Traditionsmarke Sal. OppenheimDas Ende einer 228-jährigen Geschichte in Köln

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Oppenheim

Blick auf die Privatbank Sal. Oppenheim  in Köln

Tünnes und Schäl, der Fastelovend und das Bankhaus Sal. Oppenheim: Wie sehr der Name des Geldinstituts mit Köln verbunden wird, zeigt schon, dass Tommy Engel ihm in seiner musikalischen Liebeserklärung an die Stadt eine eigene Zeile widmet. "Bes Oppenheim un Cie" heißt es in seinem Song "Du bes Kölle". Das gehört bald der Vergangenheit an. Gestern gab die Deutsche Bank bekannt, dass sie die Marke Sal. Oppenheim aufgeben und deren Geschäft in den Konzern integrieren werde.

Es sei nie gelungen, "die Marke Sal. Oppenheim wieder zu alter Stärke zurückzuführen, nachdem sie noch vor dem Kauf 2009 schweren Schaden erlitten hatte", begründete der Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzende John Cryan gestern den Schritt. Damals hatte der Konzern die Kölner Traditionsbank gerettet, nachdem sie durch die Pleite des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor sowie hohe Verluste im Wertpapierhandel in Schieflage geraten war.

Das Investmentbanking wurde aufgegeben, die Mitarbeiterzahl schrumpfte von einst 2000 auf aktuell noch 320 Mitarbeiter an sieben Standorten, 260 davon am Stammsitz Unter Sachsenhausen in Köln. Gestern Morgen um 9.30 Uhr informierte der Sal. Oppenheim-Vorstandsvorsitzende Martin Renker nun die Mitarbeiter über das Aus. Die Versammlung sei sehr emotional gewesen, sagt ein Teilnehmer, ein anderer spricht von Enttäuschung. "Die Zerschlagung, von der seit April die Rede war, ist nun tatsächlich da. Das hat niemanden überrascht", sagt ein weiterer Mitarbeiter: "Es hat sich aber auch keiner gefreut, dass die Nachricht jetzt ,endlich' raus ist." Damals hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, dass die Privatbank vor der Zerschlagung stehe. Branchenkenner sagen, dass die Bank nicht wirklich profitabel arbeitete.

In Gesamtkonzern integriert

Nun wird das Oppenheim-Geschäft in den Gesamtkonzern integriert. "Während die Vermögenskunden künftig aus dem Wealth Management der Deutschen Bank betreut werden, geht die Vermögensverwaltung von Sal. Oppenheim mit ihrer quantitativen Investmentexpertise in der Deutschen Asset Management auf", heißt es in einer Pressemitteilung des letzteren Konzernbereichs.

Mit Vermögenskunden ist die Beratung von Kunden im privaten Bereich gemeint. Sehr erfolgreich agiert Sal.Oppenheim aber in der Vermögensverwaltung, die vor allem für institutionelle Kunden interessant ist. Die 50 Kölner Mitarbeiter aus diesem Bereich werden "auf die Betriebsstätte der Deutsche Asset Management übertragen", heißt es offiziell - ihr Arbeitsplatz ist also gesichert. Der Konzernbereich ist in Deutschland vor allem für seine Fondsmarke DWS bekannt. Dort sieht der Konzern Wachstumspotenzial, ein Börsengang ist geplant.

Mitarbeiter bangen um Zukunft

Das Gros der Mitarbeiter wird wohl aber um die Zukunft bangen, ihnen ist nicht klar, ob der Abschied vom Markennamen weiteren Stellenabbau oder eine Umverteilung bedeutet. In der Pressemitteilung heißt es dazu nur, es sei geplant, möglichst vielen Mitarbeitern im Wealth Management eine berufliche Perspektive im Deutsche-Bank-Konzern zu geben. "Der ICE fährt 1:03 Stunden nach Frankfurt, aber das zählt nur, wenn man in der Nähe des Hauptbahnhofes wohnt", sagt ein Mitarbeiter. "Viele von uns sind seit vielen Jahren hier, haben Frau und Hund, ein Haus abzubezahlen. Und man verzichtet nicht gerne auf die lange Betriebszugehörigkeit, die bei einem Wechsel nichts mehr Wert ist."

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Die Ertragssituation hätte keine andere Entscheidung zugelassen, heißt es seitens der Deutschen Bank. Öffentlich ist nur eine Zahl: Das verwaltete Kundenvolumen von Sal. Oppenheim betrug Ende vorigen Jahres 49,2 Milliarden Euro. Gut 23 Milliarden davon sollen aber auf die Luxemburger Tochter entfallen sein, die inzwischen an die Privatbank Hauck & Aufhäuser verkauft wurde.

Das Geschäft mit der Vermögensverwaltung soll im ersten Quartal 2018 verlagert werden, das mit den Vermögenskunden im Laufe des Jahres. Danach bleibt nur noch die Abwicklung von Altgeschäften. "Es ist bedauerlich, dass der Name Sal. Oppenheim nach 228 Jahren aus dem Markt verschwinden wird", sagt Ulrich S. Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Köln. Gerade bis zum Jahr 2009 habe es eine starke Identität zwischen Bankhaus sowie Stadt und Region gegeben. Die Entscheidung will er nicht kommentieren.

Nun verschwindet der Name Sal. Oppenheim bald vom Markt. Im kölschen Liedgut von Tommy Engel bleibt er auch in Zukunft erhalten.

Aufstieg und Fall des Hauses Oppenheim

1789 gründet der 17-jährige Salomon Oppenheim jr. in Bonn ein Kommissions- und Wechselhaus. 1798 wird der Sitz nach Köln verlegt. 1837 ist das Institut Mitbegründer der Rheinischen Eisenbahn. Für Wachstum sorgen Beteiligungen an weiteren Eisenbahnen und die Finanzierung der Rheinschifffahrt.

1839 ist die Bank Mitbegründer der Colonia Kölnische Feuerversicherung. Später folgen Kölnische Rück und Concordia Lebensversicherung.

1858 konvertiert Albert Freiherr von Oppenheim, Enkel des Firmengründers, vom jüdischen Glauben zum Katholizismus. Sein Bruder Eduard tritt zur evangelischen Kirche über.

1904 steigt nach Fehlinvestitionen die Discont-Gesellschaft, damals zweitgrößte deutsche Bank, bei Sal. Oppenheim ein. 15 Jahre später sind die Gründergesellschaften wieder Alleineigentümer.

1938 firmiert das Institut unter dem Druck der Nazis in Pferdmenges & Co. um. Robert Pferdmenges war seit 1931 Teilhaber der Bank. 1947 erhält die Bank ihren ursprünglichen Namen zurück.

1964 wird Alfred Freiherr von Oppenheim persönlich haftender Gesellschafter. Ab 1978 führt er das Gesellschaftergremium.

1989 trennt sich Sal. Oppenheim von der Colonia, zu der ab 1970 viele Versicherungen verschmolzen worden waren.

1993 wird die Oppenheim-Esch-Holding gegründet, unter deren Dach rund 70 Immobilienfonds aufgelegt wurden.

2005 wird Sal. Oppenheim nach der Übernahme der BHF-Bank größte unabhängige Privatbank Europas. Insgesamt hatten die Institute über 3000 Mitarbeiter, Sal. Oppenheim allein 2000.

2007 Luxemburg wird Hauptsitz des Instituts.

2008 wird Sal. Oppenheim Großaktionär beim taumelnden Konzern Arcandor. Neben hohen Verlusten im Wertpapierhandel sorgt die Pleite von Arcandor für tiefrote Zahlen.

2010 Sal. Oppenheim wird durch einen Notverkauf an die Deutsche Bank gerettet. Nach Verkäufen von Unternehmensteilen und mehreren Restrukturierungsrunden sind von einst 2000 noch rund 500 Mitarbeitern an Bord.

2015 Am 9. Juli verurteilt die 16. Große Strafkammer des Kölner Landgerichts die Ex-Bankchefs wegen Untreue. Friedrich Carl Janssen soll für 34 Monate in Haft. Matthias Graf von Krockow und Dieter Pfundt erhalten Bewährungsstrafen von zwei Jahren. Christopher Freiherr von Oppenheim, der wie Krockow ein Geständnis abgelegt hatte, wird zu 23 Monaten auf Bewährung verurteilt. Sie sollen die Bank bei einem Immobiliengeschäft in Frankfurt und durch den Einstieg bei Arcandor sowie einen Kredit für den Handelskonzern um Millionen geschädigt haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Weitere Verfahren, zum Beispiel um Schadenersatz, laufen noch.

2017 Am 26. Oktober kündigt die Deutsche Bank an, sie werde die Traditionsmarke Oppenheim aufgeben. (raz)

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