Vogel im rechtsfreien Raum

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Ein typisch kölsches Wahrzeichen feiert ein kölsches Jubiläum: Seit elf Jahren und elf Monaten thront das goldene Flügelauto auf dem Turm des Stadtmuseums an der Zeughausstraße. Der „Goldene Vogel“, eine von zehn Skulpturen der Aktion „Fetisch Auto“ des Künstlers HA Schult, war am 25. April 1991 in sein Nest auf dem Zeughaus geflattert - als Geschenk für die „Freunde des Kölnischen Stadtmuseums“ und für alle Kölner. Doch längst ist er bei Kunstfreunden rund um den Globus bekannt und beliebt.

„Der Vogel zieht täglich ganze Busladungen mit Touristen an. Das wirkt sich nicht zuletzt auch sehr positiv für unser Museum aus“, berichtet Dr. Michael Euler-Schmidt, stellvertretender Leiter des Stadtmuseums. Er und sein Team sind „mächtig stolz, zu den wenigen Museumsleuten zu gehören, die sich zu ihrem Vogel bekennen“.

Dabei war es in der Anfangszeit um den geflügelten Bruder des in Köln millionenfach produzierten Fiesta zu einem erbitterten Streit gekommen. Der Paradiesvogel auf dem historischen Gebäude war dem damaligen Regierungspräsidenten Dr. Franz-Josef Antwerpes ein Dorn im Auge. „Ein Verstoß gegen den Denkmalschutz“, wetterte er. „Das Ding muss weg!“

Mehrfach setzte Antwerpes eine Frist zum Abbau des Vogels. Noch heute ist er überzeugt: „Dieses Gebilde hat keine Berechtigung auf dem Zeughaus montiert zu sein. Der normale Bürger, der von der Stadt peinlich genau beim Denkmalschutz rangenommen wird, fragt sich, wie so eine Ungleichbehandlung zustande kommt.“

Doch die Kölner wollten ihr Denkmal behalten und bekamen Hilfe aus Düsseldorf. Zuerst war es der damalige Innenminister Franz-Josef Kniola, dann Städtebau-Ministerin Ilse Brusis, die die befristete Duldung für das Flügelauto verlängerten. Zähneknirschend musste sich Antwerpes fügen. Der goldene Vogel wurde zum Symbol für seine größte Niederlage: Am 30. November 1999 ging Antwerpes in den Ruhestand, der Fiesta blieb. Das macht den Ex-RP immer noch rasend: „Kniola und Brusis haben das Denkmalrecht aus willkürlichen und populistischen Gründen mit Füssen getreten. Gottseidank sind die keine Minister mehr. “

Inzwischen ist die Genehmigung, die dem Flügelauto das Nistrecht auf dem Museumsturm sichert, seit zwei Jahren abgelaufen. Der Vogel schwebt im rechtsfreien Raum. Doch anders als Antwerpes ist der amtierende RP Jürgen Roters ein bekennender Fan des Kunstwerks. „Der goldene Vogel ist ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens in Köln. Ich sehen derzeit keine Notwendigkeit, Maßnahmen zur Entfernung des Denkmals anzuordnen.“

Den meisten Kölnern ist es recht: Sie haben das Wahrzeichen fest ins Herz geschlossen. Eine Umfrage der Universität Köln ergab, dass das Flügelauto in der Rangfolge der bekanntesten Kölner Denkmäler den dritten Platz einnimmt. Aktionskünstler HA Schult: „Ich bin richtig stolz. Dass die Kölner das Werk eines lebenden Künstlers so lieben, ist etwas ganz Besonderes. Ich werde den Geburtstag gebührend feiern.“

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