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Tausende folgten dem Ruf der Glocken

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BONN. Selbst mitten auf dem Münsterplatz, umgeben vom Lärm und den Geräuschen des Weihnachtsmarktes und seinen Besuchern, war es klar und deutlich zu hören: Glockengeläut. Aber nicht nur vom Bonner Münster schallten die klaren Töne auf den Platz herunter. Überall rundherum läuteten die Kirchenglocken und signalisierten damit: 19.50 Uhr - die erste Bonner Kirchennacht konnte beginnen.

„Nachts sind alle Kirchen auf“ lautete das Motto, unter dem 54 christliche Gemeinden (31 katholische, 17 evangelische und sechs andere wie die griechisch-orthodoxe Metropolitankirche) in Bonn am Freitagabend in ihre Gotteshäuser eingeladen hatten. Da fiel die Auswahl nicht leicht, zumal das Angebot vieler Kirchen nicht nur abwechslungsreich, sondern auch sehr verlockend klang. Eine Tanznacht zum Zuschauen und Mitmachen in der evangelischen Trinitatis-Kirche in Endenich, eine deutsch-amerikanische Nacht mit Musik und Gebeten aus der ganzen Welt in der „American Protestant Church“ in Plittersdorf oder „Eine indische Nacht“ mit Videofilmen, Diavorträgen, Geschichten und Tanzdarbietungen in Sankt Augustinus in Bad Godesberg, um nur einige wenige zu nennen.

Die Kirchennacht war noch keine zehn Minuten alt, da bildeten sich schon Schlangen vor dem Kirchenturm der evangelischen Kreuzkirche am Kaiserplatz zur meditativ-geschichtlichen Turmbesteigung. Doch aus Sicherheitsgründen nahm Presbyter Arno Bölts-Thunecke immer nur zehn Personen mit auf den Turm. Oben angelangt, hatte man einen herrlichen Blick auf das Münster und einige nördlich gelegene Türme der Kirchen, die man an diesem Abend noch besuchen konnte. Doch eines nach dem anderen, denn die Turmbesteigung war nicht das einzige Angebot hier. „Die Leute sind auf der Sinnsuche“, meinte Pfarrer Rüdiger Petrat. „Wir bieten ihnen Räume, in denen sie schreiben, eine Kerze anzünden oder einfach nur zuhören können.“ Christliche Botschaft als Impuls wollte man geben, mehr nicht.

Während im voll besetzten Münster um 21 Uhr mit Didgeridoo- und Gongtönen ungewohnt „Der Klang des Jetzt“ durch das große Gotteshaus wogte, ging es in Sankt Remigius traditionell zu. Weihrauchduft zog durch die katholische Kirche in der Brüdergasse, dazu gab es geistliche Impulse zur Orgelmusik. In der kleinen Sankt Helenen-Kapelle „Am Hof“ trafen sich hauptsächlich Jugendliche zum Thema „Church meets music“ (Kirche trifft Musik). Die älteste Bonner Christengemeinde in der katholischen Stiftskirche zeigte zur „Lichtfeier“ ihren Kirchenschatz, und in der Adolfstraße hatte sich die Kirche in eine Maschine verwandelt. „Deus ex machina“: Der dunkle Kirchenraum war eine Bühne, über die sich die Besucher als Spieler bewegten. „Toll, diese Vielseitigkeit des Angebots“, lobte Besucherin Regina Heimbürger. „Beeindruckend, wie anders die Kirchen doch in der Nacht erscheinen.“

Das Konzept der Kirchennacht scheint angekommen zu sein. 10 000 Besucher nahmen schätzungsweise teil. „Es ist vielerorts gelungen, eine spirituelle, anregende wie nachdenkliche Brücke hinein in den ersten Advent zu schlagen“, zog der Vorsitzende der veranstaltenden Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Bonn, Altsuperintendent Burkhard Müller, am Sonntag eine erste Bilanz. Selbst die Stadtteilkirchen hätten viel Zuspruch bekommen und seien von vielen Neugierigen besucht worden. „Es gibt viele Stimmen, die schon jetzt eine Wiederholung im nächsten Jahr fordern“, freute sich der evangelische Pressepfarrer Joachim Gerhardt am Sonntag.

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