RWE-Power-Chef Frank Weigand„Es braucht gar kein Ausstiegsdatum für Braunkohle“

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RWE-Power-Chef Frank Weigand im Interview.

RWE-Power-Chef Frank Weigand im Interview.

Köln – RWE-Power-Chef Frank Weigand über das Ende der Braunkohle, den Innogy-Deal und Stromlieferungen für Belgien.

Herr Weigand, die geplante Neuordnung des Energiegeschäfts zwischen Eon und RWE hat nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch Experten durchaus überrascht. Sie ebenfalls?

Der Überraschungsfaktor war bei mir wahrscheinlich etwas kleiner, denn wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass alle Optionen geprüft werden. Aber das Wichtige ist, dass ich das als sehr gutes Übereinkommen sehe. Zu dem starken Teil, den wir schon haben, die konventionelle Stromerzeugung, kommt nun der grüne Strom hinzu. Das wird helfen, die Energiewende zum Gelingen zu bringen – und dabei die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Im Ergebnis ist es also eine Stärkung des Unternehmens. Das sehen im Übrigen auch die Mitarbeiter in der konventionellen Erzeugung so.

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Ist es nicht auch ein Eingeständnis, dass die großen Energiekonzerne immer noch nicht wissen, wie sie die Energiewende gestalten sollen?

Ich würde es umdrehen und sagen: Unternehmen wie wir müssen sich weiterentwickeln und müssen neu denken, wenn Märkte sich verändern. Ansonsten werden wir in Zukunft keine Chance mehr haben.

Es ist die Rede von 5000 Stellen, die im Zuge des Deals bei der neuen Eon wegfallen könnten. Wie wird sich die Umstrukturierung denn auf RWE und die RWE Power AG auswirken?

Die erneuerbaren Energien werden unter das Dach der RWE kommen – neben den konventionellen Erzeugungsgesellschaften RWE Power und RWE Generation sowie dem Handelshaus. Wie das genau organisiert wird, werden die Vorstände der Unternehmen ausloten.

Für RWE Power können Sie den Wegfall von Stellen in Folge der Neustrukturierung also ausschließen?

Ja. Das ist in diesem Zusammenhang überhaupt kein Thema.

Gibt es denn andere Auswirkungen dieses Szenarios auf den Braunkohleabbau im rheinischen Revier?

Nein. Wir haben ja hinsichtlich der CO2 -Reduktion einen ganz klaren Fahrplan kommuniziert, der besagt, dass wir bis 2030 die CO2 -Emissionen um 40 bis 50 Prozent in drei Phasen reduzieren: Die Sicherheitsbereitschaft, die schon angesetzt hat…

..im Kraftwerk Frimmersdorf etwa, das jetzt nur noch als Reserve vorgehalten und in vier Jahren endgültig stillgelegt wird.

Zum Beispiel. Hinzu kommen zwei Blöcke in Niederaußem ab Oktober dieses Jahres und ein Block in Neurath im Oktober 2019. Bei der zweiten Phase erwarten wir zwischen 2020 und 2030, dass durch den Zubau insbesondere der Erneuerbaren die Auslastung der Kohlekraftwerke runtergeht. 2030 kommt der Tagebau Inden schließlich an sein natürliches Ende und das Kraftwerk Weisweiler wird geschlossen. An diesem Fahrplan ändert sich durch die Pläne mit Innogy nichts.

Die große Koalition plant, eine Kommission damit zu beauftragen, bis zum Ende dieses Jahres einen Zeitplan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung vorzubereiten. Ende 2019 soll ein verbindliches Datum festgelegt werden. Haben Sie einen Vorschlag an die Koalition?

Es nicht unsere Aufgabe, sondern die der Politik, Rahmen zu setzen. Sie hat dann auch die Konsequenzen zu tragen. Aber die Braunkohle kommt im Mitte des Jahrhunderts sowieso an ihr natürliches Ende, von daher braucht es da gar kein Ausstiegsdatum – im Gegenteil. Je schneller und je mehr Erneuerbare in den Markt gehen, umso schneller löst sich diese Frage über den Markt alleine.

Ihr Vorschlag lautet also 2050? Glauben Sie wirklich, die Politik lässt Ihnen so viel Zeit?

Das Relevante für mich ist, dass wir nicht nur den Klimaschutz betrachten. Genauso wichtig ist das Thema Versorgungssicherheit und die Höhe der Strompreise, insbesondere auch für die Industrie. Da hängen Tausende Jobs dran. Ich erkenne in der Politik schon einen Trend dahin, diese Debatte rational zu führen.

Während der Jamaika-Verhandlungen schien es darauf hinauszulaufen, dass mehr Kohlemeiler früher als geplant abgeschaltet werden sollten. Die Stimmung in der Öffentlichkeit scheint auch in diese Richtung zu gehen. Bereitet Ihnen das Sorge?

Ich nehme in der derzeitigen politischen Debatte eher eine Versachlichung wahr. Das heißt aber nicht, dass wir uns zurücklehnen und glauben, sämtliche teilweise auch ideologischen Aspekte würden keine Rolle mehr spielen. Da müssen wir realistisch sein und uns weiter intensiv einbringen.

Person und Konzern

Frank Weigand ist seit Januar 2018 Vorstandsvorsitzender (CEO) und Finanzvorstand (CFO) der RWE Power AG in Personalunion. Von 2013 an kümmerte sich der promovierte Physiker bereits um die Finanzen des Unternehmens. Im RWE-Konzern ist Frank Weigand seit 2001 tätig.

Die RWE Power AG mit Sitz in Essen und Köln gehört zum RWE-Konzern und verantwortet die Braunkohlekraftwerke in den Tagebauen des rheinischen Reviers. Zudem führt das Unternehmen mehrere Kernkraftwerke.

Mit der Zerschlagung von Innogy wäre RWE drittgrößter Ökostromproduzent in Europa. Macht es vor diesem Hintergrund Sinn, an der Kohle festzuhalten, und so in bestimmten Regionen weiterhin gesellschaftliche und kulturelle Errungenschaften zu zerstören?

Für uns sind die erneuerbaren und die konventionellen Energien zwei Seiten einer Medaille. Das haben wir übrigens auch vor der Transaktion schon immer gesagt. Erzeugung von Wind- und Solarkraft ist nicht steuerbar. Je mehr es davon gibt, desto größer ist die Notwendigkeit, in den Zeiten Strom zur Verfügung zu stellen, in denen es nicht genug aus Erneuerbaren gibt.

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Speicher gibt es in solchen Volumina nicht, daher müssen wir zur Versorgungssicherheit auf konventionelle Anlagen zurückgreifen. Die Atomkraft läuft bald aus. Als sicher verfügbare Grundlast verbleiben die Braunkohlekraftwerke, die zudem flexibel gefahren werden können und günstig sind. Das allein zeigt schon, dass wir beides benötigen.

Das hört sich jetzt nicht nach einem euphorischen Bekenntnis zum Ökostrom an.

Wir sind positiv und euphorisch, es ist eine Erweiterung unseres Geschäfts und eine Stärkung des Unternehmens. Und natürlich werden wir in diesen Bereich investieren und weiterwachsen.

Und was bedeutet das dann am Ende für den Verbraucher? Steigen oder sinken die Strompreise?

Aus diesem Zusammenschluss heraus wird sich für die Endkundenpreise nichts ändern.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat die Lieferung deutschen Stroms nach Belgien ins Spiel gebracht, damit im Gegenzug die Bröckel-Reaktoren Tihange und Doel abgeschaltet werden. Wäre das ein Geschäft für RWE?

Wir könnten da als Unternehmen natürlich einen Beitrag leisten. Zum Beispiel steht ein neues Gaskraftwerk von uns in den Niederlanden, nicht weit entfernt von der belgischen Grenze. Das hat eine ähnliche Kapazität wie Tihange. Aber es läuft nicht. Wir haben Strom von dort in Belgien angeboten. Ein anfängliches Interesse wurde jedoch von den Belgiern irgendwann nicht mehr weiterverfolgt.

Aus welchen Gründen?

Das wissen wir nicht genau. Vielleicht möchte man sich nicht von einem ausländischen Kraftwerk zu abhängig machen. Eventuell kommt die Diskussion ja noch mal in Gang.

Bis wann wäre das umsetzbar?

Das könnte man bis 2022 hinbekommen.

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