Belgien stoppt 5G-NetzWie gefährlich ist die Strahlung für Bürger wirklich?

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5G

Symbolbild

  • Céline Fremault hat sich als Rebellin gegen den Aufbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes 5G einen Namen gemacht
  • Belgiens Umweltministerin sieht die Bürger als Versuchskaninchen und will weitere Untersuchungen
  • Woher kommen die Zweifel und was bedeutet der Vorstoß?

Brüssel – 5G gilt als der Mobilfunk-Standard von morgen – in Deutschland ist gerade die Versteigerung der Frequenzen in vollem Gange. Doch die ehrgeizigen Ausbaupläne der EU geraten gerade ins Stocken. Die Städte Brüssel und Genf haben den Aufbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes gestoppt. Nun will auch die Brüsseler Kommission erst einmal wissen, ob die erhöhte Strahlung ein Risiko für die Bürger ist.

Céline Fremault hat sich als Rebellin gegen den Aufbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes 5G einen Namen gemacht. Vor wenigen Tagen ließ die christsoziale Umweltministerin der Hauptstadtregion Brüssel den Aufbau der neuen Übertragungstechnik stoppen.

„Ich kann eine solche Technologie nicht begrüßen, wenn die Strahlungsstandards, die den Bürger schützen müssen, nicht beachtet werden, ob 5G oder nicht“, sagte sie in einem Zeitungsinterview. „Die Brüsseler sind keine Versuchskaninchen, deren Gesundheit ich zum Profit anderer verkaufen kann.“

Schweiz legt Pläne auch auf Eis

Auch wenn die belgische Metropole kein Einzelfall ist – die Stadtväter in Genf in der Schweiz haben ein 5G-Netz ebenfalls erst einmal auf Eis gelegt – so ist diese Situation doch eine besondere: Im bisherigen GSM-Netz erlauben die belgischen Vorschriften bei 900 Megahertz nur eine Strahlung von sechs Volt pro Meter. Laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) liegen die Werte in Deutschland schon jetzt deutlich höher: Im gleichen Frequenzbereich dürfen die Daten mit 41 Volt je Meter gesendet werden, im LTE-Netz sogar mit 61 Volt.

Das Belgische Institut für Postdienste und Telekommunikation hatte im Oktober vorgeschlagen, die Werte deutlich zu erhöhen und an das europäische Niveau anzupassen, weil der Provider Orange, der die EU-Hauptstadt auf 5G aufrüsten sollte, ohne höhere Leistung das neue Netz nicht installieren könne.

Wachsende Zweifel durch Expertenrat

Fremault ließ sich jedoch nicht beirren, stoppte das Vorhaben zunächst und brüskierte damit nicht zuletzt die EU-Kommission, die die Mitgliedstaaten aufgefordert hatte, bis Ende 2020 in jeweils einer Stadt die neue Netzinfrastruktur zu errichten. Doch die Zweifel wachsen, seitdem im September 2018 über 240 Wissenschaftler aus 41 Ländern in einem schriftlichen Appell ein Moratorium empfohlen haben, bis die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch unabhängige Experten untersucht wurden.

Inzwischen reagierte die EU-Kommission. Sie forderte die Mitgliedstaaten auf, bis Ende Juni eine nationale Risikoabschätzung vorzunehmen und in Brüssel bei der EU einzureichen. Anschließend hat die Europäische Agentur für Cybersicherheit (Enisa) bis Oktober Zeit, ein Urteil über mögliche Gefahren für die ganze Gemeinschaft auszuarbeiten. In einem letzten Schritt soll dann bis zum Jahresende eine eigens zusammengestellte Arbeitsgruppe sagen, wie eventuelle Risiken begrenzt werden können. Beim deutschen Bundesamt sieht man bisher keine negativen Auswirkungen für die Gesundheit.

5G bleibt umstritten

Tatsächlich bleibt der Mobilfunk-Standard 5G umstritten – auch aus anderen Gründen. Das Hochgeschwindigkeitsnetz gilt vielen als Allheilmittel für jene Regionen, in denen es immer noch Funklöcher gibt. Experten machen seit Langem darauf aufmerksam, dass dies ein Irrtum sei. Der neue Standard bringe keinerlei Verbesserungen für den Privatkunden, sondern lediglich für industrielle Anwendungen, für selbstfahrende Autos oder komplexe Logistik-Anforderungen wie im Hamburger Hafen, wo die Schiffe nun in Echtzeit verfolgt und gelotst werden können.

Zur 5G-Auktion in Deutschland

Unter der Leitung der Bundesnetzagentur werden die 5G-Frequenzen seit dem 19. März in Deutschland versteigert. An der Auktion beteiligen sich vier Unternehmen: die Deutsche Telekom, Vodafone, Drillisch und Telefónica. Für die insgesamt 41 Frequenzblöcke in den Bereichen 2 Gigahertz (GHz) und 3,4 GHz bis 3,7 GHz wurden bisher mehr als 5,3 Milliarden Euro geboten. Geboten wird gleichzeitig pro Frequenzblock, die Bieter sitzen in getrennten Räumen in Mainz. Ein Ende der Auktion ist nicht absehbar.

5G steht für die fünfte Mobilfunkgeneration, die Weiterentwicklung des bereits bestehenden Standards 4G (LTE). Die Übertragungsrate ist aber etwa 100 Mal schneller. Unternehmen sind im Zuge der Vernetzung von Maschinen und Geräten in der Produktion auf schnelle Datennetze auch im Mobilfunk angewiesen. (ut)

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