Thomas StröderDer Künstlichen Intelligenz auf der Spur

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Über die komplexe Materie seiner Forschung kann Thomas Ströder sich fast nur mit Experten austauchen. Seine Hobbys sind dagegen völlig „normal“: Das Singen wurde ihm in die Wiege gelegt. (Bild: Hotse)

Über die komplexe Materie seiner Forschung kann Thomas Ströder sich fast nur mit Experten austauchen. Seine Hobbys sind dagegen völlig „normal“: Das Singen wurde ihm in die Wiege gelegt. (Bild: Hotse)

Euskirchen – Thomas Ströder aus Olef ist ein „Superhirn“. Das zu lesen wird ihm vielleicht nicht so gut gefallen, denn trotz seiner außergewöhnlichen Intelligenz und seines wissenschaftlichen Karrierestarts in schon sehr frühen Jahren ist er ein ganz bescheidener junger Mann. Nichtsdestotrotz liest sich sein Werdegang wie eine Aneinanderreihung der Superlative. Der erst 26-jährige angehende Doktor hat nicht nur ein atemberaubendes Informatik-Studium an der RWTH Aachen „hingelegt“ - mit Bestnoten in der kürzest möglichsten Zeit.

Er war der jüngste Student, der jemals von Prof. Dr. Jürgen Giesl in eine Forschungsgruppe berufen wurde. Bereits im dritten Semester betreute er als Assistent Lehrveranstaltungen mit - später, während des Hauptstudiums, Vorlesungen, die er selbst noch gar nicht gehört hatte. Bereits vor Abschluss seines Studiums im Februar (selbstredend mit Auszeichnung) hatte er drei wissenschaftliche Veröffentlichungen vorzuweisen. Eine davon stellte er - noch als Student - 2009 in Los Angeles den Teilnehmern der „International Joint Conference on Artificial Intelligence“ (IJCAI) vor.

Für diese in Fachkreisen weltweit wichtigste Konferenz in Sachen Künstlicher Intelligenz verfasste ihm Prof. Giesl ein Empfehlungsschreiben, in welchem er die herausragenden Leistungen seines Schützlings beschreibt - Ströder gehöre zu dem besten Prozent seiner Studenten. Die Annahmequote für die IJCAI liegt bei nicht einmal einem Drittel der eingereichten Veröffentlichungen. Noch ein Jahr danach zeigt sich Thomas Ströder beeindruckt von dieser Ehre: „Das war eine tolle Erfahrung. Dort habe ich mit den Autoren der Lehrbücher Kaffee getrunken.“

Mittlerweile hat er im Dienste seiner Forschungstätigkeit einmal den Globus umrundet: Auslandspraktikum in Sydney, Vorträge in Österreich und Dänemark und die Betreuung des „Science-Trucks“ der Technischen Hochschule Aachen auf seiner Station am Clara-Fey-Gymnasium in Schleiden. Dort machte er 2003 sein Abitur - als Einser-Kandidat. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass er bereits als Grundschüler die Empfehlung für ein Hochbegabten-Internat erhielt. Sowohl er als auch seine Eltern entschieden sich jedoch dagegen. „Ich wollte den normalen Kontakt zu meinem Freundeskreis und keine Sonderrolle.“ Statt dessen gab es gelegentliche Ausflüge ins Hochbegabten-Milieu, etwa 2001 beim Sprachwettbewerb der Deutschen Schüler-Akademie Roßleben, wo er in Latein den ersten Platz belegte. 2006 wurde er in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen, das hierzulande älteste und größte Begabtenförderungswerk.

Seine Diplom-Arbeit befasste sich mit der Terminierung bzw. dem „Halteproblem“ von Prolog-Programmen und war so speziell, dass nur die sprichwörtliche „Handvoll“ Wissenschaftler diese nachvollziehen konnte: Tatsächlich gibt es weltweit nur fünf Spezialisten auf diesem Fachgebiet der Informatik, die in der Lage sind, Ströders Analysen zu folgen. Zu diesen zählen seine Gutachter, neben Prof. Dr. Giesl auch Prof. Dr. Peter Schnei der-Kamp, für dessen Dissertation Ströders Diplom-Arbeit die Grundlage lieferte.

Bei Prolog handelt es sich um eine Programmiersprache, die im Bereich Künstliche Intelligenz eingesetzt wird: in der medizinischen Diagnostik oder bei der Entwicklung von Robotern. Ströder: „Prominentestes Beispiel ist der Schachcomputer.“ Das Halteproblem - wohl jedem Windows-Nutzer als „Hänger“ bekannt - gelte allgemein „als unlösbar“. „In bestimmten Fällen aber doch“, so der Spezialist.

Der Auftrag des Graduiertenkollegs, dem Ströder nun angehört, lautet „Algorhythmische Synthese reaktiver und diskret-kontinuierlicher Systeme - kurz „AlgoSyn“. Aha. „Dabei geht es darum, neue Abläufe zu synthetisieren“, erklärt er. Alles klar. Dass er sich „nur selten“ mit anderen Leuten über seine Arbeit unterhalten könne, sei der Nachteil „dieses wirklich extrem komplexen Fachgebietes“, bedauert er. Die weltweit wenigen Experten des Halteproblems kennen sich untereinander und pflegen auch persönlichen Kontakt.

Und was macht ein Informatik-Genie wie er in seiner Freizeit? Fachbücher lesen? „Am liebsten nicht“, sagt er lachend. Fast schon beruhigend zu hören, dass er Literatur konsumiert wie „Normalos“ auch, J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“ oder Romane von Stephen King , wenn auch aus Zeitgründen als Hörbücher auf Autofahrten oder Reisen. Nahezu professionell betreibt er die Fotografie („am liebsten Menschen“) als sein Hobby. Vererbungssache ist seine zweite Leidenschaft: das Chorsingen im Kammerchor Schleiden und im Gesangsquartett „Cantemus“, entstammt er doch einer Musikerfamilie. Vater Heinz Ströder ist Organist und Leiter zahlreicher Chöre und Mutter Gabriele Musiklehrerin. Schwester Judith singt ebenfalls im Chor und ist angehende Grundschullehrerin für Mathematik und Religion.

Seine Ziele für die Zukunft? „Die sind schon ehrgeizig“, gesteht er. Ob er in die Wirtschaft geht - McKinsey und andere Unternehmen haben bereits bei ihm „angeklopft“ - oder eine Professur antritt, hält er sich offen: „Alles ist möglich.“

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