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Walter Schmidt-BlekerSchockierende Erkenntnisse nach Mauerfall

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Das rote Barett hat ausgedient: Walter Schmidt-Bleker geht mit vielen Erinnerungen in den Ruhestand. (Foto: Reinnarth)

Das rote Barett hat ausgedient: Walter Schmidt-Bleker geht mit vielen Erinnerungen in den Ruhestand. (Foto: Reinnarth)

EUSKIRCHEN – „Ich melde mich ab!“ BrigadegeneralWalter Schmidt-Blekerhat sich nach sechseinhalb Jahren an der Spitze des Geo-Informationsamtes der Bundeswehr bei einem Empfang in der Gersdorff-Kaserne von ungezählten Wegbegleitern verabschiedet. Nahezu jedem dankte er mit Namen – bis hin zum Fahrer und der Sekretärin. Der Mann, der die Geo-Ämter von Traben-Trarbach und Euskirchen zu einer Dienststelle zusammenführte, strich schon zuvor von BrigadegeneralPeter Gorgels, dem Stellvertretenden Befehlshaber und Chef des Stabes im Streitkräfteunterstützungskommando, dickes Lob ein.Gorgels rühmte das große diplomatische Geschick des 61-Jährigen, seine exzellenten Fachkenntnisse und seine zupackende Arbeitsweise. Diese hätten ihn schließlich auch befähigt, die Fusion der Geo-Fachdienste zum Geoinformationsdienst der Bundeswehr zu planen und umzusetzen. Skepsis und Widerstand hätten diesen Prozess teils bis heute begleitet. Viel Überzeugungsarbeit, Verständnis für Nöte und Sorgen, Fingerspitzengefühl und Feingefühl, aber auch ein klarer Wille, Verstand und Energie seien gefordert gewesen. Den weiteren Weg muss nun der Nachfolger, Oberst Roland Brunnergehen. Ihm hinterließ Schmidt-Bleker die Vision von einem europäischen Kompetenzzentrum für Geo-Information.„Ratschläge gebe ich jetzt keine mehr“, sagte der General zum Abschied. „Was ich in sechseinhalb Jahren nicht erreichen konnte, versuche ich jetzt auch nicht mehr.“

Teil des Abschieds war eine Motorrad-Eskorte für die Fahrt von der Mercator-Kaserne zur Gersdorff-Kaserne – eine Überraschung.38 Dienstjahre liegen hinter Schmidt-Bleker. Nach zweijähriger Dienstzeit bei der Heeresfliegertruppe und Geologiestudium in Münster ging er 1976 zum zweiten Mal zur Bundeswehr. Mehr als zehn Jahre lernte er in der TopografieTruppe die Aufgaben derGeo-Info-Unterstützung von der Pike auf und versorgte zuletzt die gesamte Nato mit Geo-Informationen.

Den prägendsten Eindruck seiner gesamten Militärlaufbahn sammelte er aber während seines Abstechers zu einer Panzergrenadier-Division in Oldenburg. „Das war, als die Mauer gefallen war, und wir erstmals mit Mitgliedern der ehemaligen NVA und zurückgelassenen russischen Offizieren zusammentrafen.“ Es sei „sehr erhellend gewesen, was die andere Seite von uns glaubte“.

Die NVA-Soldaten waren rückwirkend sauer auf ihre Vorgesetzten, weil die ihnen weisgemacht hatten, dass die elementarste Bedrohung an Weihnachten bestehe, und deshalb jedes Jahr am Feiertag die Bereitschaft hochgefahren und ein Angriff durch die Bundesrepublik auf die Sowjetunion erwartet wurde.

„Wir haben ihnen dann mit Befehlen belegen können, dass die Kasernen in Deutschland an Weihnachten nahezu leer waren.“Im Gegenzug, so Schmidt-Bleker, sei er erschrocken gewesen, wie viel Material und Munition unmittelbar an der Grenze lagerten, ebenso Raketentreibstoff, und zwar unter anderen Bedingungen als hier – und für einen jederzeitigen Einsatz bereit.

Auch der Einsatz in Afghanistan hat Schmidt-Bleker nachhaltig geprägt. „Wir haben anfangs nicht von einem Krieg gesprochen. Uund vor allem in den Anfangsjahren ist in dem Land viel Gutes getan worden. Wir waren gut geschätzt und konnten dort auf dem Markt einkaufen.“ Doch dies habe sich, warum auch immer, geändert. „Wir haben die Lage falsch eingeschätzt und mussten erkennen, dass man nicht einfach die Demokratie bringen kann, und die freuen sich dann darüber.“

Vor einem Jahr erhielt Schmidt-Bleker das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland für seine Leistungen als militärischer Führer und verantwortlicher Fachmann des Geoinformationsdienstes. Amtschef ist Schmidt-Bleker nun nicht mehr, aber immer noch Soldat. Bis Monatsende habe er Urlaub, am 26. Januar werde er vom Verteidigungsminister per Urkunde in den Ruhestand versetzt.Den wird der General in Hachenburg erleben, nicht in Schleiden, wo er zuvor wohnte. „Meine Frau hat sich das gewünscht, weil dort ihre Eltern leben.“

Seiner Frau Agnesgalt auch der Dank des Vorgesetzten. Sie erhielt vom stellvertretenden Chef des Streitkräfteunterstützungskommandos, Peter Gorgels, einen letzten Auftrag: „Passen Sie gut auf ihn auf. Er unterliegt fortan nur noch Ihrer Dienstaufsicht!“ Da wird er noch Zeit für Hobbys wie Motorradfahren, Campen , Angeln sowie die sechs Enkel haben.

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