Auswandern als RentnerAlt werden unter Thailands Sonne – Traum oder Albtraum?

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Thailand Rente

Thai-Traum: Ein Cocktail mit Sonnenuntergang am Meer - so stellen sich viele deutsche Rentner das Leben in Thailand vor.

Bangkok – Der Diamant im linken Ohrläppchen glitzert in der tropischen Sonne Bangkoks. An einer Hand trägt Klaus Aulbach zwei goldene Ringe. Eine Goldkette am Hals und eine am rechten Handgelenk vervollständigen das Bild des Lebemanns. Der 74-jährige Rentner aus Berlin-Wilmersdorf macht freilich schnell deutlich, dass er sozusagen die eigenen Ersparnisse am Leibe trägt. "Ich habe 1200 Euro Rente im Monat", erzählt er, bevor in der Kneipe "Deutsches Eck" in Bangkok wie an jedem Freitag die Würfelrunde beginnt.

Seine Mitspieler wissen: Wenn Aulbach zweimal verliert und zweimal eine Runde schmeißen muss, ist Feierabend: "Ich kann mir keine großen Sprünge leisten." Als Aulbach 2001 mit 58 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand ging, stellte er sich sein Leben in Thailand anders vor.

Wegen Mädels und Sonne gekommen

"Ich bin wegen der Mädels und der Sonne gekommen", gibt Aulbach bereitwillig zu, "jetzt im Alter von 74 Jahren bin ich nur noch wegen der Sonne hier." Zehntausende von Rentnern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zog das Königreich während der vergangenen Jahrzehnte an. Die Deutsche Botschaft schätzt, dass etwa 30 000 Deutsche in Thailand leben. Durchschnittlich stirbt in Thailand pro Tag ein Deutscher. Überwiegende Todesursache: Krankheit oder hohes Alter.

Hölle statt Paradies

Dabei entpuppt sich das Tropenparadies aus Geldmangel häufig als tropische Hölle. "Viele Rentner verbringen ihre Zeit an den Steintischen", sagt der seit 1988 in Bangkok lebende Wirt Frank Böer im "Deutschen Eck". Die stehen meist vor den kleinen Läden in Thailand, in denen Bier und Spirituosen besonders billig sind.

Jörg Dunsbach, Pfarrer der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Bangkok, schloss die Ruheständler freilich ins Herz: "Ich habe großes Verständnis. Viele Rentner erhalten nach einem langen Arbeitsleben mickrige Renten. Man kann ihnen nicht verdenken, dass sie in Thailand einen schönen Lebensabend suchen." Besonders beliebt ist die Stadt Udon Thani im Nordosten. Dort versorgt sogar ein Metzger namens "Schweine-Dieter" die Rentner mit deutscher Hausmannskost. Die meisten Ruheständler halten es wie Aulbach. Heimatliche Gewohnheiten sind ihnen lieber als Integration. "Ich brauche mein Schwarzbrot und meine Wurst", sagt er. Freunde bringen ihm die begehrten Leckerbissen mit.

Kaum Kontakte zu Verwandten

Den Kontakt zum einzigen Sohn verlor Aulbach schon vor Jahren. Er ist damit kein Einzelfall. "Im Jahr werden 50 bis 70 Leute aus Österreich, der Schweiz und Deutschland hier in Massengräbern begraben, die nicht identifiziert werden", sagt Pfarrer Dunsbach. Auch Aulbach will nichts mehr von der Heimat wissen. "Ich geh' nicht wieder nach Deutschland", sagt er. "Was soll ich da zwischen den ganzen Ausländern?"

Aulbach verlor den deutschen Sozialstaat nicht völlig aus den Augen. Als er in Berlin seine Zelte abbrach, kündigte er auch seine Krankenversicherung. Der 74-Jährige, der vor ein paar Wochen in Bangkok eine Rückenoperation aus eigener Tasche bezahlen musste, glaubt: "Wenn ich zum Pflegefall werde, muss ich zurück und mich dort polizeilich melden. Dann bin ich automatisch versichert."

Das Kalkül geht freilich nur auf, wenn er dann noch flugfähig ist. Oft aber fehlen Rentnern, die heimkehren wollen, die nötigen Mittel. Schon vor Jahren gründeten Deutsche in Thailand den Deutschen Hilfsverein (DHV), der sich mit Spenden finanziert. Er hilft jährlich zwischen 70 und 100 Personen. Auf der Webseite warnt der Verein: "Für Frührentner ist ein Daueraufenthalt nicht zu empfehlen."

Die meisten Leute wollen ihren Status Quo in Thailand absichern. Frank Böer, einer der Vereinsgründer, stellt aber klar: "Wir helfen nur Leuten, die nicht selbstverschuldet in eine Notlage geraten."

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