der damaligen Trainer Jamal Naji und Akademieleiter Maik Pallach habe ich vor der Mannschaft eine Ansprache gehalten, in der ich beschrieben habe, wie ich mich trotz meiner Schulterprobleme immer wieder motiviert habe. Das kam so gut an, dass Maik mich gefragt hat, ob ich nicht die E-Jugend trainieren möchte. Das war wie eine Erlösung.

Hat das von jetzt auf gleich funktioniert?

Nach der ersten Trainingseinheit wusste ich sofort: Das ist es. Es hat gleich funktioniert, und ich habe ein gutes Feedback bekommen. Ich hatte mein Berufsziel, Lehrer zu werden, gefunden.

Es blieb dann auch nicht bei der E-Jugend, oder?

Nein, es ist immer mehr geworden. Im zweiten Jahr mit der E-Jugend habe ich das Training auf drei Einheiten in der Woche erhöht. Ich möchte die Kinder so früh wie möglich an den Leistungssport heranführen, dazu gehört Turntraining, Koordination, Laufschule und Ausdauertraining. Es macht unheimlich viel Spaß und es kommt auch viel zurück.

Seit Sommer sind Sie auch noch Leiter des Grundschulprojekts des VfL Gummersbach. Wieso fällt Ihnen die Arbeit mit den Kindern leicht?

Ich glaube, das wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Mutter ist Erzieherin. Es liegt mir einfach. Als ich Maik Pallach meinen ersten Trainingsplan für die E-Jugend vorgelegt habe, war er sehr erstaunt und positiv überrascht. Ich beschäftige mich quasi 24 Stunden am Tag mit Handball.

Das Grundschulprojekt wurde vor Jahren ins Leben gerufen und schlief über Jahre ein. War es einfach, die Schulen wieder ins Boot zu holen?

Es gab schon Vorurteile. Mittlerweile arbeite ich mit vier Gummersbacher Grundschulen zusammen. Einmal im Monat trainiere ich mit ihnen nach den Grundlagen der Heidelberger Ballschule. Kinder der Klassen eins und zwei lernen eher unbewusst während des Spielens die motorischen und koordinativen Grundlagen. Dazu gibt es jede Woche eine Handball-AG, in der es viel freier zugeht, da sich die Kinder des dritten und vierten Schuljahrs nach dem Unterricht vor allem bewegen möchten.

Bei all dem Engagement, möchten Sie nicht irgendwann einmal Profitrainer sein?

Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch und habe immer das Gefühl, dass ich etwas verbessern möchte. Ich habe die Trainer C-Lizenz. Ich möchte weiter machen bis zur internationalen Lizenz und könnte mir vorstellen, auch im Profibereich zu trainieren.

Liegt der Handball bei Ihnen in der Familie?

Vielleicht ein bisschen, mein Opa hat Feldhandball gespielt. Durch mich angeregt, spielt meine elfjährige Schwester Lara mittlerweile in Marienheide Handball. Für mich kam die Leidenschaft über den VfL Gummersbach, der mir ein echter Herzensverein ist. Ich war schon als kleiner Junge bei den Spielen in der Kölnarena, das hat mich geprägt.

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