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Vorsicht vor den Rüttelgeräten

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Die Fitnessmaschinen sollen ein wahrer Segen für die Menschheit sein. Das sagen zumindest die Hersteller: Sie sollen die Flexibilität und Kraft des Körpers verbessern, Schmerzen verschwinden lassen, Muskeln auf- und Stress abbauen und sogar Osteoporose bessern. Der Nutzer muss sich nur auf die Vibrationsmaschinen stellen und dort leichte Übungen wie etwa Kniebeugen absolvieren, während derer er ordentlich durchgerüttelt wird. Die Geräte, die in den USA reißenden Absatz finden, werden inzwischen auch in Deutschland angeboten.

Attraktiv ist vor allem die Zeitersparnis: Denn 20 Minuten auf dem Gerät sollen angeblich so intensiv sein wie eine Stunde normales Körpertraining. „Ich fühle mich wacklig, aber angenehm“, sagt die 40 Jahre alte Amy Allen nach 25 Minuten auf dem „Power Plate“, einem Gerät der oberen Preisklasse. „Vielleicht werde ich damit meine überflüssigen Pfunde los“, hofft sie.

Der „Power Plate“ vibriert 20 bis 50 Mal pro Sekunde in drei verschiedene Richtungen. Dies erhöhe die Beschleunigungskräfte auf den Körper und steigere damit den Trainingseffekt von Übungen, verspricht die gleichnamige Herstellerfirma, deren Modelle in Deutschland zwischen 3000 und 15 500 Euro kosten. Dauer und Intensität der Vibrationen lassen sich per Regler steuern. „Man merkt gar nicht, wie hart man trainiert, aber wenn die Vibrationen stoppen, fühlt man es in den Beinen oder im Oberkörper“, sagt Michaela Zakheim, die das Gerät für ihr Fitnesscenter erworben hat. Inzwischen bieten Dutzende Hersteller solche Maschinen an. Die Firma Soloflex aus Oregon hat nach eigenen Angaben in knapp drei Jahren mehr als 30 000 seiner Rüttelgeräte verkauft. Die kosten nur umgerechnet 220 Euro. „Wir haben Rückmeldungen bekommen, dass es Menschen mit Inkontinenz hilft“, erzählt Wilson. „Ihre Schmerzen sind verschwunden, sie sind stärker, sie schlafen besser.“

Selbst die US-Weltraumbehörde NASA erprobt die Einsatzmöglichkeiten. Die Vibrationen könnten Astronauten in der Schwerelosigkeit des Alls vor Muskelatrophie und Knochenschwund schützen. Laut einer Studie der NASA im Johnson Space Center arbeiten die Muskeln bei Übungen auf dem vibrierenden Gerät tatsächlich mehr. „Aber wir müssen herausfinden, wie man das am besten nutzt“, sagt Bill Amonette von der Universität Houston, der die NASA-Studie leitete. „Das wird noch ein paar Jahre dauern.“

Die Versprechungen der kommerziellen Hersteller betrachtet Amonette mit Skepsis: „In der Werbung behaupten sie manchmal Dinge, die nicht unbedingt stimmen.“ Forscher wie Amonettes Kollege Andrew Abercromby befürchten sogar, dass die Schwingungen mit der Zeit den Körper schädigen könnten: „Ich glaube, dass das Urteil dazu noch aussteht.“

Rückenschmerzen

können die Folge sein

Auch Clinton Rubin von der Universität von New York in Stony Brook sieht die Entwicklung mit Sorge. Der Biomediziner hat „Power Plate“ aufgefordert, seine Forschungsergebnisse nicht mehr für ihre Werbung zu verwenden. Seine Studien haben dazu geführt, dass die US-Behörde FDA ein Vibrationsgerät zur Prävention und Behandlung von Osteoporose zuließ. Aber dieses Gerät hat laut Rubin wesentlich sanftere Schwingungen.

„Power Plate“, so vermutet der Wissenschaftler, könne dagegen zu Rückenschmerzen, Knorpelschäden, Augenproblemen, Hörverlust und sogar zu Hirnschäden führen. „Man übersieht die Gefahr regelmäßiger Nutzung“, sagt Rubin. „Ich als Wissenschaftler sorge mich, dass Menschen das Gerät auf Basis einer Verdrehung wissenschaftlicher Erkenntnisse verwenden.“

Und letztlich schließen offenbar auch die Hersteller ungünstige Nebenwirkungen ihrer Geräte nicht aus: So rät „Power Plate“ schwangeren Frauen grundsätzlich von der Nutzung ab, außerdem Menschen mit Netzhautablösung, Blutgerinnseln, Knochentumoren und anderen Gesundheitsproblemen. Soloflex rät, den Apparat maximal 30 Minuten täglich zu benutzen.

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