Niki-Airline vor InsolvenzVerkauf an Lufthansa gescheitert – Folgen für Passagiere

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Lufthansa übernimmt den Austro-Ferienflieger Niki doch nicht.

Frankurt/Main – Die Unsicherheit um die österreichische Fluglinie Niki in Folge des zurückgezogenen Übernahmeangebots der Lufthansa ist nach Aussage der EU-Wettbewerbshüter bedauerlich. „Zumal dies nicht das einzig mögliche Resultat seit Beginn des Verkaufsprozesses war“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel. „Es ist nun am Air-Berlin-Insolvenzverwalter, die nächsten Schritte zu bestimmen.“

Schwerwiegende Bedenken der EU-Kommission

Es sei von Beginn an klar gewesen, dass es auf vielen Strecken zwischen Lufthansa und Air Berlin Überschneidungen gegeben habe, mit Risiken für Verbraucher in Deutschland, Österreich und der Schweiz, teilte die Brüsseler Behörde weiter mit. „Aufgabe der EU-Kommission ist es, ihr präsentierte Transaktionen zu beurteilen. Wir müssen sicherstellen, dass Konsumenten durch Zusammenschlüsse nicht schlechter gestellt werden.“

Die Wettbewerbshüter wollen nun noch die weiter angepeilte Übernahme der Air-Berlin-Tochter LG Walter durch den Lufthansa-Konzern prüfen. Die Prüffrist läuft bis 21. Dezember.

Der Frankfurter Dax-Konzern wollte ursprünglich für 210 Millionen Euro sowohl die LG Walter als auch Niki aus der Insolvenzmasse von Air Berlin übernehmen. Wegen schwerwiegender Bedenken der EU-Kommission gegen die Niki-Übernahme zog Lufthansa allerdings das Angebot zurück.

Was bedeutet die geplatzte Übernahme für Reisende in der Weihnachtszeit?

Falls die Niki tatsächlich abrupt ihren Flugbetrieb einstellen muss, könnten Tausende Passagiere ihre bereits gebuchten Flüge nicht antreten. Sofern sie in Verbindung mit einer Pauschalreise gebucht sind, müsste der Veranstalter für Ersatzflüge sorgen. Wer seine Tickets direkt gekauft hat, müsste selbst Ersatzflüge suchen und diese auch bezahlen. Sollte sich kein neuer Käufer für die österreichische Airline finden, verschwände erneut die Kapazität von 20 Flugzeugen aus dem mitteleuropäischen Markt, was nach den Erfahrungen aus der Air Berlin-Pleite zu Engpässen und höheren Durchschnittspreisen bei den verbleibenden Anbietern führen dürfte.

Wer hat nun noch Chancen, die Niki zu übernehmen?

Letztlich werden die Karten im Übernahmepoker neu gemischt. Auch nach einem „Grounding“ könnten zumindest die Niki-Slots für den Sommerflugplan ab Mitte März noch einen gewissen Gegenwert darstellen und Käufer anlocken. Trotz der bislang erfolglosen Gespräche und zwischenzeitlichen Absagen könnten erneut die Großkonzerne IAG (British Airways, Iberia, Vueling) und Thomas Cook (Condor) Interesse haben. Insidern zufolge tagte bereits am Mittwochnachmittag der Thomas-Cook-Verwaltungsrat, bei dem das Thema zur Sprache kam. Sie sind jetzt gegenüber dem Insolvenzverwalter Frank Kebekus in einer sehr starken Position.

Was wird aus den Arbeitsplätzen?

Falls Niki Insolvenz anmeldet, stehen kurz vor Weihnachten 1000 Mitarbeiter auf der Straße, wie Kebekus als Generalbevollmächtigter der Air Berlin klargemacht hat. Das betrifft nicht nur Österreich. Viele Besatzungen sind in Deutschland stationiert und bringen Passagiere von hier aus zu Badezielen etwa ans Mittelmeer. Piloten und Flugbegleiter haben aber wohl gute Chancen, bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterzukommen. Die soll nun aus eigener Kraft wachsen. Viele Flugzeuge aus der Air-Berlin-Gruppe hat Lufthansa schon von Leasingfirmen gekauft. Es fehlen praktisch nur noch die Besatzungen. Falls ein anderer Käufer den Zuschlag für die Niki bekommt, könnten dort Jobs erhalten bleiben.

Wie geht die Lufthansa jetzt weiter vor?

Die umsatzstärkste Fluggesellschaft Europas will zunächst in Brüssel retten, was noch zu retten ist, nämlich die zweite Air-Berlin-Tochter LG Walter. In diesem nicht insolventen Flugbetrieb sind derzeit 20 Propellermaschinen und 14 Airbus A320 registriert, die samt eigenem Personal Verbindungen für die Lufthansa-Tochter Eurowings fliegen. Sie verfügt über zusätzliche Start- und Landerechte aus dem Air-Berlin-Erbe, die aber auch noch Gegenstand von Verhandlungen mit den unerwartet strengen Brüsseler Wettbewerbshütern werden könnten. Mittelfristig will Lufthansa die Eurowings nun aus eigener Kraft wachsen lassen. Es wird aber deutlich länger dauern, als wenn man die 20 Niki-Jets samt eingearbeiteten Crews hätte übernehmen können.

Warum hatte die Lufthansa als Marktführerin überhaupt den Zuschlag für den Großteil von Air Berlin erhalten?

Nach Aussage von Air-Berlin-Sachwalter Lucas Flöther haben die Lufthansa und Easyjet schlicht am meisten Geld geboten. „Entgegen allen Verschwörungstheorien haben wir an diejenigen verkauft, die das beste Angebot vorgelegt haben“, sagte er im November der „Süddeutschen Zeitung“. Die British-Airways-Mutter IAG, die sich die Niki für ihre spanische Tochter Vueling einverleiben wollte, zog ebenso den Kürzeren wie der Ferienflieger Condor. Allerdings haben die Beteiligten die EU-Kommission falsch eingeschätzt. Kebekus rechnete zwar mit Auflagen der Behörde. „Das heißt aber nicht, dass der gesamte Deal infrage gestellt wird“, sagte er.

Bekommt der Staat seinen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro zurück?

Die Bundesregierung sagt selbst, dass der Kredit möglicherweise nur zum Teil an die KfW zurückgezahlt werden kann. Sollte sich kein neuer Käufer für die Niki finden, könnte es bei einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag bleiben, für den größeren Rest müsste der Steuerzahler aufkommen, da der Staat gebürgt hat. 40 Millionen Euro fließen von der britischen Easyjet, 18 Millionen Euro von der Lufthansa für die LG Walter und ein unbekannter Betrag für die Air Berlin Technik, die vom Berliner Logistikunternehmen Zeitfracht übernommen worden ist.

Was bedeutet das Scheitern der Übernahme für den Wettbewerb?

Das lässt sich erst genauer sagen, wenn das Schicksal der Niki klar wird. Findet sich noch ein Käufer, entsteht besonders auf dem Markt der Ferienflüge möglicherweise ein größeres Gegengewicht zur Eurowings der Lufthansa. Bleibt Niki hingegen komplett am Boden, könnte gerade die Eurowings schnell in die Lücken stoßen, das frei werdende Personal einstellen und auf den neu verteilten Slots zusätzliche Flüge anbieten. (dpa)

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