Impfung im Akkordtempo gegen die blauen Zungen

Lesezeit 3 Minuten

Bis Mitte April müssen Schafe, Rinder und Ziegen im Kreis gegen die Blauzungen-Krankheit geimpft sein. Wir haben Tierarzt Dr. Werner Ising bei einer Impf-Tour begleitet.

OBERBERG. So hatten sich Lotta, Mathilda und Lina ihren Vormittag sicher nicht vorgestellt: Völlig verängstigt drängen sich die Schafe von Sigrid Schwarzenberger in einer Ecke ihres Holzhäuschens zusammen. Entgehen können sie der metallisch-glänzenden Impf-Pistole von Tierarzt Dr. Werner Ising und seiner Mitarbeiterin Johanna Pieper aber nicht. Nur wenige Sekunden später haben die drei das schützende Serum im Blut.

Seit etwa zwei Monaten ist Werner Ising dabei, alle Schaf- und Rinder-Bestände in seinem Zuständigkeitsbereich (Gummersbach, Reichshof, Marienheide, Bergneustadt und Kreis Olpe) durchzuimpfen - bisher etwa 2000 Tiere, schätzt er. An diesem Vormittag stehen Nachimpfungen an, die den Schutz vervollkommnen, bevor die Tiere in den nächsten Wochen auf die Weide gelassen werden.

Alles zum Thema Impfung

Viel Aufwand für

die Tierärzte

Seit die Blauzungen-Krankheit im Jahr 2007 die Schaf- und Rinder-Bestände im Kreis stark dezimiert hat, setzt man auf prophylaktische Impfungen. Auch wenn das für die 36 Tierärzte, die die Impfungen durchführen, einen großen zusätzlichen Aufwand bedeutet. „Mit dem Impfen allein ist es ja nicht getan“, erklärt Ising. Auch für die Abholung des Impfstoffs beim Kreis, für die Lagerung, die Anfahrten, die Pflege der Datenbank und die Abrechnungen sind die Tierärzte zuständig. „Wenn ich meine Frau nicht hätte, die mir in der Tierarztpraxis den Rücken frei hält, ginge das nicht so entspannt“. Pro Schaf bekommt Ising dafür rund 1,35 Euro, bei Rindern zwischen 2 und 2,50 Euro.

In Gummistiefeln, grünen Kitteln und mit geladener Impf-Pistole geht es in den Stall von Sebastian Hähn, der die Tiere bereits im Fressgitter fixiert hat. Während Werner Ising die Nummer vorliest, sucht Johanna Pieper die jeweiligen Rinder anhand ihrer Ohrmarke und verabreicht ihnen die vier Milliliter Impfstoff in die Halspartie. „Der Pieks ist für die Tiere gar nicht so schlimm“, sagt sie, während sie die Kanüle wechselt. Die Hektik und die fremden Leute im Stall regten die Tiere viel mehr auf.

Aus diesem Grund empfindet Landwirt Sebastian Hähn die Impferei auch als ziemlich lästig - zumal er nicht hundertprozentig von der Wirksamkeit des Serums überzeugt ist. Auch einige andere seiner Kollegen, die der Tierarzt besucht, sind eher skeptisch. Zudem hätten sie Nebenwirkungen wie höhere Anfälligkeit für Durchfall, Verzögerung der Trächtigkeit und eine Verringerung der Milchleistung ausgemacht.

Werner Ising hingegen ist überzeugt von der Wirksamkeit des Serums, obwohl dieses im vergangenen Jahr ja weitestgehend ungeprüft ausgegeben worden war: „Seitdem wir gegen die Blauzunge impfen, gibt es nur noch Einzeltiererkrankungen“, weiß er. Fakt sei allerdings, dass durch die Impfung die Milchmenge zurückgehe. Hinzu kommt, dass jedes Jahr nachgeimpft werden muss, da der Virus mit dem Serum nicht ausradiert werden kann. Und dennoch: „Der Aufwand der Prophylaxe-Impfung steht in keinem Verhältnis zu den Verlusten, die wir hier 2007 hatten.“

Richtig schlimm erwischt hatte es 2007 Landwirt Christoph Hütte. Ihm verendeten neun Rinder an der Blauzungenkrankheit. „Das war so ein Chaos, da nehme ich die Impf-Prozedur gerne in Kauf. Wir schlucken schon den schlechten Milchpreis, dann überstehen wir das auch noch“, blickt er optimistisch in die Zukunft.

Optimistisch wirken auch Lotta, Mathilda und Lina, nachdem der Arzt die Spritze wieder eingepackt hat. Ihre Chancen gesund zu bleiben, sind erheblich gestiegen.

Rundschau abonnieren