„Kommt nicht über Nacht“11,72 Prozent der NRW-Bürger sind überschuldet
Das Wort «Privatinsolvenz» steht auf einem Trennblatt, während davor ein Antrag zur Eröfnung eines Insolvenzverfahrens liegt.
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Köln – „Überschuldung kommt nicht über Nacht“, sagt Michael Eham. Zwischen dem auslösenden Ereignis, etwa ein Jobverlust, und der festgestellten Überschuldung lägen oft drei Jahre, so der Geschäftsführer der Schuldnerhilfe Köln.
Lange, so seiner Erfahrung, versuchten Überschuldete sich mit eigenen Mitteln zu helfen. Wenn sie scheitern, hätten 42 Prozent seiner Kunden zehn Gläubiger und mehr. Zu materiellen Entbehrungen gesellten sich Existenzangst sowie Stress und belastete soziale Beziehungen. Nach einer Studie der Uni Bonn, an der die Schuldnerhilfe mitgewirkt habe, hätten Überschuldete ein deutlich erhöhtes Risiko, psychisch zu erkranken.
Überschuldung: mehr Schulden als Einkommen
Überschuldet sind in Köln 11,62 (Vorjahr: 11,67) Prozent der Erwachsenen. Das liegt unter dem NRW-Schnitt von 11,72 Prozent, aber deutlich über dem Bundesschnitt von zehn Prozent. Im Vergleich zu anderen Metropolen stehe Köln aber gar nicht so schlecht da, meinte Moritz von Padberg von der Creditreform Köln.
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Überschuldung bedeutet kurz: „Das Einkommen reicht nicht aus, um die Zahlungsverpflichtungen dauerhaft zu bestreiten“, sagte Jörg Rossen von der Creditreform Bonn am Mittwoch. In die Statistik kommen Betroffene, wenn ihnen Haft angedroht wird zur Abgabe einer Vermögensauskunft, sie eine derartige Auskunft, die früher eidesstattliche Versicherung hieß, abgegeben haben oder Privatinsolvenz angemeldet haben. Das ist amtlich erfasst. Außerdem gibt es als weiches Kriterium „unstrittige Inkassofälle“ von Creditreform oder gemeldete nachhaltige Zahlungsstörungen.
Verschuldung steigt, wenn Konjunktur nachlässt
Die Verschuldung in der Region ist recht konstant. Es gibt freilich große regionale Unterschiede. Die linksrheinischen Stadtteile von Köln haben eine Schuldnerquote von 10,01 Prozent, die rechtsrheinischen eine von 14,46 Prozent. Besonders hoch ist sie in Gremberghoven mit 26,15 Prozent sowie in Meschenich (24,21) und Lindweiler (23,36). Die niedrigsten Werte haben Widdersdorf mit 4,70 Prozent sowie Lindenthal (5,07) und Fühlingen (5,52).
Dabei haben sich die Werte für Gremberghoven und Meschenich verbessert. „Eine Trendumkehr“ nennt das von Padberg. In den Vorjahren ging die Schere zwischen hoch und gering verschuldeten Stadtteilen immer weiter auseinander. Entwarnung will aber keiner geben. Wenn die Konjunktur nachlässt, steigt wohl auch wieder die Verschuldung.
20,17 Prozent in Bergheim überschuldet
Im Rhein-Erft-Kreis reicht die Spanne von 7,04 Prozent in Pulheim bis 20,17 Prozent in Bergheim. In Teilen von Bergisch Gladbach sind 12,69 Prozent der Erwachsenen überschuldet, in Odenthal 6,20 Prozent. Im Oberbergischen liegen die Werte zwischen 13,42 Prozent in Waldbröl und 7,42 Prozent in Wiehl. Und Windeck im Rhein-Sieg-Kreis liegt bei 14,48 Prozent, Wachtberg bei 6,06. Vergleichsweise gut sieht es in Bonn mit einer Schuldenquote von 8,84 Prozent aus, 0,03 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.
Wichtiges Mittel gegen Überschuldung sei finanzielle Bildung, meinte Eham: „Unsere Kunden sehen oft bei uns erstmals ein Papier mit einer Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben.“ Und die Bildung erfolge am besten bereits in der Schule.
Tipps gegen Überschuldung
„Auf Warnzeichen achten“, rät die Schuldnerhilfe. Wer dauerhaft im Dispo ist, muss handeln. Und die monatliche Einnahmen und Ausgaben müssten im Blick sein. Eham empfiehlt die Aufteilung der Barmittel zu Monatsbeginn in vier Portionen für jeweils eine Woche. Kunden sollten mit Bargeld zahlen statt mit Karten. Und sie sollten möglichst früh zur Schuldnerberatung gehen, wenn es finanzielle Probleme gebe, oder etwa die Schuldnerhilfe unter 0800 – 6896896 kostenlos anrufen. Hier gebe es Hilfe zur Selbsthilfe. Derzeit müssten noch 64,8 Prozent der Kunden in der persönlichen Beratung Privatinsolvenz anmelden. Das ist für beide Seiten problematisch. Gläubiger erleiden in der Regel einen Totalverlust.