Verdi attackiert den Vorstand der VR-Bank

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EIFELLAND. Schwerwiegende Vorwürfe erhebt die Gewerkschaft Verdi gegen den Vorstand der VR-Bank Nordeifel. „Hier wird die Krise genutzt, um die Arbeitnehmer zu schleifen“, sagt Rolf Stockem, der beim Verdi-Landesverband für die Finanzdienstleistungs-Unternehmen zuständig ist. Bei den Vorwürfen geht es um das Gehalt der rund 140 Angestellten und die Art und Weise, wie der VR-Bank-Vorstand mit den Mitarbeitern umgegangen sein soll.

Von einer „Kulisse der Angst“ spricht Stockem und von „tarifvertragswidriger Bezahlung“. Außerdem geht er - und das ist ungewöhnlich - hart mit dem Betriebsrat des Unternehmens ins Gericht: „Dieser hat dem Vorstand das Haupt der Beschäftigten auf dem Silbertablett serviert.“ Und: „Der Betriebsrat hat eine Aufforderung zur gegenseitigen Überwachung von Mitarbeitern verfasst.“

Der Vorstand und der Betriebsrat sehen diese Vorwürfe als haltlos an. Ihrerseits greifen sie Rolf Stockem an. Von „Lüge“ und „Unwahrheit“ spricht Vorstandssprecher Bernd Altgen und der Betriebsratsvorsitzende Marco Gentges wirft ihm vor, er kenne den Umgang und die Abläufe in der VR-Bank nicht genau.

Was war passiert? Im März hatte der VR-Bank-Vorstand den Mitarbeitern die Einführung einer „geänderten Gehaltsstruktur“ angekündigt. Eine leistungsbezogene Komponente wurde eingeführt, um sicher durch die Finanzkrise zu kommen, so die Begründung von Altgen.

Die Zunkunft

„proaktiv“ gestaltet

Er und der Betriebsrat erklärten in zwei Betriebsversammlungen und gegenüber der Öffentlichkeit, mit Verantwortungsbewusstsein und fairem Umgang mit den Mitarbeitern solle die VR-Bank wetterfest gemacht werden.

Doch nun tritt Rolf Stockem auf den Plan, nachdem er, so sagt er, vergeblich versucht habe, mit Vorstand und Betriebsrat ins Gespräch zu kommen. „Das ist gelogen. Das ist die Unwahrheit“, findet Bernd Altgen deutliche Worte. Er habe von einem Herrn Stockem noch nie etwas gehört. Der Betriebsratsvorsitzende Marco Gentges hingegen räumt ein, dass er zwar zu einer Verdi-Informationsveranstaltung von Rolf Stockem eingeladen worden sei, doch der Betriebsrat habe beschlossen, dort nicht hinzugehen. Da seien gerade einmal neun Mitarbeiter gewesen, sagt Gentges und ergänzt: „Wir haben von der Mehrheit der Mitglieder signalisiert bekommen, dass wir das nicht brauchen.“

Rolf Stockem ist da anderer Ansicht: „Das Misstrauen bei den Arbeitnehmern ist da. Der Vorstand ist den Weg des geringsten Widerstandes gegangen und trägt den Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten aus. Das geht nicht.“ Auch das sei falsch, so VR-Bank-Vorstand Altgen: „Wenn wir das tun würden, hätten wir Mitarbeiter entlassen.“ Doch genau das habe man nicht getan und gemeinsam mit den Mitarbeitern habe man die Zukunft „proaktiv“ gestaltet. Und von Misstrauen könne überhaupt keine Rede sein. „Noch vor zwei Jahren hat ein unabhängiges Unternehmen eine anonymisierte Befragung bei den Mitarbeitern durchgeführt. Das Ergebnis: 90 Prozent waren mit dem Vorstand zufrieden“, kontert Altgen mit „Zahlen, Daten, Fakten“. Rolf Stockem attackiert emotional. Er kritisiert, dass inzwischen eine „Kulisse der Angst“ aufgebaut worden sei, damit die Mitarbeiter ihre Unterschrift unter die Änderungsvereinbarung setzten. „Auf dieses tiefe Niveau von Herrn Stockem lasse ich mich gar nicht hinab“, sagt Altgen. An der entsprechenden Betriebsversammlung am 26. März habe der Vorstand gar nicht teilgenommen. „Wenn wir nicht da waren, können wir doch gar keine Angst verbreiten“, wundert sich Altgen. Auch Gentges will diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen. „Bei der Betriebsversammlung habe ich positive Stimmung und Unterstützung erfahren, wie ich sie in 15 Jahren bei der Bank nicht erlebt habe“, so der Betriebsratschef.

Stockem kritisiert, dass in der Änderungsvereinbarung eine „tarifvertragswidrige Bezahlung“ enthalten sei. Denn die Mitarbeiter müssten auf 6,7 Prozent ihres Gehaltes verzichten, ohne dass eine Vereinbarung zur leistungsorientierten Vergütung existiere. In diesem Punkt greift er auch den Betriebsrat an. „Er hat einen Ausverkauf der Interessen seiner Mitarbeiter betrieben“, so Stockem. Der Betriebsrat habe durch dieses Handeln jegliche Mitgestaltungsmöglichkeiten aus den Händen gegeben.

„In der Theorie mag Herr Stockem da ja recht haben, aber er kennt halt unser Unternehmen in der Praxis nicht“, widerspricht Marco Gentges. Man sei bislang offen und vertrauensvoll miteinander umgegangen und das werde auch in diesem Punkt der Fall sein. „Und außerdem bin ich selbst Controller im Haus und rechne die Zahlen für das etwaige Pay Back (Leistungsvergütung, die es für die Mitarbeiter geben soll, wenn die Bank ein gutes Ergebnis erwirtschaftet, Anm. d. Redaktion) mit aus“, so Gentges. Das sei ein Vorteil, den Rolf Stockem anscheinend nicht kenne. Und auch Bernd Altgen stellt sich hinter den Betriebsrat. „Einen größeren Unfug habe ich noch nicht gehört“, so Altgen. Es passe wohl nicht in das Weltbild eines Herrn Stockem, dass ein Betriebsrat gemeinsam mit dem Vorstand die Zukunft der Bank im Sinne der Mitarbeiter gestalte. Laut dem Gewerkschafter ist inzwischen einem Mitarbeiter fristlos gekündigt worden, weil sich dieser, so Rolf Stockem, gegen das Verhalten des Vorstandes und des Betriebsrates gewehrt und dem Vorhaben widersprochen habe. „Zu Einzelpersonen sage ich gar nichts“, so Bernd Altgen, „das darf ich als Arbeitgeber nicht.“ Auch Betriebsratschef Gentges gibt dazu keinen Kommentar ab.

„Etliche Mitarbeiter haben die Änderungsvereinbarung nicht unterschrieben, doch der Vorstand ignoriert dies“, setzt Rolf Stockem nach und ergänzt: „Die Mitarbeiter werden jetzt dagegen klagen müssen, doch darauf scheint es der Vorstand ankommen zu lassen.“ Dieser nehme hier das Recht in die eigene Hand, so Stockem.

„So undifferenziert wie Herr Stockem dieses Thema anspricht, ist das sachlich falsch“, reagiert Altgen und präsentiert Zahlen: „Von den 138 Mitarbeitern haben 132 den Vertrag unterschrieben.“ Somit marschierten 95,6 Prozent den „proaktiven“ Weg der Bank erfolgreich mit. „Wir leben eben in einer Demokratie mit der Kraft der großen Zahl“, so Altgen.

Verdi-Mann Rolf Stockem behält sich aber vor, Neuwahlen des Betriebsrates zu erwirken. „Nach Paragraf 23 des Betriebsverfassungsgesetzes können wir als Gewerkschaft beim Arbeitsgericht die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen,“ so Stockem. Von einer möglichen Neuwahl verspricht er sich ein klares Votum gegen die neuen Gehaltsstrukturen und einen Auftrag an die Gewerkschaft, zu helfen. Denn: „In der Wahlkabine ist jeder für sich alleine - ohne Druck.“

Diesem Ansinnen sieht Betriebsratsvorsitzender Marco Gentges gelassen entgegen: „Wir sind uns sicher, dass wir die Unterstützung der Mitarbeiter hinter uns haben - auch bei einer Neuwahl.“ Es sei interessant, dass ausgerechnet Rolf Stockem als Gewerkschafter, der keine mehrheitliche Unterstützung im Unternehmen habe, jetzt versuche, deren Arbeitnehmervertretung abwählen zu lassen.

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