Inklusive Gruppe des AlpenvereinsMenschen mit Behinderung testen ihre Grenzen neu aus

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Weiter, immer weiter: Auch blinde Menschen können mit den Helfern des Deutschen Alpenvereins in der Kletterhalle steile Wände erklimmen.

Weiter, immer weiter: Auch blinde Menschen können mit den Helfern des Deutschen Alpenvereins in der Kletterhalle steile Wände erklimmen.

Köln – Behutsam tasten sich die Hände von Sophi Renee über die Wand. Entschlossen zieht sie sich an der Kletterwand in den Abenteuerhallen Kalk hoch. Ihre Beine unterstützen sie dabei nicht. Renee ist seit 15 Jahren vom Bauchnabel an abwärts gelähmt. Grund: Ein Unfall. Zurück am Boden stellt Renee fest: „Es war ein Wahnsinnsgefühl als ich an der Wand hing. Ich habe immer gedacht, dass man seine Beine braucht um zu klettern. Das Gefühl, dass man auch als Gehandicapter die Wand hoch kommt, ist gigantisch“, schwärmt sie. Vor ihrem Unfall studierte sie Mathe und Sport. Der sportliche Ausgleich habe ihr lange gefehlt, erzählt sie, seit zwei Wochen versucht sie sich im Rollstuhltischtennis.

Jeder hilft jedem

Ohne Hilfe kommt sie an der Kletterwand jedoch nicht aus. „Ohne ehrenamtliches Engagement geht es nicht. Ich bin sehr dankbar, dass sie helfen“, sagt sie. Gesichert wird sie von drei Kletterhelfern. Zwei klettern mit ihr, und sichern sie in der Luft, einer hilft vom Boden aus. Dieser Bodenhelfer ist Uwe Tomaschko. Bei einem Unfall hat er selbst ein Bein verloren. „Ich habe gedacht, dass ich nie wieder klettern könnte“, erzählt er. Doch nach dem Unfall begleitete Tomaschko weiterhin seine Kinder zum Klettern – und versuchte es irgendwann auch wieder selbst.

„Mitklettern schien mir unmöglich. Für meine Kinder war ich ein nicht mehr richtig funktionierender Vater“, meint er. Angestellte aus der Kletterhalle, die er mit seinen Kindern besuchte, wiesen ihn auf die inklusive Klettergruppe hin. „Dort habe ich festgestellt, dass wenn man den inneren Schweinehund überwindet, selbst dein größtes Handicap dich nicht aufhalten kann. Als meine Kinder dann gesehen haben, dass ich wieder klettern konnte, war es für sie das Größte auf der Welt“, sagt er stolz. Gemeinsam testen die Sportler hier ihre Grenzen aus. „Jeder hilft jedem, egal wie stark er auch eingeschränkt ist“, so Falko Nettekoven, Gründer der Gruppe. Um noch mehr Menschen mit Behinderungen Mut zu machen, haben die Organisatoren den Youtube-Kanal „Handicapklettergruppe Köln“ gegründet, wo eigene Kletter-Filme gezeigt werden.

Wer mitklettern möchte, sollte sich bei Falko Nettekoven vom Deutschen Alpenverein Köln (DAV) melden (0221/240 6754). Die Kosten für das Klettern liegen bei etwa 7,50 Euro. Die Gruppe trifft sich immer am ersten Samstag im Monat in der Kletterhalle „Canyon Chorweiler“.

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