Viktoria-Köln-Trainer Dotchev im Interview„Die Qualität reicht für den Klassenerhalt“

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Pavel Dotchev will mit Viktoria Köln in der 3. Liga angreifen.

  • Viktoria Köln startet am Samstag gegen Hansa Rostock in die neue Saison in der 3. Liga.
  • Trainer Pavel Dotchev trifft dabei direkt auf einen alten Bekannten, glaubt aber an den Klassenerhalt.
  • Außerdem lässt er durchblicken, dass der Verein seine Transferplanungen noch nicht abgeschlossen hat.

Köln – Vor der Drittliga-Premiere des FC Viktoria Köln am Samstag (14 Uhr) bei Hansa Rostock redet der neue Trainer Pavel Dotchev im Gespräch mit Tobias Carspecken über seine ersten Eindrücke in Höhenberg, seine Rückkehr ins Ostseestadion und die Herausforderung 3. Fußball-Liga.

Herr Dotchev, Sie belegen bei den Rekordtrainern der 3. Liga mit 210 Partien den zweiten Platz. Wie blicken Sie dem bevorstehenden Saisonstart entgegen: Mit der Routine eines erfahrenen Mannes, mit Anspannung oder mit Vorfreude?

Ich verspüre Vorfreude und ein gewisses Lampenfieber. Von Routine kann man nicht sprechen. Schließlich erlebt man mit jedem Verein in jeder Saison etwas Neues und Dinge, die man nicht vorhersehen kann.

Was bedeutet es Ihnen, dass nur Peter Vollmann mehr Drittliga-Spiele als Trainer vorzuweisen hat?

Ich freue mich, in der Rangliste so weit vorne zu stehen und fast auf Augenhöhe zu sein mit einem so guten Trainer wie Peter Vollmann. Peter ist ein sehr geschätzter Kollege. Wir kennen uns schon lange.

Haben Sie vor, die Ranglisten-Führung zu übernehmen?

Ein spezielles Ziel ist das nicht. Wenn ich die Führung aber übernehmen sollte, wäre das trotzdem eine schöne Sache. Das würde nämlich bedeuten, dass ich auch bei der Viktoria erfolgreich arbeite. Und das ist viel wichtiger als eine persönliche Statistik.

Sie starten mit Ihrem neuen Verein ausgerechnet bei Ihrem Ex-Club Hansa Rostock in die Saison. Hätte der Auftakt für Sie noch spezieller sein können?

Noch spezieller geht es gar nicht mehr (lacht).

Zur Person

Pavel Dotchev (53) hat zur Saison 2019/20 das Traineramt bei Drittliga-Aufsteiger FC Viktoria Köln übernommen. Die Höhenberger sind nach Hansa Rostock, Erzgebirge Aue, Preußen Münster, dem SV Sandhausen und dem SC Paderborn die bereits sechste Station des gebürtigen Bulgaren in der 3. Liga. Mit Paderborn (2005) und Sandhausen (2016) gelang ihm der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Als Aktiver bestritt Dotchev unter anderem acht Bundesligaspiele für den Hamburger SV, zudem lief er für Paderborn 208 Mal auf.

Mit welchem Gefühl kehren Sie zurück nach Rostock?

Hansa ist noch immer eine Herzensangelegenheit für mich. Ich habe dort viele Freunde und Kontakte und freue mich sehr auf das Wiedersehen.

Verspüren Sie noch Enttäuschung, in der vergangenen Winterpause nach einem internen Zwist bei Hansa entlassen worden zu sein?

Ich verbinde mit Hansa ausschließlich positive Erinnerungen. Das ist ein super Verein, bei dem ich mich sehr wohl gefühlt habe. Wegen ein paar unglücklichen Situationen alles schlecht zu machen, wäre nicht in Ordnung.

Was erwartet Ihr Team im Ostseestadion?

Das wird eine gewaltige Aufgabe. Hansa hat eine richtig starke Mannschaft mit Zweitliga-Niveau. Um dort zu bestehen, müssen wir eine Top-Leistung abrufen und auch etwas Glück haben.

Wie bereiten Sie Ihre Spieler auf mehr als 15.000 Zuschauer vor?

Es ist schwer abzuschätzen, wie meine Mannschaft auf diese Atmosphäre reagieren wird. Denn es gibt nicht viele Spieler in meinem Team, die so etwas gewöhnt sind. Wichtig ist, dass uns solche Kulissen motivieren, sie dürfen keine Angst verbreiten.

Wie haben Sie die Viktoria in den ersten Wochen Ihrer Tätigkeit erlebt?

Ich fühle mich sehr wohl hier. Die Arbeit bereitet mir große Freude. Ich freue mich, etwas mitgestalten und mitentwickeln zu können.

Die Viktoria ist Ihre bereits sechste Station in der 3. Liga. Was unterscheidet den Club von anderen Vereinen in dieser Liga?

Der Verein ist sehr familiär geprägt. Es gibt kurze Wege zu den Entscheidungsträgern. Ich kenne keinen anderen Verein in dieser Form. Franz-Josef Wernze (Viktoria-Mäzen, Anm. d. Red.) ist fast jede Woche einmal bei mir in der Kabine, um sich mit mir auszutauschen. Das begrüße ich sehr. Die Viktoria hat zwar nicht so eine große Fanbase wie andere Clubs, dafür steckt hier aber sehr viel Herzblut drin.

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Ist das Rüstzeug für den Klassenerhalt vorhanden?

Ich finde: ja. Es ist zwar kein Geheimnis, dass wir noch auf der Suche nach der einen oder anderen Verstärkung sind. Aber selbst, wenn wir keinen Spieler mehr bekommen sollten, werden wir uns nicht verstecken. Die Qualität reicht auch so für den Klassenerhalt. Um ganz sicher zu sein, möchten wir aber noch nachlegen.

Rechnen Sie mit einer Anlaufphase, bis sich Ihr neu formiertes Team gefunden hat?

Nach sechs Wochen Vorbereitung kann eine Entwicklung noch nicht fertig sein, das ist ein langwieriger Prozess. Ich bin mir sicher, dass meine Mannschaft mit der Zeit immer besser, stabiler und souveräner wird. Noch sind wir aber ganz am Anfang.

Mit welcher Spielweise möchten Sie die Viktoria in der 3. Liga etablieren?

Ich möchte attraktiven, also offensiv ausgerichteten Fußball spielen lassen und eine Mannschaft haben, die agiert und selbst das Tempo vorgibt. Natürlich müssen wir auch gut verteidigen. Aber nur zu mauern und vorne auf den lieben Gott zu hoffen, entspricht nicht meinen Vorstellungen.

Was macht die 3. Liga so gefährlich?

Die Liga ist unglaublich ausgeglichen. Jeder kann jeden schlagen. Es gibt keinen Gegner, bei dem man sagt: Den schlägst du mal eben so. Die eine Hälfte der Tabelle spielt um den Aufstieg, die andere gegen den Abstieg.

Was bedeutet das für Ihr Team?

Wir dürfen und können uns nicht ausruhen. Jedes Spiel in der 3. Liga besitzt Pokal-Charakter. Wir müssen von Beginn an fleißig Punkte sammeln, um gar nicht erst unten reinzurutschen.

Fasziniert Sie die 3. Liga?

Ich möchte der 2. Bundesliga nicht zu nahe treten, aber die 3. Liga ist schon sensationell. Duisburg, Magdeburg, Rostock, Uerdingen, Braunschweig, 1860 – es gibt dort so viele große Namen. Im Betzenberg mit dem Fahrstuhl zu fahren, das haben meine Spieler noch nie erlebt. 

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